Rathaus Walldorf: Gedenkveranstaltung für Erdbebenopfer

Rund 200 Teilnehmer halten inne / Dringlichkeitsantragverabschiedet

Innehalten für die Erdbebenopfer: Rund 200 Menschen haben sich am Dienstagabend zu einer Gedenkveranstaltung am Walldorfer Rathaus versammelt. (Foto: Friedrich)

Mörfelden-Walldorf (ula). Mit einer Gedenkveranstaltung haben am Dienstagabend rund 200 Menschen Solidarität und Mitgefühl für die Opfer des Erdbebens in der Türkei und Syrien zum Ausdruck gebracht. Bei Einbruch der Dämmerung folgten sie dem Aufruf von Stadt und Ausländerbeirat, um auf dem Walldorfer Rathausplatz innezuhalten.

Schmerz, Trauer, Betroffenheit spiegeln sich auf den Gesichtern der Versammelten. Die Katastrophe liegt nunmehr neun Tage zurück. Wenige Sekunden hatten gereicht, um das Leben von mittlerweile rund 40 000 Menschen auszulöschen. „23 Millionen Menschen sind betroffen“, sagt Bürgermeister Thomas Winkler, „und auch, wenn das Epizentrum des Bebens rund 4000 Kilometer von Mörfelden-Walldorf entfernt liegt, betrifft es viele Menschen, die hier leben.“ Rund 1400 Einwohner der Doppelstadt haben einen türkischen, 200 Menschen einen syrischen Pass. Die türkische Community sei die größte unter den vielen Nationalitäten in der Doppelstadt. 
„Unsere Herzen bluten, Tausende sind immer noch unter den Trümmern begraben“, sagt im Anschluss Huda Kazkaz, die, als sie aus Syrien geflohen war, in der alten Heimat viele Angehörige und Freunde zurückgelassen hat. Ihre Familie sei glücklicherweise nicht betroffen, ist sie dankbar.
Dilara Koctürk und Reyhan Karademir, zwei junge Studentinnen, die sich im Ausländerbeirat engagieren und nun auf das Podium gehen, erzählen eindringlich die Geschichte einer jungen türkischen Mutter, die mehrere Tage unter den Trümmern ihres Hauses zwischen den Leichen der Mitbewohner überlebte.

„Hinter jeder Zahl steckt ein Familienschicksal“

Eingespielte Audioübertragungen, welche die Retter vor Ort aufgenommen haben, sorgen für Gänsehaut unter den Zuhörern – diese Impressionen einer 50-stündigen Rettung mitzuhören, das macht das Unfassbare fassbarer. „Hinter jeder Zahl steckt ein Familienschicksal“, macht Koctürk eine Rechnung zur Dimension der Jahrhundertkatastrophe auf. Stadtverordnetenvorsteher Franz-Rudolf Urhahn wünscht unmittelbar Betroffenen „die Kraft, das auszuhalten“. Er plädiert für rasche, unbürokratische Hilfe, auch bei der Ausstellung von Visa, um Opfern einen Aufenthalt bei Angehörigen in Deutschland zu ermöglichen. Nun sei es auch wichtig, kontinuierlich und längerfristig zu helfen.
„In der Doppelstadt gibt es eine große Solidaritätswelle in der Bevölkerung“, berichtet der Bürgermeister, der die Größenordnung der Naturkatastrophe beschreibt: „Das ist eine Dimension wie von Hamburg bis München.“ Eine kurze Predigt, ein Bitt-Gebet und eine Sure aus dem Koran runden die Veranstaltung ab. „Auch wir möchten das Richtige tun, wenigstens die richtigen Worte finden“, betont Religionsbeauftragter Fatih Dogan.
Brennende Kerzen werden aufgereiht, ein paar Blumen niedergelegt. Der Ausländerbeirat nimmt Spenden entgegen, die der Hilfsorganisation Roter Halbmond in beiden betroffenen Ländern überwiesen werden sollen. Im Anschluss werden auch die Kommunalpolitiker in der Stadtverordnetenversammlung im Rathaus ein gemeinsames Zeichen setzen. Man habe am Wochenende rasch und unkompliziert zusammengearbeitet, sagt der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Ioannis Karathanasis, im Namen aller Kollegen der politischen Fraktionen. Resultat ist ein Dringlichkeitsantrag, der einstimmig verabschiedet wird: Die Stadt spendet 5000 Euro an die deutschen Hilfsorganisationen „Aktion Deutschland hilft“ und „Bündnis Entwicklung hilft“ für direkte humanitäre Hilfe an die Erdbebenopfer. Stadtverordnetenvorsteher Urhahn macht sich zudem stark dafür, dass regelmäßige Unterstützung fließen soll.

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