Arbeit wird immer anspruchsvoller

Kita-Streik: Erzieher demonstrieren in den Stadtteilen – Notdienst läuft

ARBEITSKAMPF: Bundesweit fordern Erzieher mehr Lohn, seit Montag betrifft der Streik auch Mörfelden-Walldorf. Am gestrigen Mittwoch protestierten die Erzieher in Mörfelden – unser Bild entstand auf dem Tizianplatz. Am heutigen Donnerstag sind sie mit Transparenten, Trillerpfeifen und Fahnen in Walldorf unterwegs. Kitas, betreute Grundschulen und Jugendzentren bleiben weitestgehend geschlossen. Bis zum Ende des Streiks hat die Stadt einen Betreuungsnotdienst eingerichtet. (Foto: Schwappacher)

Mörfelden-Walldorf. Am Montag haben sich die Erzieher der Doppelstadt dem bundesweiten Streik angeschlossen. Städtische Kitas, betreute Grundschulen und auch die Jugendzentren bleiben weitestgehend geschlossen. Wenn der Streik weitergeht, kann die Stadt auch in der nächsten Woche nur einen Betreuungsnotdienst anbieten.

Plakate, Luftballons und Transparente waren schon von weitem vor dem Kulturbahnhof zu sehen. Zum Wochenanfang hatten die Erzieher hier ihr Streikbüro eingerichtet und planten das weitere Vorgehen. In mehreren Arbeitsgruppen diskutierten die Streikenden, entwarfen Transparente und feilten an einem Resolutionstext.
Am Dienstag ging es zu einer Großdemonstration nach Gießen, am gestrigen Mittwoch wurde dann lautstark in Mörfelden demonstriert. Unter anderem auf dem Dalles und auf dem Tizianplatz verliehen die Streikenden ihren Forderungen Nachdruck. An heutigen Donnerstag sind sie mit Fahnen und Trillerpfeifen in Walldorf unterwegs und informieren auf dem Wochenmarkt über die aktuelle Situation.
„Es fehlt an Wertschätzung und Anerkennung“, heißt es aus der Runde der achtköpfigen Streikleitung. Über die letzten Jahre und Jahrzehnte habe sich die Arbeit in den Kitas verändert. Mehr und anspruchsvoller sei sie geworden. Die Betreuung von unter Dreijährigen könne man nur schwer mit der von älteren Kindern vergleichen. Mehr Pflege, Windelwechseln, Unterstützung beim Essen und ein stärkerer Kontakt zu einer Bezugsperson seien hier gefragt.
Gleichzeitig öffneten sich die Gruppen für Kinder mit Behinderungen, um sie von Anfang an zu integrieren. „Zusätzliche Arbeit, bei gleichem oder weniger Personal“, fassen es die Erzieher im Kulturbahnhof zusammen.
Schon lange werde die Rolle der Erzieher falsch eingeordnet. Statt Kitas als bloße Aufbewahrungsorte anzusehen, müsse der Fokus auf den Bildungscharakter gelegt werden. „Menschen die mit Geld umgehen und Aktienkurse beobachten, werden besser bezahlt als die, die sich um die eigenen Kinder kümmern“, so ein Erzieher.
Unterm Strich zahle sich die eigene Arbeit so nicht aus, heißt es mit Blick auf die Forderung nach einer Gehaltssteigerung von durchschnittlich zehn Prozent. Nach einer langen Ausbildung komme derzeit zu wenig im Portemonnaie an. Berufsanfänger müssten mit 1400 Netto auskommen, und auch mit dreißig Jahren Berufserfahrung verdiene ein Chemielaborant im ersten Jahr nach der Ausbildung mehr, rechnete die Streikleitung vor.
Es fehle daher an gut ausgebildeten Fachkräften. Oftmals gebe es so zu viele ältere Erzieher. An die eigene Rente wolle man aber lieber gar nicht erst denken. „Und diese Arbeit bis 67 Jahre machen?“, fragte eine Erzieherin, denn die Belastungen nähmen im Alter eher zu.
Wie lange der Streik für eine Aufwertung der Erzieherberufe noch läuft, konnte auch im Kulturbahnhof niemand sagen. Von Arbeitgeberseite habe man noch kein konkretes Angebot vorgelegt bekommen. Bis zu einer Streikpause, Verhandlungen oder einer Einigung geht es unbefristet weiter.
Der städtische Notdienst konnte bis zum Wochenanfang für alle besonders dringenden Fälle einen Platz organisieren. Die Vergabe erfolgt zentral durch die Fachabteilung im Rathaus.
Ein Kontakt ist per E-Mail unter notdienst[at]moerfelden-walldorf[dot]de möglich. Dort oder auf der städtischen Internetseite können sich Eltern auch über die aktuelle Situation während der Streiktage informieren. (seb)

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