Mahnwache auf dem Dalles zum Gedenken der Opfer von Hanau

Zeichen gegen Hass und Ausgrenzung - „Diese Tat weckt uns auf“

GROSSE ANTEILNAHME: Etwa 400 Bürger versammelten sich auf dem Dalles und gedachten der Opfer des rassistischen Terroranschlags in Hanau und des Autoangriffs in Volkmarsen. (Foto: Koch)

Mörfelden-Walldorf (ako). Mit einer von der Stadt organisierten Mahnwache reagierte Mörfelden-Walldorf auf den rechtsextremen Terroranschlag in Hanau. Die Veranstaltung am Mittwoch vergangener Woche vor dem Alten Rathaus in der Mitte Mörfeldens stieß auf große Resonanz.

Laut Anette Keim vom städtischen Integrationsbüro, die mit ihren Kolleginnen die Teilnehmer zählte, waren rund 400 Menschen gekommen. Diese zeigten ihre Anteilnahme für die Opfer und deren Angehörige und setzten ein klares Zeichen gegen Rassismus und Rechtsextremismus. Alle Redner sprachen den Opfern und deren Angehörigen ihr Mitgefühl aus. Die Teilnehmer der Mahnwache konnten sich in ein Kondolenzbuch eintragen, das noch bis Freitag, 13. März, am Empfang des Mörfelder Rathauses ausliegt.

Die Namen der Ermordeten wurden verlesen 

Zu Beginn wurde eine Schweigeminute für die Opfer von Hanau eingelegt. Ihre Namen wurden von Serpil Demirakca-Iz verlesen. Die Bürgerin der Doppelstadt hielt zudem eine bewegende Ansprache, in der sie in persönlichen Worten über ihren Migrationshintergrund sprach. Dieser sei für sie kein Thema gewesen, sie sei in Deutschland geboren und aufgewachsen. Die Tat im nahen Hanau habe sie erschüttert, sie fühle sich plötzlich als Ausländerin. Für Rassisten wie den Mörder in Hanau gehörten Menschen mit Migrationsgeschichte nicht zu Deutschland, was sie sehr ängstige. Entscheidend sei doch, Menschen nicht als Deutsche oder Ausländer zu definieren, sondern alle, unabhängig von ihrer Herkunft, Nationalität oder Religion, als Menschen.

Mahnwache "ein tolles Signal gegen Hass und Ausgrenzung"

Bürgermeister Thomas Winkler betonte in seiner Ansprache, er freue sich, so viele Bürger zur Mahnwache begrüßen zu können. „Das ist ein tolles Signal gegen Hass und Ausgrenzung.“ Mörfelden-Walldorf wende sich entschieden gegen jeden Rassismus. Das gelte für die örtliche Politik und die Stadtverwaltung sowie für zivilgesellschaftliche Akteure wie die Omas gegen Rechts, die Aktion Toleranz und das Netzwerk Miteinander. Die große Resonanz bei der Mahnwache unterstreiche diese Toleranz und Weltoffenheit in der Doppelstadt. 
Neben dem Bürgermeister ergriffen auch der Erste Stadtrat Burkhard Ziegler sowie Bürger- und Ordnungsdezernent Steffen Seinsche das Wort. Darüber hinaus waren viele weitere Politiker aus der Bundes-, Landes- und Kommunalpolitik gekommen, darunter der Bundestagsabgeordnete Jörg Cezanne (Linke), Landtagsabgeordnete Ines Claus (CDU) und Stadtverordnetenvorsteher Werner Schmidt (SPD).

Zu solchen schrecklichen Taten nicht schweigen

Burkhard Ziegler hielt die längste Rede, die viele persönliche Gedanken enthielt. Zu den Morden in Hanau sagte er: „Diese Tat weckt uns auf.“ Rassismus gebe es leider auch in Südhessen. Es sei erschreckend, dass 75 Jahre nach der NS-Diktatur und deren grausamen Verbrechen rassistischer Hass wieder zu Morden in Deutschland führe. Die politische Landschaft habe sich in den vergangenen Jahren leider verändert, der Ton sei härter geworden. Es gebe immer offener auch rassistische Töne. „Und Worten folgen auch Taten.“ Ziegler sprach sich daher dafür aus, schon bei der verbalen Gewalt anzusetzen. Dieser müsse bereits entschieden entgegengetreten werden, bevor es zu körperlicher Gewalt komme. In persönlichen Worten sagte er, man dürfe zu solchen schrecklichen Taten nicht schweigen, auch wenn sie einen zunächst traurig und sprachlos machten. Ziegler appellierte zum Schluss an die Zuhörer, ihre Stimme gegen Rassismus und Hetze zu erheben und jeden Tag mit kleinen und großen Gesten für ein friedvolles Miteinander der Menschen einzutreten. 
Bürger- und Ordnungsdezernent Steffen Seinsche beklagte ebenfalls eine Verrohung der Sprache, die zu schrecklichen Taten führen könne. Jeder sei aufgefordert, rechter Hetze entgegenzutreten. Er ging zudem auf die Problematik ein, dass er in seiner Funktion als Bürger- und Ordnungsdezernent den Bürgern keinen hundertprozentigen Schutz garantieren könne. Dies würden die schrecklichen Taten in Hanau und Volkmarsen zeigen. Ziegler und Seinsche gedachten in ihren Ansprachen auch der Opfer in Volkmarsen und deren Angehörigen.

AfD trage eine erhebliche Mitverantwortung für die Morde

Zwischen den Reden bewegte Ralf Baitinger, Leiter des Sport- und Kulturamts, mit ausgewählten Musikstücken, etwa John Lennons „Imagine“ die Besucher der Mahnwache. So wie Edda Bassler, Ehrenstadtverordnetenvorsteherin und aktiv bei den Omas gegen Rechts: „Ich habe mich sehr über die hohe Teilnehmerzahl gefreut. Viele Bürgerinnen und Bürger wollten ihre Trauer mit den Opfern von Hanau und deren Angehörigen zum Ausdruck bringen und ein Zeichen gegen Hass und Ausgrenzung setzen. Auch wir Omas gegen Rechts waren mit rund 30 Personen dabei.“ Auch der ehemalige Stadtverordnete Rudi Hechler beeindruckte die hohe Zahl an Besuchern der recht kurzfristig organisierten Mahnwache der Stadt: „Es war ihnen allen ein Bedürfnis, ihre Anteilnahme für die Opfer und deren Angehörige zu zeigen und ein Zeichen gegen Rechtsextremismus und Rassismus zu setzen. Leider nimmt die Angst von unseren Mitbürgern, die eine Migrationsgeschichte haben, zu. Das brachte die Rede von Serpil Demirakca-Iz zum Ausdruck. Viele Teilnehmer der Mahnwache haben zudem zu Recht deutlich gemacht, dass die AfD eine erhebliche Mitverantwortung für die Morde in Hanau trägt, weil sie mit rassistischer Hetze ein Klima des Hasses schafft, das zu solchen Verbrechen führen kann.“
Diese Meinung teilte Judith Berghorn: „Neben meiner Anteilnahme mit den Opfern von Hanau wollte ich auch gegen die Gewalt von Rechts ein klares Signal setzen. Gerade die AfD stachelt mit rassistischer Hetze Menschen auf. Leider war die Politik in Deutschland meiner Meinung nach zu lange auf dem rechten Auge blind. Die Mahnwachen und Gedenkminuten im ganzen Land waren daher ein richtiges und wichtiges Signal.“ Auch die   Ahmadiyya-Gemeinde war mit mehreren Mitgliedern vertreten: „Neben der Anteilnahme für die Opfer und deren Angehörige wollten wir Flagge gegen Rassismus zeigen und zudem unsere Verbundenheit mit unserer Stadt demonstrieren. Die Mahnwache hat gezeigt, dass Menschen mit Migrationsgeschichte nicht mit ihrer Angst vor Rassismus und Hetze alleine sind, sondern die Gesellschaft gegen Intoleranz, Ausgrenzung und Hass gemeinsam aufsteht und zusammenhält“, sagte Atta-Ul Chugtai, Sprecher der örtlichen Gemeinde.

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