„Angst ist ein schlechter Berater“

Friedensbotschaft beim Weihnachtsgottesdienst an der Hüttenkirche im Mittelpunkt

ANDRANG: Bei frühlingshaftem Wetter kamen rund 250 Gläubige zum Weihnachtsgottesdienst an die Hüttenkirche. (Foto: Dormehl)

Mörfelden-Walldorf. Ob mit dem Auto, auf dem Fahrrad oder zu Fuß: An Heiligabend machten sich rund 250 Gläubige aus Mörfelden und Walldorf auf den Weg zur Hüttenkirche am Waldrand zwischen den beiden Stadtteilen.

Bei frühlingshaftem Wetter predigte Pfarrer Jochen Mühl über die Friedensbotschaft der Weihnachtsgeschichte. Zur musikalischen Unterstützung war wieder der Junge Chor der SKV vor Ort und sang unter anderem den Klassiker „Stille Nacht, heilige Nacht“, der 1818 in Oberndorf im Salzburger Land uraufgeführt wurde. „Holder Knabe im lockigen Haar – kann man das so noch singen? Ist das nicht Weihnachtskitsch, den wir so schon oft im Kaufhaus gesehen haben? Oder ist es einfach nur schön und der Pfarrer muss es jetzt madig machen?“, eröffnete Mühl seine Predigt.
Egal wie man es sehen möchte, dieses Lied trägt die Friedensbotschaft in sich und führte unter anderem 1914 während des Ersten Weltkriegs zu einem kurzweiligen Waffenstillstand zwischen deutschen und britischen Soldaten an der Westfront. Während einer Feuerpause erklang es an Heiligabend aus einem Schützengraben. Vorsichtig näherten sich die verfeindeten Soldaten an, legten die Waffen nieder und feierten gemeinsam Weihnachten. Dies ging als Weihnachtsfrieden in die Geschichte ein.
„Wir können auf 70 Jahre Frieden in Mitteleuropa zurückblicken. Doch leider geht es nicht überall in der Welt friedlich zu“, sagte Jochen Mühl. Deutsche Soldaten seien etwa in Afghanistan und bald in Syrien im Einsatz. Militärische Gewalt sei bei deutschen Politikern leider immer weniger ein Tabu, bedauerte der Pfarrer und verwies auf die seiner Meinung nach übereilte Zustimmung zum Syrien-Einsatz. Immer mehr greife die Gewalt weltweit um sich, ob in der Ost-Ukraine, in Syrien oder in Form von Terroranschlägen wie in Paris. Hinzu kämen die massiven Flüchtlingsbewegungen. All diese Ereignisse machten den Menschen Angst.
„Angst ist aber ein schlechter Berater“, sagte Mühl. Man dürfe sich von ihr nicht übermannen lassen, sondern solle sie erst einmal hinterfragen. „Wir müssen Frieden lernen“, meinte der evangelische Pfarrer. Und das fange schon in der Schule an. Dort werde den Kindern beigebracht, wie man einen Streit schlichtet. „Man muss lernen, nicht in Schwarz und Weiß oder Gut und Böse zu denken. Wir müssen versuchen, auch die Schattierungen zu erkennen und empathisch zu sein“, empfahl Mühl. Der Pfarrer hofft, dass sich die Friedensvision des Propheten Micha einmal erfüllen wird. Dieser sah ein friedliches Zusammenleben der Religionen.
Frieden sei lernbar, meinte Mühl. Als Beispiel führte er die diplomatische Annäherung zwischen Kuba und den USA nach mehr als 50 Jahren an. Ein weiteres Friedens- und Hoffnungszeichen sei für ihn aber auch direkt in Mörfelden-Walldorf zu sehen: Die Aufnahme von Flüchtlingen, die Teil der Gesellschaft werden, Deutsch lernen, sich in Vereinen engagieren und Freundschaften schließen.
Am Ende des Gottesdienstes konnten die Gläubigen ein Symbol des Friedens mit nach Hause nehmen. Passend zum Thema wurde im Gottesdienst das Friedenslicht von Bethlehem weitergereicht. Mit dieser Aktion soll die christliche Friedensbotschaft zu den Menschen weltweit gebracht werden. Das Friedenslicht ist eine Aktion der Pfadfinderverbände. (dor)

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