Unterführung am Kelsterbacher Bahnhof neu gestaltet

Künstlerduo sorgt mit frischen Farben und Lichtbändern für Wow-Effekt

Die Macher der neu gestalteten Unterführung: Lichtkünstler Johannes-Nandu Kriesche (links) und Graffitikünstler Guido Zimmermann. (Foto: Koslowski)

Kelsterbach (rko). „Wow“, entfährt es einer jungen Frau, als sie über den Treppenabgang die Unterführung für Fußgänger und Radfahrer am S-Bahnhof erreicht. „Das sieht ja total anders aus“, stellt sie fest und ihre Begleiterinnen stimmen ihr zu. Sie schieben Trolleys hinter sich her, waren offensichtlich im Urlaub, passierten wohl schon länger nicht mehr die Unterführung.

Sie haben recht, hier bei der unterirdischen Querung der Bahnlinie für Fußgänger und Radfahrer hat sich einiges getan und die Stadt feierte Donnerstag vor einer Woche offiziell die Einweihung. Im Dezember begonnen, schufen der Graffitikünstler Guido Zimmermann und der Lichtkünstler Johannes-Nandu Kriesche aus dem grauen und tristen Bauwerk ein Schmuckstück. Motive wie Fahrradfahrer, Fußgänger, ein Boot sowie in verschiedenen Formen verbaute LED-Bänder verleihen der Unterführung ein ganz neues, angenehmes, helles und einladendes Gesicht. Bürgermeister Manfred Ockel informiert bei der Einweihung vor zahlreichen Teilnehmern über den Hintergrund der Neugestaltung. Die Stadt habe sich beim Landesprogramm „Zukunft Innenstadt“ um Fördermittel beworben. Der Rathauschef selbst sprach von der Unterführung von einem „grauen Loch“. Sie sei jedoch die Ein- und Ausgangspforte im Bereich des Bahnhofs. Sie sollte deshalb als positives Entrée in den Blickpunkt gerückt werden. Die Kosten für die neue Gestaltung mit Graffiti und künstlerischer Illuminierung, eine neue Beleuchtung im Fahrbereich des Autoverkehrs, die Verkabelung für eine Videoüberwachung und der Grundbeleuchtung der Fußgänger- und Radfahrerunterführung lagen schließlich bei 220 000 Euro, der Eigenanteil der Stadt belief sich auf 100 000 Euro. Nur auf die künstlerische Gestaltung bezogen, lagen die Kosten bei rund 113 000 Euro. Davon werden 80 Prozent gefördert. 

Spezielle rutschhemmende Farbe für Bemalung des Bodens

Marion Schmitz-Stadtfeld, Leiterin Integrierte Stadtentwicklung bei der Nassauischen Heimstätte Projekt Stadt, die verantwortlich für das Projektmanagement im Rahmen des Landesprogramms war, feiert deshalb auch die hessische Städtebauförderung. Sie freue sich zudem immer wieder, die Stadt begleiten zu können. Zimmermann und Kriesche sind beides Künstler des gemeinnützigen Vereins „Atelierfrankfurt“, dem größten Kunstzentrum Hessens. Sie hätten sich schon seit geraumer Zeit einmal an ein gemeinsames Projekt wagen wollen, berichtet Zimmermann im Gespräch mit dieser Zeitung. Die Darstellung seiner Objekte sei figurativ, abstrahiert, nicht in Gänze realistisch, informiert Zimmermann über seine Technik. Die Passanten hätten die Möglichkeit, die Objekte zu entdecken und zu interpretieren. Die Dynamik in der Darstellung sei ihm wichtig gewesen. Er habe zudem versucht, auf die Begebenheiten der Stadt einzugehen, deshalb auch das Boot, sei doch Kelsterbach eine Stadt am Main. Zimmermann arbeitete beim Farbauftrag mit Pinseln, Farbrollern und Sprühdosen, um unterschiedliche Strukturen zu erhalten. Für die Bemalung des Bodens verwendete er übrigens eine spezielle Farbe. Denn für den Geh- und Radweg musste besonders wegen der Fahrradfahrer ein rutschhemmendes Material verwendet werden. 

Illumination bleibt nachts aus

Zimmerman sieht die umgestaltete Unterführung bei der Einweihung selbst das erste Mal in Gänze. Denn während der Arbeit verstellten Gerüste und Folien die Sicht, verengten den Raum. Sein Eindruck fasst er mit dem Wort „super“ zusammen. Die von Kriesche installierte Beleuchtung orientiert sich an der Farbgebung Zimmermanns und fügt sich in seine Malmotive ein. Über dem Boot befinden sich beispielsweise senkrechte, gelbe LED-Bänder, die die Sonnenstrahlen symbolisieren sollen, erklärt Kriesche. Darüber schwebt eine blaue Wolke. Rote, gelbe, blaue und grüne Lichtbänder machen aus der Unterführung einen bunten, fröhlichen Durchgang. „Wir haben uns die Bälle zugespielt und über die Motive gesprochen“, erzählt der Künstler. Das Hauptthema sei die Bewegung, die Dynamik, die er symbolisch mit der Beleuchtung ausdrücken habe wollen. So würden die kreisrunden Farbbänder für die Räder, für das Fahren stehen. „Man geht hier durch ein Museum“, zeigt er sich von dem Gesamtwerk begeistert.
Die farbige Illuminierung werde im Zeitraum von Mitternacht bis sechs Uhr morgens ausgeschaltet, informiert Ockel. Während dieser Zeit werde jedoch die Grundbeleuchtung für eine ausreichende Ausleuchtung sorgen.
Kriesche berichtet, dass die beiden Künstler von vielen Passanten ermutigt worden seien. Sie hätten großen Respekt erfahren. Die Frage nach dem Zeitpotenzial, bis Vandalen die Neugestaltung der Unterführung verunstalten, beantwortet Ockel: Da könne man keine Gewähr geben. Erfahrungen mit anderen Graffiti in der Stadt ließen aber davon ausgehen, dass die Wände nicht beschmiert werden. Kriesche stellt fest, dass er seit der Umgestaltung keinen Abfall mehr auf dem Boden gesehen habe, wie es noch im ehemals dunklen Durchgang zu beobachten gewesen sei. Das Projekt Umgestaltung der Unterführung ist indessen noch nicht abgeschlossen. Es sei eingebunden in eine große Umgestaltung der Gesamtumgebung. So werden unter anderem die Bushaltestellen verlegt und die Neigung der Rampe der Unterführung für den motorisierten Verkehr in der Mörfelder Straße erhöht. 

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