Britische Fliegerbombe entschärft

Blindgänger in einem Waldstück bei Kelsterbach entdeckt – 400 Menschen evakuiert – Autobahn und Bundesstraße gesperrt

DIE BOMBENSPEZIALISTEN René Bennert, Rudi Reitze und Dieter Schwetzner (von links) entschärften „das Ding“, die 250 Kilogramm schwere Fliegerbombe aus dem zweiten Weltkrieg. 

Kelsterbach. Große Aufregung am Montag: In einem kleinen Waldstück nahe dem Gewerbegebiet Taubengrund wurde eine 250 Kilogramm schwere, britische Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg entdeckt. Die Folge: 400 Menschen mussten evakuiert werden, Teile der Autobahn 3 und der Bundesstraße 43 wurden während der Entschärfung voll gesperrt. Auch im Bahnverkehr kam es rund um den Frankfurter Flughafen zu Beeinträchtigungen und Streckensperrungen.

Gefunden wurde die Fliegerbombe bereits gegen 13.30 Uhr von einem Bauarbeiter, der laut Polizeipressesprecher Bernd Hochstädter daraufhin die Polizei verständigt hatte, die dann den Kampfmittelräumdienst rief. Eigentlich würden überwiegend US-Fliegerbomben gefunden, britische Blindgänger seien selten. „Die sind kniffliger bei der Entschärfung und erfordern mehr Know-how“, so Hochstädter. 
Wie Jochen Schaab von der Stabsstelle Öffentlichkeitsarbeit erklärte, war am späten Montagnachmittag im Rathaus eine Leitstelle eingerichtet worden. Der für Montagabend angesetzte Bauausschuss – in dem ausgerechnet ein Vortrag über Maßnahmen im Kelsterbacher Wald auf der Tagesordnung stand – wurde kurzfristig abgesagt.
Wie die Polizei mitteilte, musste aus Sicherheitsgründen in einem Radius von 700 Metern rund um die Fundstelle eine Sicherheitszone eingerichtet werden. Davon betroffen waren neben den Wald- und Feldflächen nahe dem Fundort auch Straßen im Gewerbegebiet Taubengrund, nämlich Am Aspenhaag, Im Taubengrund, Am Grünen Weg und Fasanenweg sowie ein Teil der Mörfelder Straße zwischen Aspenhaag und Im Taubengrund.
Betroffen waren in dem Bereich rund 400 Menschen, darunter Anwohner aber auch zahlreiche Gäste der umliegenden Pensionen und Hotels, die dank einer Messe in Frankfurt gut gebucht waren. Bis etwa 21.30 Uhr dauerten laut Polizeibericht die Evakuierungsmaßnahmen durch Mitarbeiter der Stadt und Polizeikräfte. Mit Shuttlebussen wurden die Menschen in andere Hotels und das Fritz-Treutel-Haus gebracht. 
„Die Evakuierung lief in sehr geordneten Bahnen ab“, betonte Hochstädter. Zupass gekommen sei den Beamten, dass es sich vorwiegend um ein Gewerbegebiet mit wenigen Anwohnern handele und das NH-Hotel seine Gäste in umliegenden Partnerhotels untergebracht habe, so Hochstädter.
Ab 23 Uhr begannen die Spezialisten des Kampfmittelräumdienstes vom Regierungspräsidium Darmstadt mit der Entschärfung des Blindgängers. Kurz nach Mitternacht konnten alle aufatmen – die Fliegerbombe war erfolgreich entschärft, und die Anwohner und Gäste konnten wieder in ihre Häuser und Hotels zurückkehren. 
Wegen der weiträumigen Umleitungen – so wurden ab 22.15 Uhr bis zum Ende der Maßnahmen die A 3 zwischen dem Mönchhofdreieck und dem Frankfurter Kreuz und die Zu- und Abfahrten zum Frankfurter Flughafen voll gesperrt – kam es zu Verkehrsbehinderungen. Auch die Bundesstraßen 43 ab dem Frankfurter Kreuz, die Kelsterbacher Querspange sowie alle Ortsstraßen zwischen Kelsterbach und Flughafen Frankfurt waren betroffen. „Wir waren aber erstaunt, dass es zu weniger Behinderungen kam als angenommen“, sagte Bernd Hochstädter. Hier habe sich ausgezahlt, dass die Polizei bereits frühzeitig über das Radio aber auch den Kurznachrichtendienst Twitter auf die Sperrungen hingewiesen habe.
Neben den Hotelgästen und Anwohnern mussten auch rund 30 Flüchtlinge evakuiert werden, die in einer Unterkunft im Fasanenweg wohnen. Laut Flüchtlingskoordinatorin Agneta Becker blieb eine Familie mit Kindern über Nacht bei Verwandten in Kelsterbach, eine andere Familie kam vorübergehend bei Verwandten in Mörfelden-Walldorf unter. Alle anderen wurden in der Erstaufnahmestelle im Airporthotel untergebracht. 
Viele Geflüchtete seien zunächst wegen der Bombe verängstigt gewesen, hätten sich später aber wieder beruhigt, so Becker. Ein Flüchtling aus Afghanistan habe sich den Fernsehbericht über die Entschärfung angesehen. „In diesem Moment hatte er realisiert: Wenn in Deutschland noch nach 70 Jahren Bomben gefunden werden, dann liegen die auch in seinem Land überall im Boden“, schilderte Becker. Wie alle anderen Anwohner auch, konnten die Geflüchteten nach Mitternacht wieder in ihre Unterkunft zurückkehren. 
Auch die Freiwillige Feuerwehr war im Einsatz. Wie Stadtbrandinspektor Thomas Heller berichtete, wurde eine technische Einsatzleitung zur Steuerung aller Rettungsdienste gebildet. Über 30 Einsatzkräfte standen im Feuerwehrhaus bereit, um im Falle eines Einsatzes im Stadtgebiet während der Bombenentschärfung den Grundschutz zu gewährleisten. Glücklicherweise blieben die Helfer von Einsätzen verschont und die Feuerwehrleute konnten ihren Bereitschaftsdienst gegen 1 Uhr beenden. (nad)

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