Das Trinkwasser soll sauber bleiben

Stadt erhebt Einwendung gegen Kiesabbau im Langener Waldsee – Erörterung läuft

NOCH MEHR KIES möchte die Firma Sehring künftig abbauen und zu diesem Zweck auf einer Erweiterungsfläche von insgesamt 83 Hektar wichtigen Bannwald fällen. (Foto: A. Keim)

Mörfelden-Walldorf/Langen. Seit Montag läuft in Langen der Erörterungstermin zum Planfeststellungsverfahren für die geplante Erweiterung des Abbaus von Sand und Kies im Langener Waldsee. Die Firma Sehring will in den nächsten Jahren im Südosten des Waldsees Quarz- und Kiessand abbauen. Pro Jahr sollen rund eine Million Tonnen gefördert werden. Die Südosterweiterung umfasst eine Fläche von rund 83 Hektar. Um den Abbau wie geplant zu ermöglichen, muss in der Gemarkung Langen auch Bannwald fallen. Nach Auskiesung und teilweiser Wiederverfüllung ist eine Wiederaufforstung von insgesamt 51,4 Hektar geplant. Der Abbau ist auf 30 Jahre angelegt.
 

„Der Eingriff in die Natur kann schwerwiegende Folgen für Mörfelden-Walldorf haben. Aus diesem Grund erhebt die Stadt eine Einwendung“, so Erster Stadtrat Franz-Rudolf Urhahn, der bei der Erörterung vor Ort ist. Die Stadtverwaltung befürchtet, dass durch die Auskiesung die Trinkwasserversorgung gefährdet wird. Denn der südwestliche Teil der beantragten Erweiterungsfläche liegt in einer Wasserschutzzone aus der sich Brunnen speisen, die dafür sorgen, dass die Mörfelden-Walldorfer mit frischem Trinkwasser versorgt werden.
Zwar habe die Firma Sehring ein hydrogeologisches Gutachten in Auftrag gegeben und komme zu dem Ergebnis, dass die Maßnahmen zum Schutz des Grundwassers ausreichend seien. Urhahn aber bleibt skeptisch: „Es kann nicht sein, dass unser Trinkwasser möglicherweise verschmutzt wird, nur damit die Firma Sehring Profite erzielen kann. Unsere Wasserqualität ist hervorragend und das soll auch so bleiben“, betont er.
Weiter gibt der Erste Stadtrat zu bedenken, dass in der Region zu wenig unbelastetes Material vorhanden ist, mit dem die ausgehobenen Gruben wieder verfüllt werden könnten. „Da nur einwandfreies schadstofffreies Material für die Verfüllung verwendet werden kann, müssen lange Transportwege in Kauf genommen werden. Dadurch entsteht ein erhebliches Verkehrsaufkommen. Außerdem bin ich mir nicht sicher, wo dieses unbelastete Material herkommen soll und ob es überhaupt vorhanden ist“, so Urhahn.
Weiter kritisiert der Grünen-Politiker, dass man für die Erweiterung des Kiesabbaus rund 80 Hektar geschützten Bannwald fällen wolle. „Bannwald ist ein Tabu. Es ist eine absolute Frechheit, dass man überhaupt in Erwägung zieht, ihn zu roden und dann noch argumentiert, man würde ihn später wieder aufforsten, als handele es sich bei den alten Bäumen um Büsche“, sagt Urhahn. Jeder wisse, dass ein Wald nicht innerhalb eines Jahres nachwachse, im Rhein-Main-Gebiet sei schon genug Bannwald unwiderruflich vernichtet worden.
Die Pläne der Firma Sehring sehen vor, auf der Erweiterungsfläche später einen Natur- und Landschaftspark entstehen zu lassen. Auf 51 Hektar soll wieder Wald gepflanzt werden, zudem entstehen 17 Hektar Wasserfläche. Der Rest soll als Offenland gestaltet werden.
Mörfelden-Walldorfs Umweltamtsleiterin Katharina Diergarten hat sich auf dem Gebiet, das von Sehring renaturiert wird, umgesehen und ist enttäuscht. „Meines Erachtens gehen die Renaturierungsmaßnahmen schleppend voran. Bisher kann man sich noch nicht vorstellen, dass es in naher Zukunft schöner aussehen soll, als vor der Rodung und Auskiesung, wie Sehring das versprochen hat“.
Auch die Regionalversammlung Südhessen stellt sich gegen das geplante Projekt von Sehring. Im Dezember hatten deren Mitglieder beschlossen, den regionalen Flächennutzungsplan für Langen dahingehend zu ändern, dass eine Erweiterung des Abbaugebietes nicht möglich ist. Das Oberbergamt hält jedoch dagegen, dass die Firma Sehring das Recht auf ein zügiges Planfeststellungsverfahren hat, eine befristete Untersagung könne das Unternehmen gefährden.
Gegen die geplante Rodung von Bannwald spricht sich auch der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) aus. BUND-Naturschutzreferent Thomas Norgall fordert die Landesregierung zur Wiederherstellung des Rodungsverbotes für Bannwald auf. „Bannwälder sind als Erholungs- und ökologischer Schutzraum unersetzlich. Die schnelle Rückkehr zum konsequenten Bannwaldschutz muss die Zerstörung durch den Kiesabbau verhindern“.
Die zur Rodung vorgesehene Fläche am Langener Waldsee entspreche einer Größe von rund 100 Fußballfeldern in einem Gebiet, in dem bisher 192 Pflanzen- und Tierarten nachgewiesen seien. Das Gebiet stelle mit seinen alten Waldbeständen einen stark genutzten Erholungsraum dar und diene dem Schutz der Bevölkerung vor Immissionen, sowie dem Wasser- und dem Bodenschutz.
Zum Beginn des Erörterungstermins am Montag sahen sich die Vertreter des Regierungspräsidiums gleich mit mehreren Anträgen zur Aussetzung des Verfahrens konfrontiert, die jedoch abgelehnt wurden. Von daher laufen die Verhandlungen weiter. 243 Einwendungen mit insgesamt 407 Unterschriften wurden eingereicht. (ake)

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