Vor der Martinskirche sprudelt es wieder

Tausend Stunden Handarbeit stecken in dem neuen Sandsteinbrunnen – Mit Apfelwein getauft

GELUNGENES BAUWERK: Stolz präsentierten die Steinmetze den roten Sandsteinbrunnen, der in rund tausend Arbeitsstunden fertiggestellt wurde und ab sofort den Kelsterbacher Marktplatz im Unterdorf ziert. Gleich nach der Taufe wurde der Brunnen, der zum Sitzen, Liegen und Verweilen einlädt, von Groß und Klein in Beschlag genommen. (Foto: Scherer)

Kelsterbach. Es ist nicht nur ein Brunnen zum Ansehen. Die Leute sollen hier verweilen, sich hinsetzen, hinlegen oder die Füße darin baden. „Es soll ein Kommunikationsort sein“, sagte Rainer Knußmann. Als die ersten Kinder bei der Eröffnung auf den Rändern des neuen Sandsteinbrunnes saßen und über den mit Wasser benetzten Brunnenboden liefen, war der Steinmetzmeister mit seinem Werk restlos zufrieden. „Das ist genial“, freute er sich.

Der Marktplatz im Unterdorf hat wieder einen Brunnen. Im Rahmen eines kleinen Festes wurde der Sandsteinbrunnen unter dem Applaus zahlreicher Bürger enthüllt und anschließend mit Apfelwein aus Griesheim getauft. Etwa ein Jahr hatte es gedauert – von der Entscheidung über die Planung bis zur Fertigung und Montage – bis das in seiner Schlichtheit beeindruckende Bauwerk aus rotem Maintaler Sandstein an die Kelsterbacher übergeben werden konnte.
Auf Knopfdruck sprudelte das Wasser von der rund 3,50 Meter hohen, quaderförmigen Stele – auf jeder Seite gibt es eine andere Fließtechnik: Die einer Quelle, eines Flusslaufs, eines Wasserfalls und von Kaskaden. Knapp fünf Meter beträgt der Durchmesser des Beckens, inklusive der Sitz- und Liegeflächen. Den Boden aus afrikanischem Granit ziert das mittels Wasserstrahltechnik eingeschnittene Stadtwappen.
Laut Gunther Schmalz, in dessen Lauterbacher Steinmetzbetrieb der Brunnen angefertigt wurde, verarbeiteten Rainer Knußmann und die Steinmetze in tausend Arbeitsstunden etwa 25 Tonnen Sandstein. „Das war eine lange Zeit, aber es steckt auch viel Handarbeit darin“, so Schmalz, der zusammen mit seinen Steinmetzen zur Einweihung gekommen war.
Für Knußmanns Entwurf hatten sich die Kelsterbacher mit großer Mehrheit während einer Bürgerversammlung entschieden. Bürgermeister Manfred Ockel berichtete, die Planung und Gestaltung des Marktplatzes, der Pfarrgasse und der Marktstraße habe rund fünf Jahre in Anspruch genommen. Allein die Baumaßnahmen samt Erneuerung der Kanal- und Trinkwasserleitungen hätten zwei Jahre gedauert. „Das hat die Anwohner auf eine Geduldsprobe gestellt.“
 Als es um die Gestaltung des Platzes ging, hätten viele Bürger den Wunsch nach einem Brunnen geäußert und den Prozess schließlich in einer Arbeitsgruppe begleitet, so der Bürgermeister weiter.
Nach deutlicher Kritik wurde das Modell eines Porzellanbrunnens – von einigen Bürgern Hochzeitstorte genannt – schnell wieder verworfen. Letztendlich setzte sich Rainer Knußmann mit seinem Entwurf durch. Der 49-Jährige hat bereits viele Brunnen rekonstruiert und gestaltet, darunter den Ritterbrunnen in Sachsenhausen und eine lebensgroßer Wasserträgerin des Ingelheimer Gesundbrunnens.
Das Tolle am Kelsterbacher Brunnen sei die Möglichkeit einer freien Gestaltung gewesen, so der Nackenheimer, der seit über 20 Jahren als selbstständiger Steinmetz im Familienbetrieb von Gunter Schmalz arbeitet. „Das ist schön, wenn man einmal selbst kreativ werden kann“, so Knußmann, der den Brunnen farblich an der Fassade der St. Martinskirche orientiert hatte. Das Reliefmotiv auf der Innenseite des Brunnens zeigt Motive aus Kelsterbach: Die Diane, eine Figur der Porzellanmanufaktur, die Wolfenburg und den Hasenhaarschneider, der im Laufen einen Hasen frisiert.
Laut Stadtarchivar Hartmut Blaum speiste die Untermainstadt ihr Wasser bis 1908 aus insgesamt drei Brunnen, dann gab es fließendes Wasser über Leitungen. Der Brunnen auf dem Marktplatz sei mit der Pflasterung nach dem Zweiten Weltkrieg versiegelt worden, so der Vorsitzende des Volksbildungswerks. Als der Marktplatz im letzten Jahr neu gestaltet wurde, sei dann zufällig der alte Brunnenstieg gefunden worden. „Man wusste, dass er da war, aber nicht genau wo“, so Blaum. Gespeist wird der Brunnen mit Grundwasser, das in einen Kreislauf fließt.
Die Gesamtkosten für den Sandsteinbrunnen, der bei Dunkelheit mit einem LED-Band dezent beleuchtet wird, liegen bei 120 000 Euro. Die Entstehung und den Aufbau des Brunnens haben Mitglieder des Film- und Videoclubs festgehalten. Die Dokumentation wird beim Filmabend des Vereins am Buß- und Bettag gezeigt. (nad)

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