Ein Vermittler und Nahebringer

Peter Härtling erhält den Hessischen Kulturpreis 2014 – Heute wird er 81 Jahre alt

HOHE AUSZEICHNUNG: Ministerpräsident Volker Bouffier (links) überreicht den Kulturpreis an den Mörfelden-Walldorfer Ehrenbürger Peter Härtling. (Foto: Keim)

Bad Homburg / Mörfelden-Walldorf. Ein Glücksfall sei er, sagte Volker Bouffier über Peter Härtling bei der Überreichung des Hessischen Kulturpreises 2014.

Der hessische Ministerpräsident wiederholte sehr bewusst den Satz, den zuvor der emeritierte Germanistikprofessor Gerhard Kurz ans Ende seiner Laudatio legte: „...ein Glücksfall für uns Leser und unser Land.“ Peter Härtling, in Walldorf lebender Schriftsteller, erhielt am Freitag in der Schlosskirche von Bad Homburg den Hessischen Kulturpreis, sechs Tage vor seinem Geburtstag am heutigen Donnerstag, 13. November, an dem er 81 Jahre wird.
Musik von Franz Schubert und Robert Schumann, welche die Redebeiträge umrahmte, die Schlosskirche unweit des Sinclair-Hauses, das an die Zeit Hölderlins in Bad Homburg erinnert, weisen auf drei Bücher Peter Härtlings hin („Schubert“, „Schumanns Schatten“, „Hölderlin“).
Es ist ein eher milder Abend für einen November, der Festakt hat eine große Gemeinde in der Schlosskirche versammelt, die teilnimmt an einer Ehrung, einer ganz besonderen in Deutschland. Der Hessische Kulturpreis ist mit 45 000 Euro der höchstdotierte der Republik, darüber ist Ministerpräsident Bouffier stolz, der bei der Begrüßung der Gäste ausdrücklich darauf hinweist. Zu Ehren Peter Härtlings sind Minister, Staatssekretäre, Landtagsabgeordnete, Professoren, Schriftsteller nach Bad Homburg gekommen.
Bürgermeister Heinz-Peter Becker aus Mörfelden-Walldorf freut sich über die Auszeichnung, die einem Bürger seiner Stadt zuteil wird. Ebenso Härtlings Freund, Ehrenbürgermeister Bernhard Brehl, der mit Frau Ursula gekommen ist. Anwesend sind auch Stadthistorikerin Cornelia Rühlig, der frühere Erste Kreisbeigeordnete Baldur Schmitt und Landtagsabgeordneter Günter Schork.
Volker Bouffier betont, dass die Kultur das Gedächtnis der Gesellschaft sei, sagt, Härtling habe in der Literatur seinen Lebenssinn gefunden, verleiht dem Preis mit den Worten „Anerkennung für herausragende Persönlichkeiten“ ein spürbares Gewicht.
In der ganz in Weiß gehaltenen Kirche sitzt Härtling mit Familie in der ersten Reihe und „erträgt“ gut, wie es Professor Kurz zu Beginn seiner Laudatio ausdrückt, dass über ihn und nicht mit ihm geredet wird. Der Schriftsteller Peter Härtling habe sich gerne und überall im Land eingemischt, auch in Mörfelden-Walldorf, als die Bürger dort vergeblich gegen den Bau der Startbahn 18 West angingen.
Härtling sei nicht nur der große Schriftsteller, sagt Kurz, sondern auch ein großer Vermittler, ein Nahebringer an Literatur. Seine Sendung „Literatur im Kreuzverhör“ im Hessischen Rundfunk nutze er auch dafür, auf Autoren aufmerksam zu machen, die vergessen seien. So sei Härtling längst zu einer öffentlichen Instanz geworden.
Nach dem Empfang des Kulturpreises gilt der Dank Härtlings dem Land, dessen Ministerpräsidenten, der Jury sowie Professor Kurz. Über eine seiner Heimaten, Walldorf, sagt Härtling, hier habe er den Unterschied zwischen Landschaft und Gegend kennengelernt. Hier gebe es nur Trassen, die Bahn, die Autobahn, die Startbahnen, die Lärm machten. Er sprach den ihm sympathischen Eigensinn der Walldorfer an, Waldenserflüchtlinge, unter denen er, der Flüchtling, sich wohlfühle.
Härtling, geboren bei Chemnitz, flüchtete im Alter von zwölf Jahren von Olmütz in Mähren nach Österreich, von dort kam er nach Nürtingen und über weitere Stationen, darunter auch Bad Homburg, nach Walldorf (1973). Hier schrieb und schreibt er sich die „wüsten Träume von der Seele.“ Hier fragt er sich aber auch, was aus den heutigen Flüchtlingskindern wird. Nicht jedes dieser Kinder habe die Chance, sich seine Alpträume, sich das, was ihm die Erwachsenen angetan haben, von der Seele zu schreiben.
Abschließend liest Härtling aus seinem Roman Hölderlin über dessen ersten Aufenthalt in Bad Homburg. Die kleine Lesung endet mit großem Applaus. Beifall, der auch seiner Familie gilt, an die sich Volker Bouffier zum Schluss noch einmal wendet: „Er bekommt den Orden, fühlen Sie sich mit ihm geehrt.“ (wn)

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