Mörfelden-Walldorf: Corona bremst Festwirte Hausmann aus

Kein Rummel, kein Geld: Familienbetrieb denkt über mögliche Alternativen nach

EIN NEUES SCHILD FÜR DEN IMBISSWAGEN: Statt auf dem Rummel arbeiten die Walldorfer Schausteller Patrick (links) und Dennis Hausmann derzeit vor allem in ihrem Lager. Wegen der Corona-Krise wurden zahlreiche Feste abgesagt, die die beiden Brüder bewirten. (Foto: Friedrich)

Mörfelden-Walldorf (db). Werkeln im Lager statt Rummel auf der Frankfurter Dippemess: Eigentlich beginnt für sie jetzt die Hauptgeschäftszeit, doch die Corona-Krise hat die Festwirte Patrick und Dennis Hausmann ausgebremst. Denn mit der Entscheidung, aufgrund der Corona-Pandemie Großveranstaltungen bis zum 31. August zu verbieten, wurden zahlreiche Feste abgesagt, darunter der Frankfurter Wäldchestag, das Darmstädter Heinerfest oder die Haaner Kerb.

„Für uns wird es schwierig. Aber Gesundheit geht vor Geschäft, also müssen wir das Beste draus machen“, sagt Dennis Hausmann. Er repariert derzeit einen Imbisswagen und ist dabei, den Aufenthaltsraum in der Lagerhalle in Walldorf neu zu streichen. Außerdem soll dort der Boden mit Laminat verlegt werden. Seit dem Frankfurter Weihnachtsmarkt haben die beiden Schausteller-Brüder, die das Geschäft von Festwirt-Legende Eddy Hausmann 2016 übernommen haben, keine Einnahmen generiert. Üblicherweise bereiten sich die beiden im Januar und Februar auf die neue Saison vor. Buden werden repariert, neue Technik, Ausstattung und Material wie Zeltplanen, Biergartenzäune oder Dekoartikel werden bestellt. „Doch dieses Jahr waren wir mit unseren Investitionen später dran als sonst. Unser Glück, dass wir diesmal erst im März loslegen wollten, da war Corona schon ein Thema.“, sagt Patrick Hausmann. Dieses Geld hilft den Schausteller-Brüdern, die den Familienbetrieb in fünfter Generation weiterführen, nun über die Runden zu kommen. Zumindest noch. Denn alternative Einnahmequellen gibt es bislang nicht. Die Festwirt-Brüder haben allerdings zwei, drei Konzepte im Kopf, falls eine schrittweise Lockerung für Veranstaltungen kommen sollte. So könnte man, wenn etwa Biergärten öffnen dürften, ebenfalls irgendwo einen Ausschankwagen aufstellen und Gäste unter freiem Himmel bewirten.

Die zwölf festen Mitarbeiter sind alle in Kurzarbeit

Bliebe es jedoch bei den Corona-Beschränkungen wie bisher, können die Hausmanns noch bis etwa Juni durchhalten. Dann kämen sie in eine Notsituation, auch wenn es den beide gelungen ist, die Kosten ihres Betriebs weitestgehend herunterzufahren. Hauptsächliche Fixkosten entstehen durch die Versicherungen für die rund 30 Lkw-Anhänger. Doch die konnten entweder gestundet oder abgemeldet werden.
„Aber weil die Zukunft weiterhin unklar ist, werden wir demnächst wohl auch die Soforthilfe vom Land Hessen beantragen müssen“, sagt Patrick Hausmann. Die etwa zwölf festen Mitarbeiter befinden sich alle in Kurzarbeit. Da bleibt nichts übrig für die Aushilfen, die nun im April hätten kommen sollen. Deren Anzahl variiert bei den Festwirten je nach Monat. Während des Frankfurter Oktoberfestes heuern sogar über 100 Saisonkräfte bei den Festwirten an.
Die Ansichten des deutschen Schaustellerbundes, wonach Volksfeste kein größeres Infektionsrisiko böten als andere Orte, können die Brüder zumindest teilweise nachvollziehen. Beispiel Walldorfer Kerb: „Wenn man dort die Buden weiter auseinander aufbauen würde, um Platz für die Sicherheitsabstände zu gewährleisten, dann ist das nichts anderes als im Supermarkt zu stehen“, sagt Patrick Hausmann. „Dass wir uns als Festwirte umorientieren müssen ist klar. Ich kann keine 2000 Mann in ein Zelt einladen und zum Feiern animieren. Das geht einfach nicht.“
Überhaupt müsse als erstes geklärt werden, was genau eine Großveranstaltung überhaupt ist. Schließlich gebe es einen Unterschied zwischen einer Dippemess oder einer Kerb. Schon jetzt gebe es Bundesländer, die über Sicherheits- und Hygienekonzepte für Veranstaltungen bis 1000 Besucher diskutieren. „Da warten wir aber noch auf eine Aussage der hessischen Landesregierung. Bislang wird hier lediglich über Veranstaltungen bis zu 100 Besuchern gesprochen“, erklärt Dennis Hausmann.

Walldorfer Kerb könnte man räumlich entzerren

Seiner Meinung nach könne man zumindest die Walldorfer Kerb so räumlich entzerren, dass Sicherheitsabstände eingehalten werden könnten. „In Mörfelden, wäre das schon etwas anderes, weil man dort im Zentrum feiert“, sagt Patrick Hausmann. Würde man für die Merfeller Kerb einen anderen Platz finden, wäre ein Festbetrieb durchaus denkbar. „Natürlich immer unter der Voraussetzung, dass ausreichend Hygieneeinrichtungen vorhanden sind und nicht zu viele Menschen auf einmal dorthin wollen. Eventuell kann man das auch kontrollieren. Von daher sehe ich für kleine Feste keine Probleme“, sagt Dennis Hausmann. 
Eine Umzäunung sei daher ein probates Mittel, um den Zugang je nach Größe des Festes zu regeln. „Dann ist es im Prinzip nichts anderes, als ob ich in den Baumarkt oder in Kaufhaus gehe“, sagt Patrick Hausmann. Von einer bundesweit einheitlichen Entscheidung für mögliche Lockerungen für Volksfeste halten die Hausmänner allerdings nichts. „Jedes Bundesland geht anderes mit der Corona-Krise um, weil sie unterschiedlich stark betroffen sind. Demnach sollte jedes Bundesland für sich entscheiden, wann und inwieweit man Lockerungen für Veranstaltungen verantworten kann“, schildert Dennis Hausmann.

Noch sind keine Lockerungen über den 31. August hinaus in Sicht 

Volksfeste werden ohnehin nicht mehr dasselbe sein, wie vor der Corona-Krise. Wie genau ein mögliches Szenario aussehen könnte, darüber möchten die Brüder nicht spekulieren. „Da hat jeder ein anderes Bild im Kopf. Keiner weiß, was mit den Menschen passiert, wenn sie sich über einen längeren Zeitraum an Sicherheitsabstände gewöhnt haben“, sagt Dennis Hausmann. Aber noch sind keine Lockerungen über den 31. August hinaus in Sicht. Wie ein Damoklesschwert schwebt diese Unsicherheit über dem Frankfurter Oktoberfest, das vom 17. September bis 11. Oktober stattfinden würde. Es ist die größte Veranstaltung, die die Brüder bewirten. Patrick Hausmann: „Die Planungen sind erstmal auf Eis gelegt. Aber das Gute ist, dass die Partner, mit denen wir seit Jahren erfolgreich zusammenarbeiten, seien es die Musiker, die Techniker, die Ticketfirma, jeder weiß genau, was zu tun ist, und kann sofort loslegen, sobald es erlaubt ist. Wir gehen zwar davon aus, dass das Frankfurter Oktoberfest nicht stattfindet, aber solange nichts offiziell abgesagt wurde, bleiben wir in Wartestellung und denken über Alternativen nach.“

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