Ein Konzert, das vielen Leuten Mut macht

Jonas Keim, Orange Box und die ganze Stadtgemeinschaft setzen im Bürgerhaus ein Ausrufezeichen

GROSSES FINALE mit allen Beteiligten. Lichtdesigner Christian Hanno zündete dazu auch optisch nochmals ein wahres Feuerwerk. (Foto: ake)

Mörfelden-Walldorf. „Wir sind dann Helden, für einen Tag“, singt David Bowie in der deutschen Version von „Heroes“. Wer den Krebs besiegen will, muss vielleicht kein Held, ganz sicher aber ein Kämpfer sein. Bowies vor Zuversicht und Kraft sprühender Song war so genau die richtige Eröffnung und Einstimmung für das restlos ausverkaufte Mutmachkonzert.

Nachdem bei Jonas Keim 2015 eine aggressive Form von Blutkrebs diagnostiziert wurde, begann für ihn eine lange Leidenszeit. Im Krankenhaus begann er mit seinem Vater Gerd ein Konzert für die Zeit danach zu planen. Im Bürgerhaus erlebten nun mehr als 900 Besucher ein emotionales Benefizkonzert für die Krebsstation des Klinikums Darmstadt. Die abwechslungsreiche Show mit zahlreichen Gästen führte vor Augen, dass man Krebs besiegen kann und dürfte tatsächlich vielen Mut machen, die in einer ähnlichen Situation sind. 
Das Fundament des Konzerts bildeten die Musiker der Band „Orange Box“, in der Gerd Keim den Bass spielt. Krankheitsbedingt ausgefallen ist am Samstag Gitarrist Jochen Jourdan, der in Holger Münker aber eine würdige Vertretung fand. Sänger Ralf Baitinger, Schlagzeuger Andreas Feistel und Jürgen Köhler am Keyboard komplettieren die Orangen. 
Nach den ersten Songs war es dann so weit: Jonas Keim kam auf die Bühne, hängte sich sein Saxophon um und begann unter lautem Jubel des Publikums ein kraftstrotzendes Solo zu spielen. Es war einer von vielen Momenten, in denen Tränen flossen und sicher nicht nur Familie und Freunde schlucken mussten.
Während des mehr als vierstündigen Konzerts ging nicht nur der erfolgreiche Kampf gegen die Krankheit nahe, sondern auch die große Hilfsbereitschaft der Stadtgemeinschaft. „Die Helden, das seid ihr“, rief Ralf Baitinger ins Bürgerhaus. „Wir sind stolz darauf, aus Mörfelden-Walldorf zu kommen. Diese Stadt ist der Hammer.“ Dass Baitinger selbst sich das Konzert zur Herzensangelegenheit gemacht und für die Vorbereitung unglaublich viel Kraft und Zeit investiert hatte, stellte sein Organisationskollege Gerd Keim zum Ende des Abends noch einmal klar heraus.
Dass das Konzert restlos ausverkauft war, ist dabei nur ein Aspekt. Zahlreiche Sponsoren, allen voran Unternehmer Manfred Knacker, unterstützten die Veranstaltung. Außerdem arbeiteten von der Security-Firma über die Mörfelder Feuerwehr und das Rote Kreuz bis zum Cateringservice alle umsonst mit. Die Licht- und Tontechniker Christian Hanno, Fred Jung und René Papp hatten sich für eine perfekte Show ganz besonders ins Zeug gelegt und waren schon seit Mittwoch mit dem Aufbau beschäftigt.
 Einen gewaltigen Arbeitseinsatz leisteten hinter der Theke die Mitglieder des Karnevalsvereins „Sandhasen“ und sorgten so dafür, dass durch Essen- und Getränkeverkauf der Spendenbetrag für das Klinikum mächtig anwuchs. 
Im Foyer freuten sich derweil die ehrenamtlichen Mitarbeiter der DKMS über großen Andrang an ihrem Stand. Zahlreiche Besucher informierten sich dort und nutzten die Gelegenheit, um sich für eine Typisierung als Stammzellenspender anzumelden.
Auch von städtischer Seite war die Unterstützung keine Frage. Bürgermeister Heinz-Peter Becker übernahm die Schirmherrschaft und begrüßte die Zuschauer im Bürgerhaus. Jonas Keim lernte er bereits vor einigen Jahren kennen. Im Vorfeld seines Freiwilligen Sozialen Jahres in Burkina Faso sammelte der Abiturient damals Spendengelder für ein Fußballprojekt der Organisation „Kinderhilfe Westafrika“, und fragte auch im Rathaus an. Später erfuhr Becker von der lebensbedrohlichen Erkrankung. „Heute hat er es überstanden“, freute sich der Rathauschef.
Auf dem harten Weg der Genesung spielte die Krebsstation des Klinikums natürlich eine wichtige Rolle. An einen entscheidenden Satz erinnerte sich Gerd Keim besonders gut. „Du wirst wieder gesund“, sagte Oberarzt Stephan Schäfer bei einem der ersten Treffen zu seinem Sohn. Ein Satz, den die Familie verinnerlichte. „Er ist unser Held“, meinte Gerd Keim daher, als der Oberarzt mit einem guten Teil des Stationsteams auf die Bühne gerufen wurde. „Kämpfen, ab jetzt“, habe er Jonas Keim nach der Diagnose mit auf den Weg gegeben, sagte Schäfer, und der junge Mann hielt sich daran.
In der Tasche hatte der Mediziner die letzten Laborwerte. „Sie zeigen keine Spuren der Krankheit mehr im Körper“, sagte Stephan Schäfer. Und man sah unendliche Freude und Erleichterung, als das Saallicht aufblendete und der Applaus immer lauter wurde. Der schlimmste Teil der Chemotherapie ist überstanden.
Mutmachkonzert sei der wohl beste Titel für eine solche Veranstaltung, denn um Mut und Entschlossenheit gehe es beim Kampf gegen den Krebs, erklärte der Oberarzt. Alleine könne man ihn nicht besiegen, gemeinsam sehr wohl. „Wir kämpfen mit Ihnen, versprochen. Und jetzt gehe ich runter und trinke ein Bier auf Ihre Gesundheit.“ Damit dürfte Stephan Schäfer nicht alleine gewesen sein. (seb)

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