Die Nachbarn sind noch wie gelähmt

Mann in Sudetenstraße erschossen – Täter noch immer auf der Flucht

DER TATORT in der Sudetenstraße, kurz hinter der Kreuzung mit der Bamberger Straße, am Morgen der grausigen Tat. Ein Rettungswagen war noch vor Ort, Reporter bemühten sich um Informationen und Stimmen von Anwohnern. (gk)

Mörfelden-Walldorf. Ein brutaler Mord hat sich am Freitag gegen 9 Uhr in der Sudetenstraße ereignet.
Ein 43-jähriger Mann wurde vor seinem Wohnhaus erschossen, der Täter ist trotz einer sofort eingeleiteten Fahndung weiter auf der Flucht. Die Hintergründe sind noch unklar. Polizei und Staatsanwaltschaft haben die Ermittlungen aufgenommen. Nachbarn und Anwohner sind völlig entsetzt über die Tat. „Die Nachbarschaft ist gelähmt vor Schock“, beschrieb ein Anwohner, der dem Mann noch zur Hilfe eilte, die Stimmung in dem eigentlich ruhigen Wohnviertel.

Laut einer gemeinsamen Mitteilung der Polizei und der Staatsanwaltschaft Darmstadt hatte sich kurz vor 9 Uhr ein Anwohner bei der Rettungsleitstelle gemeldet, nachdem er Schussgeräusche wahrgenommen hatte und eine verletzte Person auf der Straße sah.
Das Opfer, ein 43-jähriger deutscher Staatsangehöriger mit türkischen Wurzeln, war nach bisherigen Ermittlungen gerade dabei, seine kleine Tochter im Auto anzuschnallen, als ein bislang unbekannter Mann aus direkter Nähe von hinten auf ihn schoss. Der 43-Jährige verstarb kurze Zeit später noch am Unfallort in einem Rettungswagen. Ebenfalls im Auto, das zum Zeitpunkt der Tat vor dem Wohnhaus der Familie in der Sudetenstraße parkte, saß die Frau des Opfers. Sowohl sie wie auch die knapp dreijährige Tochter blieben unverletzt.
Er habe zunächst einen Knall gehört, den er nicht sofort als Schuss identifiziert habe, berichtete ein Anwohner. „Direkt danach habe ich aber die Schreie der Frau gehört“, so der Nachbar, der dem Opfer unmittelbar danach zur Hilfe geeilt war. 
Auch ein weiterer Nachbar kam hinzu, um zu helfen. Gemeinsam habe man den am Boden liegenden Mann behutsam in die stabile Seitenlage gelegt und sofort den Notruf und die Polizei verständigt. Als besonders traumatisch beschrieb der Anwohner, dass die Frau noch im Auto saß und völlig verängstig war, während die kleine Tochter immer wieder „Papa krank“ gerufen habe. „Das war schrecklich“, so der schockierte Nachbar weiter.
Nur wenige Minuten nach dem Verbrechen waren Polizei und Kriminalbeamte rasch mit zahlreichen Einsatzkräften am Tatort, den sie großräumig absperrten. Stundenlang kreiste zudem ein Polizeihubschrauber über Mörfelden. 
In der Sudetenstraße trafen alsbald auch erste Fernseh- und Hörfunkreporter ein, ebenso nicht zu übersehende Gruppen muskelbepackter tätowierter Männer, die mit ihren Luxusautos vor dem Haus des Opfers Halt machten und offenbar aus dem Umfeld des Toten stammten. Neugierige aber auch sichtlich betroffene Nachbarn gesellten sich hinzu – unweigerlich fühlte man sich an Szenen aus den „Tatort“-Krimis erinnert, die plötzlich erschreckende Realität wurden. 
Noch immer nicht gefasst ist der Täter. Der kam laut den Ermittlern zu Fuß zum Tatort und flüchtete nach der Tat ebenfalls zu Fuß. Er wurde dabei von Zeugen beobachtet, die ihn als zwischen 20 und 30 Jahre alt und circa 1,70 Meter groß beschrieben. Zum Zeitpunkt seiner Flucht trug er einen dunklen Kapuzenpulli, eine Basecap und eine helle Jeans. Die Ermittler schließen zudem nicht aus, dass sich der Mann bereits in den vergangenen Tagen sowie am Freitagmorgen vor der Tat im Umfeld des Tatorts aufgehalten hatte.
Wie einige Schüler der wenige hundert Meter vom Tatort entfernten Bertha-von-Suttner-Schule berichteten, seien sie mittags per Durchsage aufgefordert worden, den Tizianplatz zu meiden und das Schulgelände vorerst nicht zu verlassen – wohl als Vorsichtsmaßnahme, da der Täter möglicherweise in diese Richtung geflohen sein könnte. 
Eine Großfahndung der Polizei nach dem Flüchtigen führte bislang nicht zur Festnahme des Tatverdächtigen. Auch konnte die Tatwaffe noch nicht sichergestellt werden. Das Motiv der Tat ist weiterhin unklar. 
Laut übereinstimmenden Medienberichten wurden im Laufe des Freitags mehrere Personen – auch in einem Friseursalon in der Farmstraße – überprüft. 
Wie Bernd Hochstädter vom Polizeipräsidium Südhessen bestätigte, habe es in diesem Zusammenhang zwei Festnahmen gegeben, allerdings seien die Personen wieder freigelassen worden, da sich kein konkreter Tatverdacht ergeben habe. „Die Ermittlungen laufen, aber wir haben noch keine Spur“, so Hochstädter. Mittlerweile wurde eine Sonderkommission eingerichtet, die sich mit dem Fall beschäftigt. 
Die Ermittler suchen weiterhin Zeugen, denen der Täter vor oder nach der Tat im Bereich der Sudetenstraße oder den angrenzenden Straßen aufgefallen ist oder die ihn bei seiner Flucht beobachtet haben. Diese werden gebeten, sich bei der Polizei Rüsselsheim unter der Rufnummer 06142/696–0 zu melden.
Für die Nachbarn ist das Verbrechen unbegreiflich, sie beschrieben den Getöteten und seine Frau als sehr freundlich und unauffällig, man habe sich immer gegrüßt. In der Wohngegend herrsche nun eine betretene Ruhe, viele Nachbarn seien nach wie vor erschüttert, beschreibt ein Anwohner die Stimmung. Angst habe er persönlich nicht und aus Gesprächen mit seinen Nachbarn wisse er auch, dass das Sicherheitsgefühl durch die grausame Tat nicht eingeschränkt sei. 
Vor allem fühle man mit der Familie, so der Nachbar. „Wir als Ersthelfer sind schon traumatisiert. Wie erst geht es der Frau und dem kleinen Kind?“
Nach Berichten verschiedener Medien und Aussagen der Polizei soll der Getötete im Bereich Spielhallen und Glücksspiele tätig gewesen sein. Die Untersuchungen laufen nach allen Seiten, ob eine Spur in dieses Milieu führt, dazu gibt es keine Aussage. (nad/gk)

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