„Wieso nicht auch bei uns?“

Stadt legt sich wegen barrierefreier Zugänge mit der Bahn an

SCHWER ZUGÄNGLICH: Zum Mittelbahnsteig am Walldorfer Bahnhof führt nur eine ziemlich steile Treppe. (Foto: Schmidt)

Mörfelden-Walldorf. Beim Umbau des Walldorfer Bahnhofs sollen auch barrierefreie Zugänge zu allen Gleisen entstehen. Darüber ist es jetzt zwischen Stadt und Bahn zum Konflikt gekommen.
 

„Wir kommen der Bahn hier keinen Millimeter mehr entgegen“ so die Kampfansage des Rathauschefs Heinz-Peter Becker (SPD) bei einer Pressekonferenz. Natürlich hoffe man auf eine friedliche Einigung, aber man sei sehr verärgert über das Vorgehen der Bahn. Man sei es den Bürgern schuldig, so der Bürgermeister, hier gut zugängliche Wege zu schaffen.
Der Bundestag habe beschlossen, dass Verkehrsanlagen bis zum Jahr 2022/23 barrierefrei eingerichtet werden müssen. Da sei es nicht denkbar, dass der aufwendige Umbau des Walldorfer Bahnhofs von statten gehe, ohne dass beide Bahnsteige auch für Rollstuhlfahrer oder mit dem Kinderwagen erreichbar seien. Bereits seit zehn Jahren gebe es den Beschluss, hier Barrierefreiheit herzustellen, und man sei auch für Zwischenlösungen offen, sagte Becker.
Beim Gleis in Fahrtrichtung Mannheim stellt sich das Problem nicht, aber das Mittelgleis, auf dem die S-Bahnen in Richtung Frankfurt abfahren, ist für Reisende barrierefrei nicht zu erreichen. Der relativ schmale Bahnsteig ist nur über eine steile Treppe zugänglich.
In einer Machbarkeitsstudie hatte das – auch für die Bahn AG tätige – Planungsbüro Wanderer im Auftrag der Stadt verschiedene Möglichkeiten erarbeitet, wie beide Bahnsteige aus Richtung Jourdanallee und Elsa-Brandström-Straße barrierefrei angebunden werden könnten: Mittels Rampen und Aufzügen oder aber durch den Neubau eines Außenbahnsteigs.
Die Bahn wiederum hat auf diese Studie reagiert, indem sie das Eisenbahn-Bundesamt (EBA), die zuständige Aufsichtsbehörde, eingeschaltet hat. Im Schreiben der EBA an die Stadtverwaltung war dann zu lesen, die barrierefreie Anbindung des Hausbahnsteigs und der Elsa-Brandström-Straße sei zwar möglich, aus eisenbahnbetrieblichen und arbeitsschutztechnischen Gründen sei aber die barrierefreie Anbindung des Mittelsteigs in Richtung Frankfurt nicht umsetzbar. Der Bahnsteig sei zu schmal, um einen Aufzug in die Mitte zu bauen, weil die Sicherheit der Fahrgäste dann nicht mehr gewährleistet sei. Die Variante mit dem Außenbahnsteig lehnte man ebenfalls ab.
Die Stadt will das nun nicht auf sich beruhen lassen, sondern hat bereits vor der Sommerpause in einer erneuten Stellungnahme Bezug auf das Schreiben genommen. Nochmals in Zusammenarbeit mit dem Planungsbüro Wanderer wurden die Einwände überprüft und nicht anerkannt. „Wir haben in anderen Orten gesehen, dass es möglich ist“ so Becker. „Wieso sollte es dann nicht auch bei uns gehen?“  (evs)

Eigene Bewertung: Keine Durchschnitt: 5 (1 Bewertung)


X