Bei sengender Hitze wurden am Dienstag die Bauelemente mit großem Gerät und Manneskraft aneinander montiert. Was vielerorts, wo Raum fehlt, etwa für die Kinderbetreuung, eine Schnelllösung ist, ist auch hier das Mittel der Wahl: Wohncontainer. Zehn Wochen dauert es, von der Fertigstellung in der Fabrik und dem Ausbau bis zum Bezug. Drei Zimmer, Küche, Bad, rund 60 Quadratmeter Wohnfläche je Einheit entstehen derzeit im Gewerbegebiet Mörfelden. Mitte August, so die Zeitvorgabe, sollen die neuen Bewohner in die acht Containerwohnungen einziehen.
Verweildauer der Betroffenen in einer städtischen Unterkunft steigt
Obdachlosigkeit, so der Tenor beim Pressegespräch mit Ämtern und Verwaltungsspitze, habe heute ein neues Gesicht. „Das Bild vom älteren, trinkenden Mann deckt sich kaum noch mit aktuellen Problemen“, sagte Heimo Boschert, Leiter des Wohnungsamts. Hinter der Pauschalbezeichnung „Obdachloser“ verbergen sich Einzelschicksale unterschiedlichster Natur. Finanzielle Engpässe, Scheidung, ohne eine räumliche Trennung vollziehen zu können, Arbeitslosigkeit, Alleinerziehend mit Kind. Lag die durchschnittliche Verweildauer der Betroffenen in einer städtischen Unterkunft vor einigen Jahren bei drei bis sechs Monaten, sind es heute zwei bis drei Jahre. Auch anerkannte Flüchtlinge mit Familiennachzug sollen bei der Wohnungsvergabe berücksichtigt werden. Allen ist eines gemeinsam: Auf dem Wohnungsmarkt gibt es für sie keine bezahlbare Bleibe. „Es handelt sich um Bürger unserer Stadt und wir sind in der Pflicht zu helfen“, sagte Erster Stadtrat Burkhard Ziegler.
Stadt ist am Rande ihrer Kapazität
675 000 Euro nimmt die Stadt für den Ankauf der Wohncontainer in die Hand. Die Kosten könnten über die Mieteinnahmen refinanziert werden. Weitere 125 000 Euro sind für die nötige Infrastruktur in der kleinen Siedlung am Rande des Gewerbegebiets vorgesehen, wie etwa Parkplätze, Fahrradständer oder Grünflächen. Die Unterkünfte sollen dort nicht von Dauer sein, erklärte Bürgermeister Heinz-Peter Becker, zumal Wohnen im Gewerbegebiet nicht zulässig sei: „Und wir wollen natürlich keine sozialen Brennpunkte schaffen.“
Schon vor Längerem war klar, dass die Stadt am Rande ihrer Kapazität ist. „Alle unsere Unterkünfte sind so vollgestopft, dass die Kinder keine Hausaufgaben machen können“, sagte Boschert. Auf gut ein Dutzend Standorte sind Betroffene verteilt. Nun soll durch die neuen Wohneinheiten Entspannung geschaffen werden. „Jeder hat ein Recht auf neun Quadratmeter“, lautet die rechtliche Grundlage.
Aus 32 Containermodulen wurden je vier zu einer Wohnung zusammengefügt, das Ensemble ist zweigeschossig. Belegt wird nach einer Prioritätenliste: Härtefälle, etwa häusliche Gewalt, haben Vorrang. Auch sozialpädagogische Begleitung ist vorgesehen. Boschert: „Die Kinder sollen zur Schule und zum Kindergarten gehen.“ In der Zahl von 130 obdachlosen Bürgern verbergen sich etwa 35 Kinder und Jugendliche zwischen einem und 17 Jahren. „Krisenintervention Erwachsene“, hinter diesem Begriff verbirgt sich die Arbeit einer Verwaltungsmitarbeiterin, die sich explizit um diese Menschen kümmert.