Kelsterbach: 120 Schafe und Ziegen weiden am Grenzweg

Futtern zum Schutz der Heidelandschaft/ Monitoring durch Pflegeverband

Freuen sich über den Besuch der Tiere: KKB-Leiter Martin Klepper (links) und Bürgermeister Manfred Ockel (rechts) mit den Schäfern Philipp Rübsamen (Dritter von rechts) und Pascal Berg. Fotos: Postl

Kelsterbach – Endlich sind die da: Seit Sonntag sorgen rund 100 Schafe und 20 Ziegen als tierische Landschaftspfleger im Rahmen eines Beweidungsprojekts für den Erhalt der Heidelandschaft am Grenzweg.
Gemäß Planfeststellungsbeschluss zum Bau der Landebahn Nordwest wurde nämlich festgeschrieben, dass auf den Freiflächen zwischen der Landebahn und dem Kelsterbacher Siedlungsraum die bestehende Heidelandschaft nicht nur erhalten, sondern gar erweitert werden soll. Dies braucht den Eingriff des Menschen respektive Tiers in die natürlichen Vorgänge – denn die wachstumsschwache Heide würde bald von Brombeeren, Buschwerk und am Ende von Bäumen überwuchert und verdrängt werden.

Bisher wurden die Pflegemaßnahmen mit Maschinen – einem Traktor mit Mulcher – oder an einigen Stellen mittels Motorsense erledigt. Das kostet nicht nur Geld – durch den Einsatz von Maschinen werden insbesondere die Insekten an den Pflanzen und auf dem Boden schwer in Mitleidenschaft gezogen. „Wenn sich der Traktor mit dem Mulcher in Bewegung setzt, hilft nur noch die Flucht, doch dies gelingt nicht vielen Kleinlebewesen mehr“, erklärt Martin Klepper, Leiter des Kelsterbacher Kommunalbetriebs (KKB). Er dachte schon länger an die alternative Pflegemaßnahme mit der Beweidung von Schafen und Ziegen, doch das Genehmigungsverfahren braucht seine Zeit.
„Der Landschaftspflegeverband befand sich gerade in der Gründung, zudem gibt es viele weitere behördliche Stellen, die gefragt werden wollen – und auch gefragt werden müssen“, so Klepper. Etwa die Obere und Untere Naturschutzbehörde und der Flughafenbetreiber Fraport. „Nicht alle haben bedenkenlos zugestimmt“, verweist Klepper auf den Flughafen-Förster, der durch den hinterlassenen Kot der Schafe und Ziegen eine Nahrungsquelle für Stare und andere Vögel sieht – diese könnten die Gefahr eines Vogelschlages auf der Landebahn erhöhen. Das Monitoring des Projekts übernimmt Christina Kohlbrecher vom Landschaftspflegeverband Kreis Groß-Gerau, sagte Klepper. Schafe und Ziegen bevorzugen nämlich unterschiedliche Pflanzen, mittels der Zusammensetzung kann das Beweiden entsprechend gesteuert werden.
„Wir haben jetzt mal nach unserer Einschätzung des Bewuchses so rund 100 Schafe und 20 Ziegen im Einsatz. Wenn wir erkennen, dass es kaum noch Gras aber dafür noch viele Brombeeren oder junge Bäume gibt, dann müssen wir die Zusammensetzung ändern – also weniger Schafe“, erklärte Landwirt Philipp Rübsamen, der mit Schäfer Pascal Berg. Beide führen den Sonnenhof bei Hofheim-Langenhain und sind in Sachen natürliche Landschaftspflege mittlerweile recht erfahren. „Wir hoffen, dass die Schafe noch Geschmack an der Heide finden, denn die ist für sie ziemlich neu, aber diese soll auch gekürzt werden, damit sie nicht zu sehr verholzt“, so Rübsamen.
Bevor die Schaf- und Ziegenherde an den Grenzweg kam, war sie in den Schwanheimer Dünen im Einsatz. „Wir waren schon fast am ganzen südlichen Taunushang im Einsatz“, berichtete Berg. Die Aktion in Kelsterbach ist für rund zwei Monate ausgelegt und kostet die Stadt rund 15 000 Euro. „Das hörst sich zwar viel an, ist aber immer noch preiswerter als der Einsatz von Mulcher und Motorsense“, betonte der KKB-Leiter.
Interessant auch, wie die beiden Schäfer zu ihrer Berufung kamen. „Als wir noch kleine Buben waren, trieb einmal ein Wanderschäfer seine Herde durch unseren Ort und hatte zwei kleine Lämmer auf dem Arm. Diese waren von ihrer Mutter verstoßen worden“, schilderte Rübsamen die erste Begegnung. „Der Schäfer hat sie uns geschenkt und wir haben sie mit der Flasche aufgezogen – diese Begeisterung für die Schafe hat uns nicht mehr losgelassen“, bestätigte Pascal Berg den Einstieg in die Schäferei. „Was andere nicht mehr gerne machen, denn es ist doch schon viel Arbeit“, so Rübsamen. Ihnen habe die Arbeit viel gegeben, und so seien sie zu immer mehr Schafen und dann auch noch Ziegen gekommen. Jetzt teilen sich die beiden die Arbeiten auf dem Sonnenhof und auf den Weideflächen, wobei sie von ihren Hunden Cid und Anna unterstützt werden.
Für Spaziergänger gilt: Die eingezäunten Tiere dürfen gerne besucht, aber nicht gefüttert werden. Hunde sollten angeleint und allgemein Abstand zum Elektrozaun gehalten werden. VON LEO F. POSTL

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