Mörfelden-Walldorf: Müllberge machen Helfer sprachlos

Freiwillige sammeln massenhaft illegalen Unrat auf dem Gelände der geplanten Naturkita

Ganz schön viel Unrat hat sich auf dem Gelände des künftigen Naturkindergartens angesammelt. Foto: Erlenbach

Mörfelden-Walldorf – Guten Mutes haben sich am vergangenen Samstag Eltern und Kinder auf den Weg zu einem Grundstück „Im See“ aufgemacht, um dort die Müllsammelaktion der Stadt anlässlich des internationalen „World Clean Up Day“ zu unterstützen. Denn auf dem Areal einer ehemaligen Gärtnerei soll im nächsten Frühjahr ein neuer Naturkindergarten – betrieben vom Familienzentrum Mörfelden – eröffnet werden.
Es waren Eltern mit Kindern aus der U3-Betreuung, die bei der Sammelaktion dabei waren. Sie wollen ihre Kinder später dem Naturkindergarten anvertrauen, damit die Kleinen lernen, die Natur zu achten, zu schützen und dabei den ganzen Tag draußen in Bewegung sind. 
Was die Eltern unter der Leitung von Franziska Hofmann, kaufmännische Leiterin des Familienzentrums, aber vor Ort antrafen, verschlug ihnen die Sprache. 

„Hier muss ein großer Lastwagen her“, fasste ein Vater die ersten Eindrücke zusammen. Denn schnell war klar, dass sich in dem Gestrüpp eine große, illegale Müllhalde befindet. Ein Teil des wilden Mülls muss dort schon vor Jahren abgeladen worden sein. Er war überwuchert mit Brennnesseln und Brombeerhecken. Ein alter Gartenstuhl, an dem Hofmann vergebens riss, war bereits so festgewachsen, dass er nicht mehr aus dem Gebüsch zu holen war.
Ein Vater zerrte an einer anderen Ecke einen Müllsack nach dem anderen aus dem dichten Grün. Die Säcke waren teilweise mit alten Kleidungsstücken, aber auch mit Bauschutt und anderem Müll befüllt, dessen ordnungsgemäße Beseitigung auf einer Deponie Geld gekostet hätte. Vermutlich ist der Dreck deswegen in der Natur gelandet. Je tiefer sich die Eltern in das Gebüsch vorarbeiteten, umso entsetzter stellten sie fest, was dort alles zu finden war. „Da muss der Bauhof her und Ordnung schaffen.“
Ein Vater wusste, dass die Stadt eigentlich einen Teil des dichten Grüns erhalten will, um den Naturkindergarten quasi einzurahmen. Angesichts des großen Müllaufkommens wird das wohl kaum möglich sein. Denn der Dreck ist nur dann zu beseitigen, wenn vorher massenweise Hecken abgeholzt und Grünzeug entfernt werden. Das Familienzentrum will nun abklären, wie dort weiter vorgegangen wird. Es machte sich Wut breit über Menschen, die ihren Unrat in der Landschaft entsorgen und damit auch Umweltschäden in Kauf nehmen. Doch nicht alles, was am Samstag gefunden wurde, liegt dort seit Jahren. Anderer Dreck wurde wohl erst kürzlich abgeladen. Offenbar kann man in dieser Ecke nachts unbemerkt mit dem Auto in eine kleine Stichstraße und dann weiter über einen Feldweg fahren, um den Unrat illegal zu entsorgen.
Auf dem Gelände des künftigen Naturkindergartens sollen einmal drei Bauwagen stehen. Nicht nur bergeweise Müll muss dort aber erst noch weg. In einem baufälligen Betongebäude steht ein alter Öltank, der wohl früher für die Wärmeversorgung der Gärtnerei verwendet wurde. „Das alles muss weg, bevor der Naturkindergarten eröffnet werden kann, damit Kinder die Natur spielerisch erkunden dürfen.
Die Stadt hat für die Herrichtung des Grundstücks und die Anschaffung von drei Bauwagen, von denen einer als Unterkunft für die Kinder, ein weiterer als Toilette und ein dritter Wagen als Büro dienen soll, 280 000 Euro kalkuliert. Ob dieses Geld angesichts der Müllproblematik ausreicht, wird sich zeigen. Als jährlichen Betriebskostenzuschuss für den Naturkindergarten hat die Stadt ab 2024 300 000 Euro vorgesehen.
Auch die Stadtverwaltung hatte an diesem Samstag zu einer Müllsammelaktion aufgerufen – es war bereits die zweite in diesem Jahr. Bei strahlendem Sonnenschein waren rund 130 Teilnehmer in 17 Gruppen im Stadtgebiet unterwegs, um einzusammeln, was gewissenlose Mitmenschen in der Natur entsorgten. Gestartet wurde wie immer nach der Materialausgabe um 9 Uhr an der Bertha-von-Suttner-Schule.
„Wir freuen uns sehr, dass unsere Müllsammelaktion in den letzten Jahren immer mehr Familien anspricht“, sagte Bürgermeister Thomas Winkler. Auch in diesem Jahr landeten wieder viele Kuriositäten auf den Wagen des Bauhofs. Von der Satellitenschüssel über einen Teppich, Autoreifen und Holzpaletten war alles dabei. Auch Glasflaschen und Zigarettenkippen wurden reichlich eingesammelt.
„Angesichts der Tatsache, dass aus einem gebrauchten Zigarettenfilter bis zu 7000 Chemikalien ausgewaschen werden können - und ein Filter damit bis zu 40 Liter Grundwasser verunreinigt - ist das sehr bedauerlich“, so Hannah Hamm vom städtischen Umweltamt. Im Anschluss an die Sammelaktion gab es wie immer beim Sportverein Rot-Weiß Walldorf eine Stärkung für alle Helfer. Dort war auch Zeit für einen Austausch und Erfahrungsvergleich.
Das Thema Umwelt, Nachhaltigkeit und Klimaschutz wird auch in den Nachhaltigkeitswochen des Kreises Groß-Gerau, mit einem breiten Spektrum an Aktionen und Angeboten behandelt. Die Müllsammelaktion war hierbei der Auftakt in Mörfelden-Walldorf. erl/f
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