Tierschutzverein Kelsterbach stößt an Grenzen

Weniger Mitglieder, mehr Arbeit/ Rückgang bei Spenden

Halten die Stellung (von links): Kassier Alexander Reuter, die zweite Vorsitzende Sylvia Reuter, Vorsitzende Judith Wagner und die neue Schriftführerin Doris Decker. Foto: postl

Kelsterbach – Der Tierschutzverein Kelsterbach leistet vielfältige Arbeit, die jedoch von den ehrenamtlich Engagierten großen physischen als auch psychischen Einsatz erfordert. Was alles allein im vergangenen Jahr an Tierschutzarbeit geleistet wurde, zeigte die Vorsitzende Judith Wagner am Donnerstag vergangener Woche bei der Mitgliederversammlung in den Räumen der Gaststätte „Cinquecento“, ehemaliges Siedlerhaus, auf.

„Wir haben 20 Greifvögel und Eulen, 15 Elstern, 14 Krähen, 252 Stadttauben, 78 Ringeltauben, 2 Schwäne, 10 Entenküken, 53 Eichhörnchen, 73 Igel, dazu noch 187 andere Wildvögel – Amseln, Stare, Spechte, Meisen – sowie Garten- und Siebenschläfer, ja sogar Wildkaninchen und Feldhasen aufgenommen“, trug Wagner eine ziemlich lange Liste vor. Diese Tiere seien aufgepäppelt oder zu entsprechenden Wildtierstationen gebracht worden,
Nicht minder beeindruckend auch die Leistung und der Aufwand, diese Tiere zu versorgen. „Unsere Fahrgruppe war nahezu 20 000 Kilometer unterwegs, um Tiere abzuholen oder zu den entsprechenden Tierärzten, Tierkliniken oder Wildtierstationen zu transportieren“, betonte die Vorsitzende. 
Zu diesen nackten Zahlen kommen freilich noch die aufwendigen Arbeiten für Pflege, Fütterung und Sauberhaltung von Volieren, Käfigen und dem großen Taubenhaus. „Wir konnten selbst 40 Kaninchen, 38 Hunde, 125 Katzen, in Zusammenarbeit mit der Katzenhilfe Büttelborn, sowie 45 Vögel vermitteln“, verwies Wagner auf zwar erfreuliche, aber mit einem großen dokumentarischen Aufwand verbundene Tätigkeiten des Tierschutzvereins.
Ob dies alles so noch in Zukunft geleistet werden kann, ließ die Vereinsvorsitzende offen. „Auch wir werden älter und sind physisch nicht mehr so in der Lage, wie vor einigen Jahren noch, um die körperlichen Belastungen einfach wegzustecken“, machte Wagner deutlich. Hinzu kommt – und da ist der Tierschutzverein keine Ausnahme – dass die treuen und engagierten Mitglieder nicht nur älter, sondern stetig weniger werden. „Uns geht es nicht anders als den anderen Vereinen, es fehlt einfach der junge Nachwuchs“, bedauerte die Vorsitzende. Aktuell zählt der Verein 287 Mitglieder, fünf weniger als im Vorjahr. 
Dies wirkt sich nicht nur auf die Tierschutzarbeit aus, sondern auch auf andere Tätigkeiten der Helfer, wie etwa die Bewirtschaftung bei städtischen Veranstaltungen. Man habe vor zwei Jahren begonnen, bei städtischen Veranstaltungen die Bewirtung der Gäste zu übernehmen. „Das ist eine willkommene Einnahmequelle, aber dazu braucht es Personal“, betonte Wagner. „Eine Lösung könnte die Zusammenarbeit mit anderen Vereinen sein“, sieht sie eine Möglichkeit, um dieses Engagement aufrecht zu erhalten.
Wie gut das funktionieren kann, bewiesen der Tierschutzverein und die Schützengilde Kelsterbach bei der Einweihung des Baugé-en-Anjou-Platzes. „Es war eine spontane Idee, die haben wir mal umgesetzt – und es hat wunderbar funktioniert“, beschrieb die Vorsitzende die Kooperation mit den Schützen zur Bewirtung der Gäste. „Den Gewinn haben wir einfach geteilt, ohne dass sich jemand benachteiligt gefühlt hat.“ Solche Einnahmequellen sind für den Tierschutzverein wichtig – denn auch die Spendenbereitschaft geht zurück.
Dies ist in der Bilanz des Kassiers zu erkennen. Waren es 2021 noch 73 215 Euro, die zur Unterstützung der Tierschützer gespendet wurden, gingen diese 2022 um über 19 000 auf 53 861 Euro zurück. „Das ist zwar immer noch ein sehr erfreulicher Betrag, doch die Auswirkungen der Inflation werden noch kommen“, befürchtet Alexander Reuter. Einmalig dürfte auch der Zuschuss seitens des Hessischen Tierschutzbundes in Höhe von 13 000 Euro gewesen sein, der die Jahresbilanz auf ein Plus von rund 10 600 Euro hob. „Man darf dabei nicht vergessen, dass alle Arbeiten von Ehrenamtlichen geleistet werden, sonst sähe die Bilanz ganz anders aus“, so Reuter deutlich. Um wieder etwas Geld in die Kasse zu bekommen, wird es in diesem Jahr wieder den Adventsbasar geben – und zwar am 1. Advent im Bürgersaal des Fritz-Treutel-Hauses.
Während der Mitgliederversammlung wurde mit Doris Decker auch wieder eine Schriftführerin gefunden und einstimmig gewählt. Der neue Vorsitzende der Siedlergemeinschaft Kelsterbach, Markus Decker, stellte sich der Tierschutz-Versammlung vor und bot ebenfalls eine mögliche Zusammenarbeit an. In ihrem Grußwort dankte Stadträtin Helga Oehne im Namen der Stadt als auch des Vereinsrings dem Tierschutzverein für die wertvolle geleitet Arbeit. „Wir haben die neuen Vereinsförderrichtlinien entsprechend angepasst, dass solche Vereine, die besonders aktiv sind – wozu der Tierschutzverein sicherlich gehört – auch entsprechend gefördert werden“, so Oehne. Für die personellen Probleme, die viele Kelsterbacher Vereine betreffe, sah sie jedoch keine Patentlösung.
Judith Wagner wies am Ende noch einmal darauf hin, dass insbesondere Pflegestellen für verschiedene Tiere gesucht werden. „Wer uns und den Tieren helfen will, kann dies in vielfältiger Art und Weise tun. Wer Interesse hat, kann jederzeit bei uns vorbeikommen“, so Judith Wagner abschließend.

Mithelfen
Kontakt zu den Ehrenamtlern kann man über
tierschutz-kelsterbach.de knüpfen. Außerdem sind die Tierschützer donnerstags, 14. September, 19. Oktober und 16. November, jeweils von 15 und 18 Uhr beim Kuchentag in der Stadt- und Schulbibliothek vertreten. Dort stellen sie ihre Arbeit vor, der Erlös aus dem Verkauf kommt dem Verein zugute. 

VON LEO F. POSTL

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