Nicht zum Ausgeben gedacht

Volumen für Kassenkredite wird auf 60 Millionen Euro erhöht

Mörfelden-Walldorf. Zumindest mit dem ersten Nachtragshaushalt steigt der Schuldenstand der Stadt nicht weiter an. Kämmerer und Erster Stadtrat Franz-Rudolf Urhahn (Grüne) rechnet weiter mit einem Defizit von 13,5 Millionen Euro. Mit den Stimmen von SPD und Grünen genehmigte das Parlament in seiner letzten Sitzung den Nachtragsetat, der vorsieht, das Volumen der Kassenkredite von 45 auf 60 Millionen Euro anzuheben. Neben CDU und FDP lehnte auch die DKP/Linke Liste den Nachtrag ab.

Die Aufstockung der Kassenkredite um 15 Millionen Euro sei lediglich ein Polster, das nicht zum Ausgeben gedacht sei, begründete Urhahn die Anhebung der Kreditlinie. Sollte ein großes Unternehmen im Gewerbegebiet überraschend pleite gehen, könnten schnell Einnahmen wegbrechen und die Stadt so in Zahlungsnot geraten, warnte er. Damit etwa die Bezahlung der städtischen Angestellten sichergestellt ist, müsse der Kreditrahmen ausgeweitet werden. Grundsätzlich seien die Kommunen unterfinanziert, weshalb immer höhere Kassenkredite notwendig würden.
Der Kämmerer erhöhe die Kassenkredite von einem Rekord zum nächsten, erklärte der CDU-Fraktionsvorsitzende Karsten Groß. Mittlerweile lebe die Stadt ein komplettes Haushaltsjahr auf Pump, so Groß weiter, bevor er die Frage aufwarf, wie lange die Banken dieses Spiel noch mitmachen würden.
Im ersten Nachtragshaushalt seien sowohl die Bettensteuer, die Haushaltssperre sowie die Anhebung der Kitagebühren nicht berücksichtigt. Außerdem bemängelte der CDU-Fraktionschef, dass die Mehrkosten für das neue Jugendzentrum und die Umgestaltung des Walldorfer Bahnhofs nicht darin auftauchten. „Der Nachtrag ist das Papier nicht wert, auf dem er steht“, so Groß abschließend.
Was die städtische Wirtschaftsförderung leiste, sei erbärmlich, ergänzte Bernd Körner von der CDU. Bei den Gewerbesteuereinnahmen sei keine Verbesserung zu erkennen. Durch die Kostensteigerung bei teuren Bauprojekten setze sich die Koalition „Denkmäler der Unfähigkeit“, sagte Körner.
„Wir brauchen einen Politikwechsel in Land und Bund, damit die Rahmenbedingungen für die Kommunen besser werden“, hielt Andrea Winkler (Grüne) dagegen. Die derzeitige Landesregierung kürze beim kommunalen Finanzausgleich und lasse die Städte allein im Regen stehen. Auch dem von der Landesregierung aufgelegten kommunalen Rettungsschirm steht Winkler kritisch gegenüber. Hier müssten erst die Verhandlungen abgewartet werden.
Laut einem Bericht des Handelsblatts seien die hessischen Kommunen in ganz Deutschland am schlechtesten versorgt und bildeten das Schlusslicht, war vom SPD-Fraktionsvorsitzenden Behnam Yazdani zu hören. Der defizitäre Haushalt liege somit nicht in der Verantwortung der rot-grünen Koalition im Stadtparlament. Im Land seien sich CDU und FDP zu fein um soziale Leistungen zu kürzen, oder Schwimmbäder zu schließen. Daher reichten sie diese Aufgabe weiter, weshalb Kommunalpolitiker nun zum Erhöhen von Gebühren gezwungen seien, erklärte Yazdani.
Die Erhöhung der Kassenkredite bewertete Gerd Schulmeyer, Fraktionsvorsitzender der DKP/LL, als die Schaffung einer neuen Rückzugslinie, falls der kommunale Rettungsschirm nicht greife. Mit Blick auf die Landespolitik sagte er, dass frühere SPD-Regierungen es den Kommunen auch nicht einfacher gemacht hätten. Dass SPD und Grüne etwa die Einführung der Schuldenbremse mittrugen, zeige, dass sie es im Land nicht besser machen würden. „Sie haben sich die Fesseln selbst angelegt, gegen die Sie nun kämpfen“, so Schulmeyer.
„Bislang hat noch keine Regierung dafür gesorgt, dass es den Kommunen gut geht“, erklärte Steffen Seinsche (FDP). Daher solle man nicht auf die Landespolitiker setzten, sondern vor Ort für eine Verbesserung arbeiten.
Alles in allem gab es während der einstündigen Debatte wenig Neues zu erfahren und so brachte es Bernd Körner auf den Punkt, als er erklärte, dass bei Haushaltsthemen seit zwei Jahren die gleichen Argumente zu hören sind. Hatte er damit wahrscheinlich vor allem die Koalition gemeint, traf er auch seine eigene Fraktion, die bei jeder Gelegenheit die Landesregierung verteidigt, die von SPD und Grünen nur zu gerne an den Pranger gestellt wird. (seb)

Eigene Bewertung: Keine Durchschnitt: 5 (1 Bewertung)

HerunterladenQR Code URL: https://www.freitags-anzeiger.de/3012


X