Schöne Facetten eines geschundenen Landes

Initiative „BuildUp“ zeigt Werke afghanischer Künstlerinnen und Künstler in der Kelsterbacher Bibliothek

Selbstbewusste Frauen in kräftigen Farben zeigen die Bilder in der Stadt- und Schulbibliothek. Dina Sadaat (Mitte) und Laila Nuri (rechts) freuen sich, die Werke von Arghawan Rawak ausstellen zu dürfen. (Foto: Koslowski)

Kelsterbach (rko). Afghanische Frauen mit buntem Kopfschmuck, Frauen, die sich entkleiden, eine Frau, nur zur Hälfte mit einer hellblauen Burka bedeckt – solche ausdrucksstarken Bilder sind Teil der Ausstellung, welche die Initiative „BuildUp“ aktuell in der Stadt- und Schulbibliothek unter dem Titel „Geheimnisse aus dem Land der Drachenläufer“ präsentiert. 

Dort sind zudem Fotografien und digitales Artwork zu bestaunen. Auch sie zeigen Frauen, aber auch Landschaftsaufnahmen und Menschen, die Vieh vor sich hertreiben. Ihnen allen gemein ist, dass sie Afghanistan sowie das Leben und die Natur des Landes vorstellen. Die gemalten Bilder stammen von Arghawan Rawik, die vor zwei Jahren wegen der Taliban aus Afghanistan geflohen ist und nun in Schweden lebt. Die taubstumme Künstlerin war die einzige der Kunstschaffenden, die bei der Vernissage in der Bibliothek anwesend war. Die übrigen zehn Künstler und Fotografen waren entweder in Afghanistan oder in Deutschland unterwegs. 

Verein möchte auch in Deutschland Hilfe zur Selbsthilfe anbieten

Die Initiative „BuildUp“ stehe kurz vor der Vereinsgründung, berichtete die Vorsitzende Laila Nuri, Lehrerin an der Integrierten Ganztagsschule Kelsterbach. Sie selbst war mit ihrer Familie im Jahr 2000 vor den islamistischen Kämpfern aus Afghanistan geflüchtet. Der Verein möchte in Entwicklungsländern die Bildung fördern aber auch in Deutschland geflüchteten Menschen Hilfe zur Selbsthilfe anbieten. 16 der aktuell 17 Mitglieder haben afghanische Wurzeln. Derzeit fokussiere sich die Hilfe auf Afghanistan. Jüngst wurden über die Initiative Schultüten für erste Klassen an Grundschulen in Afghanistan gespendet. BuildUp finanziert sich seinerseits über Spenden. 
Die Ausstellung kam über Kontakte mit Ramona Wiechmann von der Stadt- und Schulbibliothek zustande. Arghawan Rawak ist die Cousine der Co-Vorsitzenden Dina Sadaat. Sie hat bereits im Alter von zwei Jahren mit dem Malen angefangen. Die von Geburt an taubstumme Frau wolle mit ihren Bildern ihre innere Welt beschreiben, berichtete Sadaat. Bilder mit abgehängter Burka würden ein selbstbestimmtes Leben der Frauen in Afghanistan einfordern. Viele ihrer Bilder hatte sie auf der Flucht aus ihrem Heimatland mitgenommen. 

Situation der Frauen hat sich wieder verschlechtert

Mit den Fotografien und digitalen Arbeiten wollten die Künstler ihr Land abseits des Krieges zeigen, informierte Laila Nuri. „Die Künstler wollen die schönen Facetten des Landes zeigen und den Menschen Afghanistan näher bringen“, so die Vorsitzende. Nuri weiß, dass sich die Situation der Frauen in ihrem Heimatland seit dem Abzug der Nato-Truppen im Sommer 2021 und der erneuten Übernahme der Kontrolle des Landes durch die Taliban deutlich verschlechtert hat. Frauen würden systematisch aus dem gesellschaftlichen und politischen Leben ausgegrenzt. 
Erster Stadtrat Kurt Linnert zeigte sich sehr beeindruckt von der Ausstellung, „die uns ein Land präsentiert, in dem die Bevölkerung sehr viel Leid zu ertragen hat“. Er blickte auf die Situation des Landes seit dem Abzug der Nato-Truppen und wies auf den Hintergrund der Ausstellung hin.
Die Vernissage wurde eingerahmt von einem Vortrag von Zara Talash und Donjeta Saqs, die aus dem bekannten Roman „Drachenläufer“ von Khaled Hosseini vorlasen, sowie Informationen über die Künstler durch Nesam Halim aus dem Vorstand, über dessen Kontakte die Künstler in Kelsterbach ausstellen.
Die Werke sind noch bis zum 24. November zu den Öffnungszeiten der Stadt- und Schulbibliothek zu sehen. 

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