Wie Walldorf von Kultur und Kulinarik profitierte

Heimatmuseum zeigt Ausstellung „Wurzeln schlagen – Menschen und Pflanzen im Exil“

Museumsleiterin Claudia Battistella (Mitte) hieß die Besucher zur Vernissage in Walldorf willkommen. (Foto: Schüler)

Mörfelden-Walldorf (msh). Gut besucht war das Walldorfer Heimatmuseum am Donnerstagabend vergangener Woche zur Eröffnung der Schau „Wurzeln schlagen – Menschen und Pflanzen im Exil“: Die Wanderausstellung wird in diesem Jahr entlang des deutschen Teils des 3500 Kilometer langen Hugenotten- und Waldenserpfades gezeigt, der bis hinauf nach Nordhessen führt. Die Schau, die noch bis Sonntag, 3. März, im Heimatmuseum zu sehen ist, behandelt den Einfluss der Migranten auf die Kultur in den jeweiligen Kommunen und der Region.

Dass die Ausstellung zu Beginn des Jahres des 325-jährigen Stadtjubiläums in Walldorf zu sehen ist, liegt auch an Museumsleiterin Claudia Battistella. Sie hat an der Erstellung der Ausstellung mitgewirkt, weshalb einzelne Teile auch einen direkten Bezug zu Walldorf haben. Mit Sicherheit war dies auch ein Grund, warum Battistellas Bitte gewährt wurde, diese Ausstellung zeitnah im Jubiläumsjahr in der Doppelstadt zeigen zu können, denn eigentlich sollte diese am nördlichen Ende des Pfades im nordhessischen Bad Karlshafen beginnen und dann nach Süden weiterziehen.
„Unser Jubiläum mit 325 Jahren Walldorf wirft schon seine Schatten voraus“, sagte Kulturdezernent Achim Sibeth bei der Eröffnung erfreut, denn nach dem Vortrag über die deutsche Besetzung der Waldensertäler ist dies bereits die zweite große Veranstaltung des Heimatmuseums zum Stadtteiljubiläum. „Die Ausstellung behandelt ein wichtiges Thema. Der Mensch strebt immer nach Flächen, wo er gut leben kann. Das ist Teil der Vergangenheit des Zuzugs der Waldenser hier in die Region, aber auch die Motivation vieler Deutscher, die um das Jahr 1900 herum in die USA aussiedelten“, sagte der Dezernent. Dabei werde immer ein Teil der Kultur mitgenommen und übe am Zielort einen Einfluss aus, was sich neben Bräuchen und Traditionen auch kulinarisch – etwa durch das Mitbringen von Obst-, Gemüse- oder Kräutersamen – ausdrücke.

Migranten brachten die Kartoffel aus den Regionen Frankreichs und Italiens mit 

Ein sehr gutes Beispiel dafür sei die Kartoffel, sagten Sibeth und Battistella. „Die Kartoffel kommt nicht etwas aus dem ‚Ländle’. Sie fand ihren Weg von den Entdeckern aus Südamerika nach Europa“, erläuterte der Dezernent, während Battistella über den Hintergrund der Knolle informierte: Diese habe zunächst als Schweinefutter gedient, ehe sie dank des preußischen Königs immer stärker Einzug in die menschliche Nahrung hielt. „Das Essen verbindet uns alle. Und so lernten die Menschen hier in der Region auch die Geschmäcker und das Würzen der Speisen kennen, wie es die Hugenotten und Waldenser aus ihrer Heimat kannten“, führte Battistella aus. Auch die Kartoffel brachten die Migranten aus den Regionen Frankreichs und Italiens mit nach Deutschland und – in diesem Fall – somit auch nach Walldorf. Um 1700 wurde dort der erste Anbau von Kartoffeln dokumentiert, der erste Eintrag in Mörfelden datiert auf die Zeit um 1760.

Herbert Hunkel klärt über Gerücht zur Grünen Soße auf

Zur Eröffnung war als Referent auch der ehemalige Bürgermeister Neu-Isenburgs, Herbert Hunkel, geladen. Er sprach vom 3500 Kilometer langen Hugenotten- und Waldenserpfad sowie die Wichtigkeit kultureller Einflüsse von Zuwanderern für die eigene Lebensweise. „Wir müssen uns fragen: Wie wichtig sind andere Menschen, was können wir von ihnen noch lernen oder gar übernehmen?“, fragte Hunkel und erläuterte, dass Speisen wie „Püree“ oder Getränke wie „Muckefuck“ schon ihren Wortstamm in anderen Kulturen haben. „Ohne den Erfindungsreichtum der ehemaligen Waldenser und Hugenotten hätten wir verschiedene Sorten von Bier oder Kaffee nicht, sowie einige Zuckerprodukte. Und die Nachfahren dieser Volksgruppen erfanden den Dampfdrucktopf oder das Waffeleisen.“ Mit einem sich hartnäckig haltenden Gerücht räumte Hunkel auf: „Die Grüne Soße geht definitiv nicht auf die Hugenotten oder Waldenser zurück. Als ich in unserer dortigen Partnerstadt als Bürgermeister zu Besuch war, überlegte ich, was ich mitbringen könne. Ich entschied mich für Grüne Soße und die war da unten gänzlich unbekannt“, erzählte er, ehe er die Besucher in die Ausstellung verschiedener Kräuter und Pflanzen in den ersten Stock des Museums begleitete. 
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