Mörfelden-Walldorf sucht händeringend nach Erziehern

Bürgerdialog: Rund 120 Eltern ohne sichere Kitabetreuung machen ihrem Ärger Luft

DIE ANGESPANNTE SITUATION BEI DER KINDERBETREUUNG war am Donnerstag vergangener Woche Thema in der Stadthalle. Simone Chlebek von der Familieninitiative führte als Moderatorin durch den Abend. Links im Bild Erster Stadtrat Burkhard Ziegler. (Foto: Schwappacher)

Mörfelden-Walldorf (seb). Kindergartenplätze in der Doppelstadt sind mehr als knapp. Das Sozialamt führt eine lange Warteliste. Unter Eltern, zumal wenn das eigene Kind noch keinen Platz hat, ist der Engpass aktuell ein großes Thema. Denn wie soll man den Wiedereinstieg in den Beruf planen, wenn die Betreuungsfrage ungeklärt ist? Als Reaktion gründete sich eine Familieninitiative, die zuletzt in regem Austausch mit der Verwaltung und dem Ersten Stadtrat Burkhard Ziegler stand.

Es fehlt an Fachpersonal

Bei einer gemeinsamen Dialogveranstaltung am Donnerstagabend vergangener Woche war der Zuspruch entsprechend groß. Rund 120 Besucher kamen in die Stadthalle und hatten ausgiebig Gelegenheit, Fragen zu stellen und ihrem Ärger Luft zu machen. „Ich kann ihre Wut gut verstehen“, entgegnete Burkhard Ziegler. Er wisse aber auch, dass Verständnis allein nicht helfe. Immer wieder erklärte der Sozialdezernent Verwaltungsabläufe, den rechtlichen Rahmen und vor allem die angespannte Lage in den Kitas.
Seit etwa eineinhalb Jahren sehe man sich mit einer neuen Situation konfrontiert und komme mit dem Einstellen von Fachpersonal nicht hinterher, war zu erfahren. Bundesweit fehlten auf absehbare Zeit eine halbe Million Erzieher. In den vergangenen Jahren habe man zwar Einrichtungen ausgebaut, nun finde man aber nicht mehr ausreichend Personal, betonte Ziegler. Für bessere Stimmung sorgten diese Schilderungen nicht, entsprechend angespannt waren die Gesichter der Eltern. 

"Wir versuchen alles, was geht"

Eine Frage wiederholte sich immer wieder: Wann kann die Stadt sagen, ob und zu welchem Zeitpunkt man mit einem Platz rechnen kann. Denn Vätern und Müttern ging es nicht zuletzt um eine verlässliche Planung. Von Verwaltungsseite müsse dafür mehr unternommen werden, forderte Moderatorin Simone Chlebek von der Familieninitiative. Etwa, indem Eltern klar gesagt wird, auf welchem Wartelistenplatz sie stehen. Darüber hinaus wünschte man sich eine intensivere Suche nach neuen Erziehern.
„Wir versuchen alles, was geht“, machte die zuständige Abteilungsleiterin Marion Schrader deutlich. So habe man früh die Bezahlung für Erzieher angehoben, die Anzahl der Auszubildenden verdoppelt und es für Quereinsteiger attraktiver gemacht. Problematisch sei, dass die Ausbildung relativ lange dauere und selbst bezahlt werden müsse, ergänzte der Erste Stadtrat. Hinzu käme, dass Bund und Land nicht ausreichend unterstützten. Vielmehr habe die Landesregierung mit der eingeführten Beitragsfreiheit den Druck noch erhöht, sagte Ziegler: „Es wurde der zweite vor dem ersten Schritt gemacht.“ Besser sei es gewesen, erst durch Anpassungen der Ausbildung für mehr Fachkräfte zu sorgen.

Es braucht einen langen Atem

Um Erzieher besser anwerben zu können, möchte die Verwaltung den Betreuungsschlüssel deutlich über den gesetzlichen Mindestanforderungen halten. Denn das sei für Erzieher ein wichtiges Kriterium, da sie nur so ihre Arbeit richtig machen könnten, betonte Ziegler.
Zudem sorge ein besserer Personalschlüssel dafür, dass Kitas nicht sofort geschlossen werden müssen, wenn Personal ausfällt. Dem stimmte eine anwesende Erzieherin zu, die klar machte, dass niemand zu dritt mit 50 Kindern arbeiten wolle und könne. Wenn Eltern wirklich etwas verändern möchten, müssten sie zusammen mit Erziehern protestieren und längerfristig an dem Thema dran bleiben. Es brauche einen langen Atem, der über die Kindergartenzeit des eigenen Nachwuchses hinaus gehe, so die Erzieherin. 
Klar wurde auch, dass die angespannte Lage nicht spurlos an der Betreuungssituation vorbei geht. „Je größer der Druck auf uns, desto mehr muss der Standard gesenkt werden“, sagte Ziegler. Mehr als zwei Stunden nahm sich der Erste Stadtrat für Sorgen und Nöte der Eltern. Dabei zeigte sich, wie vielschichtig das Platzproblem ist und das eine Lösung nicht allein im Rathaus gefunden werden kann.

Zum Hintergrund: In den städtischen Kitas sind 28 Vollzeitstellen für Erzieher unbesetzt. Eine Folge ist, dass aktuell rund 90 Kinder über drei Jahre keinen Betreuungsplatz angeboten bekommen können. Zusätzlich warten 27 Kinder unter drei Jahren auf einen Platz. 

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