Sinnliche Entdeckungen im Grünen

Der 18. Skulpturenpark wartet mit einem breiten künstlerischen Spektrum auf

EIN RIESIGES SPINNENNETZ aus roten Nylonstrumpfhosen? Mit originellen Ideen wird im Skulpturenpark nicht gegeizt. Bis zum 6. September zeigen Künstler ihre Arbeiten im Park am Mörfelder Bürgerhaus. (Foto: Schwappacher)

Mörfelden-Walldorf. Eine rauchende und pfeifende Installation stand in der Mitte der kleinen Parklandschaft und ließ Qualmwolken über die Kunstwerke ziehen. Rund 300 Besucher kamen am Sonntag zur Eröffnung der Freiluftausstellung und verfolgten die Kunstperformance. Bis zum 6. September zeigen zwölf Bildhauer ihre Arbeiten am Bürgerhaus, außerdem sind zwei Gäste beim 18. Skulpturenpark dabei.

Die Sonne blinzelte zwischen den Bäumen hindurch und sorgte für perfektes Wetter zur Vernissage. So nutzten zahlreiche Besucher die Gelegenheit und spazierten durch den Park, diskutierten über Skulpturen, Objekte und Installationen und gingen mit den Werken auf Tuchfühlung. Kunst zum Anfassen aus Metall, Nylon, Bambus, Beton und Holz bietet der Skulpturenpark. Dabei zeigt sich, wie vielfältig das Spektrum an Werken sein kann. Neben der sinnlichen Erfahrung gab es von Kunsthistorikerin Isa Bickmann Erläuterungen und Hintergrundinformationen zu den Bildhauern und ihren Arbeiten.
Wer vom Bürgerhaus den Skulpturenpark betrat, erblickte zuerst den in voller Blüte stehenden Schnittlauch in Form einer Flugzeugsilhouette. Die vergängliche Installation pflanzte A. Vietz – ideal ergänzt wurde sie von den Flugzeugen am Himmel. Ein paar Schritte weiter versetzten Besucher die beweglichen Skulpturen von Jürgen Heinz in Schwingung. Nur leicht angestoßen, pendelten die schweren Metallarbeiten schon hin und her.
Musikalisch begleitete Saxophonist Martin Gröber die Kunstinteressierten auf ihrem Spaziergang. Auch für eine Skulptur von Beate Debus lieferte Gröber die Tanzmusik . Ihre Arbeiten sind zwar fest verankert, das Werk „Gegenläufiger Tanz“ wirkt aber so dynamisch, als bewege es sich zu den Saxophonklängen durch die Parkanlage.
Reinhard Grütz hat Metall mehrfach gefaltet und lässt es so leicht und formbar wirken. Seine kleinere, silbern gehaltene Skulptur spiegelt die Sonnenstrahlen, ein weiteres Werk erhebt sich als orangefarbener Turm.
In der Parkmitte angekommen fiel der Blick bei der Eröffnungsfeier unweigerlich auf einen rauchenden Baumstamm. Thomas Putze brachte ihn aus dem Stuttgarter Schlossgarten mit, wo der Baum dem geplanten neuen Hauptbahnhof weichen musste. Die Axt schwingend stand Putze auf seinem Objekt, das den passenden Namen „freie Bahn“ trägt und einem U-Boot ähnelt. Putze schlug kleine Holzstücke heraus, die in einem Kessel verfeuert wurden und eine Schiffsschraube antrieben. Wenn sich genügend Druck aufgebaut hatte, ertönte ein lautes Pfeifen. Um den U-Boot-Motor in Gang zu halten, verfeuerte sich die Installation selbst.
Überwacht wurde die Performance von übergroßen Köpfen, die der Bildhauer Guido Häfner aus Cortenstahl fertigte. Aus einem Stück schuf er zwei Gesichtskonturen, in deren direkter Nachbarschaft weiße Keramikpflanzen von Edeltraud Klement in den Himmel wachsen. Sie stehen unter dem Zitat von Hildegard von Bingen „Du hast in dir den Himmel und die Erde“.
Auf der anderen Seite des Weges legte Yoonsun Kim ein Nest aus Bambus um einen Kalkstein an. Zwischen den großen Bäumen spannte Monika Ortmann rote Nylonstrumpfhosen und sorgte zusammen mit dem rauchenden U-Boot für den zweiten großen Hingucker. Eingearbeitete Ringe geben der Installation Form, Schuhe beschweren die Strumpfhosen und ziehen sie nach unten.
Direkt dahinter sind Skulpturen von Emilia Neumann platziert und machen trotz des Materials einen organischen Eindruck. Wie große fleischfarbene Steinbrocken liegen sie im Park, weisen Spuren der Bearbeitung auf. Polierte Stellen wechseln sich mit rauen Kanten ab, dazwischen sind die Betonarbeiten mit Farbpigmenten versetzt.
Auf einer Freifläche hat Ingrid Hornef die Installation „Mikado“ angebracht. Die weiß-schwarzen Stäbe auf dem Rasen wirken wie eine Momentaufnahme, die in der nächsten Sekunde ihre Erscheinung verändert. Am Ende des Rundgangs trifft man auf zwei Türme aus mehreren bronzenen Kegeln. Die ausbalancierten Skulpturen von Karl Manfred Rennertz stehen den Bäumen grazil gegenüber und fügen sich so in der Parklandschaft ein.
Etwas abseits sind die Arbeiten der Gäste zu sehen. Das „Atelier Eastend“ der IB-Behindertenhilfe Frankfurt steuert Keramikskulpturen bei, die zu einem Brunnen montiert sind. Einen kritischen Blick auf den Zustand der Weltmeere wirft Marion Dörre. Bei ihr schwimmt ein Taucher durch ein Meer aus Müll.
Christine Rother vom Landesverband der Galeristen in Hessen und Rheinland-Pfalz unterstrich den Stellenwert der Ausstellung. Von Jahr zu Jahr gingen mehr Bewerbungen ein, weshalb stets eine große Bandbreite an Werken präsentiert werden könne. (seb)

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