„Da musste etwas passieren“

Investor stellt Bürgern Pläne für die neue Stadtmitte am Sandhügelplatz vor

UNTEN GESCHÄFTE, darüber Wohnen: So könnte es auf dem Sandhügelplatz aussehen. (nad)

Kelsterbach. Sollte aus dem Projekt neue Stadtmitte doch noch etwas werden? Seit über zehn Jahren ist der Sandhügelplatz politisches Streitthema und sorgt für Gesprächsstoff bei den Bürgern.

2006 hätte es beinahe mit einer Bebauung geklappt, allerdings konnte der damalige Investor das Projekt dann doch nicht stemmen. Seitdem dient die Stadtmitte als Parkplatz. Die Investorengruppe Biskupek-Scheinert aus Darmstadt will dies nun ändern und rund 27 Millionen Euro in die neue Stadtmitte investieren. Dort sollen Einkaufsmöglichkeiten, Geschäftsräume und Wohnungen entstehen.
Den städtebaulichen Entwurf stellten die Stadt, der Investor und die Stadtentwickler der NH-ProjektStadt während einer Informationsveranstaltung im Fritz-Treutel-Haus vor. Dass in den letzten drei Jahren hinter verschlossenen Türen verhandelt worden war, lag laut Bürgermeister Manfred Ockel (SPD) an dem Verfahren des wettbewerblichen Dialogs und der europaweiten Ausschreibung.
Den Dialog hatte die NH-ProjektStadt begleitet. „Der Vorteil bei diesem Verfahren ist, dass die Stadt etwas bekommt, was bezahlbar ist“, erklärte Ulrich Eckerth-Beege vom NH-Fachbereich Integrierte Stadt- und Gewerbeflächenentwicklung. So konnten im Vorfeld Bieter ausgesucht werden, die vergleichbare Projekte realisiert haben und solvent sind. Nachdem im April 2013 ein Investor abgesprungen war, blieb nur Biskupek-Scheinert übrig.
Die Darmstädter Investorengruppe mit 35 Mitarbeitern entwickelt seit 30 Jahren Immobilien im Raum Darmstadt und Frankfurt. Die Stadtmitte in Kelsterbach ist laut Ulrich Scheinert eine besondere Herausforderung, da hier eine mischgenutzte Immobilie entsteht.
Auf fünf Etagen soll hier eingekauft und gewohnt werden. Im Erdgeschoss wird der Vollsortimenter Tegut auf einer Verkaufsfläche von 1200 Quadratmetern seine Waren anbieten, jedoch ohne angeschlossene Bäckerei. Denn ebenfalls im Erdgeschoss zur Mörfelder Straße hin soll ein Café mit Außenbewirtung entstehen, das unabhängig von dem Markt sieben Tage die Woche geöffnet hat. Dazu kommt ein Drogeriemarkt der Kette Ihr Platz.
Auf die durchgehende Fläche des Erdgeschosses kommen drei Riegel mit Loggien in Richtung Mörfelder Straße. Wie Architekt Thomas Tabola erklärte, ist im ersten Obergeschoss des vorderen Riegels Platz für Arztpraxen oder Büros. Außerdem soll die Filiale der Kreissparkasse von der Friedrichshöhe dort einziehen. In den restlichen Etagen sind Wohnungen mit zwei bis vier Zimmern vorgesehen. Noch nicht festgelegt ist, ob es Miet- oder Kaufwohnungen werden.
Rund 50 Parkplätze werden in einer Tiefgarage untergebracht, die über die Alte Mörfelder Straße angefahren wird. Nochmal so viele Pkw-Stellplätze gibt es im Freien. Den Außenbereich will der Investor mit Bäumen, Sitzbänken und Fahrradständern gestalten. Der Gebäudekomplex soll energetisch auf dem neuesten Stand sein. Statt in die Kanalisation wird der Regen ins Grundwasser versickern.
Um die Lärmbelästigung durch den Lieferverkehr für die Anwohner aber auch die Bewohner des Haus Weingarten gering zu halten, soll der Anlieferzeitraum stark eingeschränkt werden. Lieferungen am frühen Morgen und späten Abend sind ausgeschlossen.
Aus dem Publikum wurden Befürchtungen geäußert, dass bei möglichen Leerständen Ramschläden oder Wettbüros einziehen könnten. Laut Bürgermeister Ockel ist das Erdgeschoss jedoch als Sonderfläche definiert und lasse eine solche Nutzung nicht zu. Auch der Investor habe einen guten Ruf zu verlieren und wolle diese Immobilie behalten. „Wir wollen in Kelsterbach investieren, weil wir an die Stadt glauben. Es ist ein prosperierendes Gebiet“, versicherte Ulrich Scheinert dem Auditorium.
Dass sich der Bau des neuen Marktes negativ auf die bereits bestehenden Einkaufsmöglichkeiten am Bahnhof auswirke, wies Ockel zurück. Durch den neuen Tegut werde es eine stärkere Frequentierung geben, von der auch die anderen Geschäfte profitierten. Die neue Stadtmitte soll laut Ockel zudem als „Ankergebäude“ die gesamte Umgebung des Sandhügelplatzes aufwerten. Damit nach dem Wegzug der Sparkasse an der Friedrichshöhe keine Wettbüros einziehen, soll ein Bebauungsplan die Nachnutzung beschränken.
Bei vielen Anwesenden stießen die Pläne auf Zustimmung. „Das Angebot mit einem Supermarkt und einem Café finde ich sehr gut“, erklärte Kathrin Stelter. Da sie im Wohngebiet Länger Weg wohne, interessiere sie sehr, was mit dem Sandhügelplatz passiere. „Das ist ja derzeit optisch keine Augenweide, da musste einfach etwas passieren.“ Dass im Konzept auch Wohnungen berücksichtigt sind, sei ebenfalls gut, so Stelter. Wichtig sei jedoch, dass man bei den Parkplätzen im Freien eine Lösung finde, damit diese nicht von Autofahrern belegt würden, die den Markt dort gar nicht nutzten.
Schon am 7. Juli soll in der Sitzung des Stadtparlaments über den Entwurf des Investors abgestimmt werden. Klappt alles, könnten ab Frühjahr 2015 die Bagger rollen, die den Sandhügelplatz in die langersehnte neue Stadtmitte verwandeln.
Christian Hufgard (Piraten), kritisierte, dass der Investor den gesamten Sandhügelplatz für einen seiner Ansicht nach sehr niedrigen Preis von rund zwei Millionen Euro erhalten soll. „Es ist mir unbegreiflich, dass die Stadt dieses Filetstück so verschleudert. Für drei Grundstücke, die Teil der neuen Stadtmitte sein sollen, wurden von der Stadt vor Jahren 1,2 Millionen Euro gezahlt. Und diese Fläche macht nur ein Drittel der Gesamtfläche aus“, so der Bürgermeisterkandidat in einer Pressemitteilung.
Hufgard schlägt als Alternative zum Grundstücksverkauf ein sogenanntes Erbbaurecht vor. Dies habe den Vorteil, dass das Gelände nach Ablauf der Nutzungszeit wieder an die Stadt zurückfalle. Und der Investor müsse statt des Kaufpreises nur den Erbbauzins zahlen, sagte Hufgard. (nad)

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