Mörfelden-Walldorf: Heike Boomgarden referiert über das Konzept „Essbare Stadt“

Hier ist Pflücken erlaubt

Mehr Grün in die Stadt: Diplom-Gartenbauingenieurin Heike Boomgarden bringt mit ihrem Vortrag im Waldenserhof ihren Zuhörern die Vorteile einer „Essbaren Stadt“ – gemeinsames Gärtnern im öffentlichen Raum – näher. Foto: Schüler

Mörfelden-Walldorf – Obst und Gemüse mitten in der Stadt: Was sich noch vor wenigen Jahren nach einer Utopie angehört hätte, das ist inzwischen ein Erfolgsmodell. Diplom-Gartenbauingenieurin Heike Boomgarden, die sich auch als Sachbuchautorin und Expertin des SWR rund um das Thema Garten und Natur einen Namen gemacht hat, hat daran einen wichtigen Anteil. Sie gehörte zu den Pionierinnen, welche die „Essbare Stadt Andernach“ entscheidend mit auf den Weg gebracht haben. Die Stadt in Rheinland-Pfalz ist nicht nur eine der ältesten Deutschlands, sondern in den vergangenen Jahren im wahrsten Sinne des Wortes auch so richtig aufgeblüht: Als „Essbare Stadt Andernach“ ist sie zu einem Modell für andere Kommunen geworden.

Im Rahmen der „MöWandel-Wochen“ war es Mitorganisatorin Sylvia Landau-Hahn gelungen, Heike Boomgarden für einen Vortragsabend in Mörfelden-Walldorf zu gewinnen. Letztere stand im Anschluss an ihre Präsentation am Montag vergangener Woche dem Publikum noch für Fragen zur Verfügung, eine lebhafte Diskussion entstand. „Unser Ziel ist es, Bürgerinnen und Bürger zusammenzubringen und einen Wandel in unserer Stadt anzustoßen“, so Landau-Hahn über die „MöWandel-Wochen“. Gemeinsam soll über ein zukunftsfähiges Leben in der Klimakrise nachgedacht werden.
Trotz enormer Hitze war ein interessiertes Publikum in den Waldenserhof gekommen, das von Boomgardens Begeisterung für die Essbare Stadt förmlich mitgerissen wurde. Nach der kurzen Begrüßung von Landau-Hahn und Gesine May vom Treffpunkt Waldenserhof hielt Boomgarden ein flammendes Plädoyer für die Essbare Stadt, die für eine „schöne Welt“ stehe. Sie betonte, dass bewusst ein umfassendes Konzept verfolgt werde: „Gemeinsames Gärtnern verbindet.“ Daher enthalte die Essbare Stadt nicht nur ökologische, sondern auch viele soziale Aspekte. Sie sei ein Gemeinschaftsprojekt, das völlig unterschiedliche Menschen zusammenführe. Die Identifikation mit dem eigenen Quartier wachse, die Aufenthaltsqualität steige, und neue Netzwerke entstünden. Dies wirke auch Vandalismus entgegen. Der Gemeinschaftsgeist komme auch im Grundsatz „Pflücken erlaubt“ statt „Betreten verboten“ zum Ausdruck.
Zudem werden der Bezug zur und das Wissen über die Natur deutlich gestärkt. Selbst angebautes Obst und Gemüse ist gesund und kostengünstig, für viele Lebensmittel sind keine langen Transportwege nötig. Daher sei die Essbare Stadt auch ein Beitrag gegen die Klimakrise.
Bei der Essbaren Stadt sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt. Ob auf bisherigen Brachflächen oder öffentlichen Grünanlagen, an Spielplätzen, Vorgärten, Hausfassaden oder dem Balkon: Die Essbare Stadt kann überall entstehen. Aus grauen Vorstädten könnten grüne Oasen mit vielen Früchten werden, wenn der politische und gesellschaftliche Wille da sei. So können neben Obst und Gemüse auch viele Kräutersorten sowie Wild- und andere Blumen gepflanzt werden, die Insekten Nahrung liefern. Und dies wiederum ist gut für die Vogelwelt. „Die Essbare Stadt ist somit auch ein Beitrag zur Biodiversität.“ Die Artenvielfalt sei ein Kulturgut, das unbedingt erhalten werden müsse.
Ein weiteres wichtiges Argument für die Essbare Stadt: „Unsere Städte heizen sich im Sommer stark auf.“ Das effektivste Gegenmittel seien viele Stadtbäume und viel Grün, also auch die Essbare Stadt. Diese trage dazu bei, klimaschädliches Kohlendioxid zu speichern, Sauerstoff zu liefern, die Luft zu kühlen und zu reinigen, den Lärm zu dämpfen und Tieren einen Lebensraum zu geben. Zudem sei wissenschaftlich erwiesen, dass allein der Anblick von Grün in der Stadt den Menschen guttue und den Stresspegel sinken lasse. „Die Essbare Stadt bedeutet mehr Lebensqualität“, so Boomgarden. VON ALEXANDER KOCH

Weitere Informationen
Wer mehr über die Essbare Stadt erfahren will, kann sich per E-Mail an: hallo@
möwandel.de wenden oder am vierten Dienstagabend im Monat zur „MöWandel-Bar“ in den Kulturbahnhof Mörfelden kommen. 

Eigene Bewertung: Keine Durchschnitt: 5 (1 Bewertung)


X