Interkulturelle Community „Über den Tellerrand“ bereitet für Diabetiker geeignete Gerichte zu

Trotz Zuckerkrankheit das kulinarische Leben genießen

Diese Damen haben sichtlich Spaß beim gemeinsamen Kochen mit „Über den Tellerrand“: Sara Gouhar, Ingrid Stein und Marion Zossolo (von links). Foto: Koslowski

Kelsterbach – Etwa 7,2 Prozent der Erwachsenen im Alter von 18 bis 79 Jahren sind laut des Bundesministeriums für Gesundheit an Diabetes mellitus erkrankt. Davon sind 90 bis 95 Prozent vom Typ-2-Diabetes betroffen, heißt es weiter. Jetzt hat die interkulturelle Community „Über den Tellerrand“ im Rahmen ihrer gemeinsamen Veranstaltungen zu einem Kochen für Diabetiker eingeladen. 

Hintergrund ist die Diagnose einer regelmäßigen Teilnehmerin an den Kochveranstaltungen, erzählt die Sprecherin Rheinhild Kleinlein. Für Menschen mit Migrationshintergrund sei es aufgrund mangelnder Deutschkenntnisse häufig schwierig, die Krankheit zu erfassen, Informationen zu bekommen, mit der Erkrankung zu leben. Deshalb sei in der Gruppe überlegt worden, zu einem Kochabend für Diabetiker einzuladen. 
Die Betroffenen sollten die Gelegenheit haben, sich über die Krankheit auszutauschen. Und wo lässt es sich ungezwungener reden, als am Herd und beim Essen? Ein Fachvortrag war nicht gewünscht, eben weil durch mangelnde Sprachkenntnisse der Inhalt nicht bei allen Teilnehmern angekommen wäre, äußert Kleinlein die Bedenken. „Beim Kochen begegnen sich die Menschen auf Augenhöhe“, nennt sie den Vorteil, den die Gemeinschaft in der Küche bietet.
So stehen also beim jüngsten Kochabend am Dienstag 20 Teilnehmer in der Küche der Integrierten Ganztagsschule, von denen rund zwei Drittel mit Diabetes leben müssen. Einige Teilnehmer brachten Rezepte für ein leckeres Menü mit. 
Es soll Harira, eine traditionelle Suppe der nordafrikanischen Küche mit Kartoffeln und Kichererbsen, mit der Muslime das Fastenbrechen beginnen, serviert werden. Es gibt Zaalouk, ein marokkanischer Salat mit frittierten Auberginen. Parmesankräcker klingen ebenfalls sehr lecker. Das Saatenbrot wird ohne Mehl und Hefe, sondern aus Mehl und Ölsamen zubereitet. Kookoo Sabzi ist ein afghanischer Kräuterquark. Außerdem wird Ful Medames, ein arabisches Gericht mit Saubohnen, zubereitet. Bibimbap, ein koreanisches Gemüsegericht mit schwarzem Reis, klingt ebenfalls verlockend. Chia Quark wird aus Avocados zubereitet. Und schließlich Hähnchencurry als Hauptgericht. 
In den Rezepten finden sich auch Zutaten, die eigentlich vermieden werden sollten. Zum Beispiel frittierte Auberginen. Aber, betont Kleinlein, es würden hier nur sehr kleine Mengen verkocht und in kleinen Portionen serviert. 
Nour Charabati lebt mit Diabetes-Typ-1, wie übrigens auch ihr Mann. „Es gibt keine bestimmten Rezepte für Diabetiker“, schildert sie ihre Wahrnehmung. „Wir kochen einfach immer gesund“, sagt sie weiter. Auf ein paar Regeln sollten Diabetiker am Ende doch achten. Zu viele Kohlenhydrate sollten sie eher vermeiden oder zumindest nur Mahlzeiten mit hochwertigen – sprich komplexen Kohlenhydraten zubereiten. Diese werden nämlich langsamer verdaut, was zu einem gleichmäßigeren Anstieg des Blutzuckerspiegels führt. Die Syrerin berichtet, dass sie nur sehr wenig Reis und Kartoffeln isst. Diese zwei Lebensmittel enthalten zwar auch komplexe Kohlenhydrate, können aber in größeren Mengen den Blutzuckerspiegel schnell erhöhen. Daher kann die Reduktion dieser Nahrungsmittel in der Ernährung als Teil eines Ansatzes zur Kontrolle der Kohlenhydrataufnahme und zur Verbesserung des Blutzuckermanagements dienen.
Stattdessen bevorzugt sie Fleisch, Hähnchen und Fisch sowie viel Gemüse. Sie sagt, dass sich alle Gemüsesorten eignen. Syrer würden in ihrer Küche ohnehin viel Gemüse verkochen, weshalb sie gemüsereiche Gerichte kenne. Beim Obst sollten Diabetiker eher auf zuckerarme Sorten wie Beeren zurückgreifen und auf süße Sorten wie Bananen verzichten. 
Charabati achtet schon beim Start in den Tag auf gesunde Ernährung. Sie frühstückt wegen der Kohlenhydrate ohne Brot, backt sich Eierkuchen und isst dazu Gurken, Tomaten, Salat oder Gemüse. Auf Süßigkeiten verzichtet sie weitgehend oder muss sich Insulin spritzen. VON RÜDIGER KOSLOWSKI

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