Spannender als erwartet

Stefan Sauer setzt sich gegen Jan Deboy durch und holt das Direktmandat

DER SIEGER STEHT FEST: Sozialdemokrat Jan Deboy (links) gratuliert am Wahlsonntag seinem Konkurrenten Stefan Sauer von der CDU zum gewonnen Direktmandat. Der Bürgermeister von Groß-Gerau holte 35,1 Prozent der Erststimmen und wird in Zukunft im Bundestag sitzen. Für Jan Deboy stimmten 32,4 Prozent der Wahlberechtigten. (Foto: Schwappacher)

Kreis Groß-Gerau. Im einst sozialdemokratisch geprägten Kreis Groß-Gerau hat die CDU zum dritten Mal in Folge das Bundestagsdirektmandat geholt. 

Als am Sonntagabend nach und nach die Ergebnisse im Landratsamt einliefen, lag CDU-Kandidat Stefan Sauer von Beginn an vorne. Am Ende setzte sich der Groß-Gerauer Bürgermeister mit 35,1 Prozent gegen Jan Deboy durch. Der Sozialdemokrat holte 32,4 Prozent der Stimmen, was mehr sein dürfte, als ihm so mancher Beobachter zugetraut hatte. Zumal, wenn man das SPD-Ergebnis auf Bundesebene betrachtet, wo die Sozialdemokraten auf den niedrigsten Wert der Nachkriegsgeschichte absanken.
Von den weiteren Direktkandidaten konnte keiner den Bewerbern von CDU und SPD gefährlich werden. Mit 11,3 Prozent kam Thorsten Blümlein von der AfD auf Platz drei. Es folgt der Kandidat der Linken, Jörg Cezanne, mit 6,7 Prozent. Über die Landesliste schaffte es der Walldorfer aber dennoch in den Bundestag und sorgt so dafür, das zwei Abgeordnete aus dem Kreis in Berlin sitzen. Nina Eisenhardt von den Grünen erzielte 6,8 Prozent und Stephan Dehler (FDP) 5,6 Prozent. Für die Freien Wähler war Jens Hassel angetreten, der bei 1,9 Prozent landete. Matthias Rücker (MLPD) bekam 0,2 Prozent der Stimmen.
Für die Kandidaten und Parteifreunde war es ein langer Wahlabend im Landratsamt. Während Jan Deboy nach den ersten Zwischenergebnissen noch bei unter 29 Prozent lag, holte er im Laufe des Abends auf. Erst als 210 von 221 Wahlbezirke ausgezählt waren, machte er sich keine Hoffnungen mehr und gratulierte gegen 21.40 Uhr Stefan Sauer zum Direktmandat.
Der Bürgermeister der Kreisstadt zeigte sich zufrieden mit seinem Ergebnis und ist nun gespannt auf die neuen Herausforderungen. Besonders das gute Abschneiden in Groß-Gerau von 46,3 Prozent freute ihn. „Das sehe ich als klare Bestätigung meiner Arbeit.“ Es sei nicht einfach, im ganzen Kreis bekannt zu werden, wobei es die richtige Entscheidung gewesen sei, den Schwerpunkt auf die nördlichen Gemeinden zu legen. 
„Die AfD hat zu viele Stimmen bekommen“, sagte Sauer, und die CDU habe an die AfD zu viele Stimmen verloren. Unzufrieden zeigte er sich auch mit dem Ergebnis seiner Partei auf Bundesebene. Hier hatte Sauer mit mindestens 35 Prozent gerechnet. 32,9 Prozent für die CDU seien eine herbe Enttäuschung. Wie schon vor der Wahl sprach sich Sauer auch am Sonntag für die Bildung einer Koalition mit FDP und Grünen aus.
Auch wenn man Jan Deboy die Enttäuschung anmerkte, wirkte er nicht niedergeschlagen. „Wir haben es spannender gemacht, als es viele erwartet haben“, so der Zweitplatzierte. Der Bundestrend habe klar gegen ihn gearbeitet, weshalb er sich mit seinem Ergebnis zufrieden zeigte. Ausschlafen und alles sacken lassen, waren seine nächsten Ziele. Und am Mittwoch ging es in den Urlaub. „Nach einem anstrengenden Wahlkampf hat meine Familie das verdient.“
Die Bundes-SPD habe eine zu schwache Vorlage geliefert, um den Wahlkreis gewinnen zu können, sagte Gerold Reichenbach. Seit 2002 vertrat er die SPD im Bundestag, verlor die Wahl um das Direktmandat aber zuletzt zwei Mal gegen Franz Josef Jung. „Jan hat sich ordentlich geschlagen“, lobte Reichenbach.
„Ich bin froh, den Staffelstab heute weitergeben zu können“, erklärte der ehemalige Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU). Mit einem Sieg von Sauer habe er fest gerechnet. „Er ist ein geachteter Bürgermeister von Groß-Gerau.“ Mit seiner Arbeit habe er eine gute Grundlage für den Wahlkampf gelegt.
Dass die Kreis-SPD nun zum zweiten Mal ohne eigenen Bundestagsabgeordneten auskommen muss, ändere erst einmal nichts an der Kreispolitik, erklärte Landrat und SPD-Unterbezirksvorsitzender Thomas Will. In Zukunft müsse man eben enger mit den Nachbarkreisen zusammenarbeiten und so den Kontakt nach Berlin halten. „Das tut schon weh“, meinte der Landrat weiter. Dass es nicht reichte, führte auch er auf die Bundespolitik zurück. Vor diesem Hintergrund habe Deboy ein herausragendes Ergebnis erzielt. 
Während dieser im Urlaub etwas Abstand gewinnen möchte, ging es für Stefan Sauer gleich richtig los. Am Dienstag stand die erste Fraktionssitzung in Berlin an. Seine Arbeit als Bürgermeister macht er so lange weiter, bis das amtliche Endergebnis bekannt gegeben wird. In etwa zehn Tagen könnte es so weit sein, und Sauer verliert dann automatisch sein Amt. Die Bürgermeisterwahl in Groß-Gerau ist für den 21. Januar vorgesehen. (seb)

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