Stadtmuseum Kelsterbach erweitert Fotoschau von Richard Siebart

Bis 24. März sonntags geöffnet

Von der Schwarz-Weiß-Ästhetik der Bilder sind Sigrid Kaiser und Mathias Biondino begeistert. Foto: Koslowski

Kelsterbach – Mal in die Vergangenheit blicken, Gebäude, Straßen, Menschen, Freunde, vielleicht auch sich selbst erkennen. Das ist ungeheuer spannend. Derzeit ist im Stadtmuseum eine interessante und fesselnde Ausstellung mit Fotografien des verstorbenen Werksfotografen der Glanzstoffwerke, Richard Siebart, zu sehen. 

Die Ausstellung, die bereits zum Altstadtfest im September eröffnet wurde (wir haben berichtet), zeigte bisher 161 Schwarz-Weiß-Aufnahmen und entführt in das Kelsterbach der 50er und 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Die Ausstellung kam gut bei der Bevölkerung an, daher wurde sie nun um weitere 50 Bilder aufgestockt und kann sonntags zu den Öffnungszeiten des Museums von 15 bis 17 Uhr noch bis 24. März besucht werden. 
Karl Schmiedt vom das Stadtmuseum betreuenden Volksbildungswerk blickt für diese Zeitung noch einmal kurz zurück. Die unzähligen Negative von Siebart seien im Darmstädter Staatsarchiv gelagert worden. Bisher seien sie von dort nicht herausgegeben worden. Erst nachdem die Stadt Kelsterbach mit dem Staatsarchiv gesprochen habe, seien die Negative an die Stadt übergeben worden und würden nun im Stadtarchiv aufbewahrt, sagt Schmiedt
In einem Labor seien die Negative digitalisiert worden, die größtenteils Szenen aus dem Glanzstoffwerk abbilden. Auf einem kleineren Teil der Negative sind Alltagsbegegnungen, Feste und Örtlichkeiten von Kelsterbach zu sehen. Aus etwa 3000 Aufnahmen seien Fotografien für die Ausstellung ausgewählt worden, informiert Schmiedt. 
Er begeistert sich nach wie vor sichtbar für die Fotos. Die Erweiterung mit den zusätzlichen Aufnahmen war am Sonntag erstmals zu sehen. Kerweborsch, die im Glanzstoffwerk verköstigt werden (1951), eine der ersten Aufnahmen vom neuen Festplatz für die Kerb (1952), das Schwimmbad der Glanzstoffwerke (1953), eine Frau, die im Schwanheimer Wald Holz gesammelt hat und nun schwer beladen auf den Rückweg nach Kelsterbach ist (1949), ein Schuttabladeplatz in der Okrifteler Straße (1951) und die noch spärlich befahrene Autobahn bei Kelsterbach mit nur einer Fahrspur (1954) sind Aufnahmen, auf die Schmiedt besonders hinweist. 1952 wird am Ortseingang vor der Maul- und Klauenseuche gewarnt – ebenfalls ein interessantes Zeitdokument. „Das ist schon interessant“, sagte Schmiedt mit leuchtenden Augen. Er selbst ist 1944 in Kelsterbach geborenen und kann sich noch an viele Ereignisse, die auf den Fotos dokumentiert sind, erinnern. 
Die Aufnahmen haben auch bei einigen Besuchern einen hohen Wiedererkennungswert. Andreas Fischer hat die Ausstellung bisher noch nicht gesehen, ist jetzt nach einem Hinweis zum Museum gekommen. Der Opa des 65-Jährigen hatte im Glanzstoffwerk seinen Lebensunterhalt verdient. Ein Foto mit dem Kiosk in der Waldstraße 118 fesselt ihn, hatte er doch dort für den Großvater immer Zigaretten geholt. Die Schwarz-Weiß-Aufnahmen faszinieren ihn, er findet sie ansprechender als Farbfotografien. 
So empfinden auch Sigrid Kaiser und ihr Mann Mathias Biondino. „Die Farbe lenkt ab, sie wirft die Aufmerksamkeit zum Beispiel auf die Kleidung“, sagt Biondino. Das Geschehen auf dem Bild gehe mit der Farbe verloren. Kaiser ist in Kelsterbach aufgewachsen, ihr Mann lebt seit 1995 hier. Sie kann sich noch gut an den Bahnübergang und die langen Staus erinnern, wenn Züge am Bahnhof vorbeirauschten. „Ich finde es interessant, wie Kelsterbach sich verändert hat. Geschäfte, Gaststätten gibt es nicht mehr“, stellte ihr Mann fest. „Das Angebot war viel vielfältiger.“
Einige der Ausstellungsbesucher kamen am Sonntag an den Stellwänden ins Gespräch, erkannten Straßen und Häuser wieder, rätselten mitunter gemeinsam. Schmiedt freute sich, dass die Erweiterung der Schau gut ankommt: „Es wäre schön, wenn das so weitergeht.“ VON RÜDIGER KOSLOWSKI

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