„Lässt einen nie im Stich“

Ausstellung beleuchtet das besondere Verhältnis von Müttern und Töchtern

GELUNGENE PRÄSENTATION: Bilder und Betrachter stehen sich bei der Eröffnung der Ausstellung „Mütter/Töchter – Nähe und Distanz“ nicht gegenüber, sondern vermischen sich und bilden eine verblüffende Einheit. Die Mörfelderin Andrea Vinson fotografierte für das Projekt Töchter und Mütter aus Kelsterbach im Alter von zehn Monaten bis 91 Jahren. Zu sehen sind die Bilder bis zum 5. Dezember in der Stadt- und Schulbibliothek. (Foto: Schlempp-Kasimir)

Kelsterbach. „Du bist ja wie deine Mutter“ – dass dieser Satz höchst unterschiedliche Reaktionen hervorrufen kann, darauf wies Bürgermeister Manfred Ockel bei der Eröffnung der Ausstellung „Mütter / Töchter – Nähe und Distanz“ im Foyer des Fritz-Treutel-Hauses hin. In Fotografien wird das besondere Verhältnis von Müttern und Töchtern in seiner ganzen Vielfalt beleuchtet.

Auf die Beine gestellt haben das Projekt die Mörfelder Fotografin Andrea Vinson und Kelsterbachs Frauenbeauftragte Waltraut Engelke. 38 Schwarz-Weiß-Fotografien zeigen 58 Frauen verschiedener Nationalitäten im Alter zwischen zehn Monaten und 91 Jahren. Die Art und Weise wie sich Mütter und Töchter auf den Bildern zueinander positionieren, berührt. Es werden aber auch Hinweise darauf gegeben, wie sie selbst ihr Verhältnis zueinander beurteilen und dargestellt wissen möchten.
Ungewöhnlich war die Präsentation der ungerahmten Fotografien, die an dünnen Fäden mitten im Raum von der Decke hingen. Diese Art der Aufhängung erlaube es den Betrachtern, die Bilder „freischwebend“ und kontextfrei zu betrachten, so die Initiatorinnen, die sich über die vielen interessierten Besucher bei der Vernissage freuten.
In einer Ecke befand sich eine Litfaßsäule, auf der in Sprechblasen anonyme Zitate der Teilnehmerinnen veröffentlicht wurden. „Egal, wie alt man ist, man bleibt immer das Kind“, war dort zu lesen. „Es ist erschreckend festzustellen, wie man im Alter seiner eigenen Mutter immer ähnlicher wird, obwohl man gerade DAS nicht wollte“, lautete ein anderes Zitat. „Lässt einen nie im Stich“ oder „Perfektes Verhältnis von Nähe und Distanz“ waren weitere Kommentare.
Engelke und Vinson bedankten sich bei den Teilnehmerinnen für ihre Offenheit und ihren Mut, ihre Gefühle so frei zu zeigen. Außerdem forderten sie die Gäste auf, mehr über diese einzigartige Beziehung nachzudenken.
Mit Sekt, Orangensaft und Fingerfood ausgestattet, schlenderten die Ausstellungsbesucher anschließend durchs Foyer und betrachteten die Fotografien. Auf den ersten Blick ähneln sich die Bilder, bei längerem Betrachten fallen einem jedoch mehr und mehr Einzelheiten und Unterschiede auf, die nachdenklich machen: Mal nehmen sich die Frauen gegenseitig in den Arm Arm, mal legt nur eine den Arm auf die Schulter der Anderen. Manche lachen, einige lächeln, vereinzelt sind allerdings auch sehr ernste Blicke zu entdecken. In fast allen Fotografien kommt aber auch großer Respekt zum Ausdruck.
Lange nutzten die Besucher die Gelegenheit, sich in die Thematik zu vertiefen. Es wurde angeregt diskutiert, aber auch stumm betrachtet. „Früher gab es mehr Tabus, das fiel mir dann echt schwer, vor meiner Mutter meine Gefühle zu zeigen, gerade wenn man dann auch weiß, da wird jetzt ein Foto gemacht“, erklärte Teilnehmerin Christa van der Burg. Die Gespräche wurden auch von dem kurzen Vortrag von Tamara Dannenmann angeheizt. Unter ihrem Künstlernamen Mara Danné hat sie sich schon oft mit dem Selbstverständnis der Frau, als Mutter und auch als Tochter, auseinandergesetzt.
Dass das Projekt überhaupt in dieser Form gelingen konnte, ist dem Engagement von Vinson und Engelke zu verdanken. Engelke war auf Vinsons Mutter-Tochter-Ausstellung in Mörfelden-Walldorf aufmerksam geworden und wollte so etwas auch in Kelsterbach durchführen. Vinson selbst hatte sich von Familienporträts anderer Künstler und von ihrer eigenen Mutter und Tochter inspirieren lassen. „Das ist so eine besondere Beziehung – Mutter und Tochter“, erklärte sie.
Interessant findet Vinson vor allem, wie äußere Umstände auf das Verhältnis einwirken: Etwa zu welchem Zeitpunkt man Mutter werde oder welche Erziehungsstile gerade gängig sind. Auch der kulturelle Hintergrund habe einen großen Einfluss, meinte sie.
Achtung: Die Ausstellung „Mütter / Töchter ‧– Nähe und Distanz“ ist noch bis zum 5. Dezember während der Öffnungszeiten in der Stadt- und Schulbibliothek zu sehen. Nur die Vernissage fand im Fritz-Treutel-Haus statt. (lsk)

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