Ungezwungener Austausch am Herd

Gelungener Auftakt für die neue Veranstaltungsreihe „Essen geht immer“

WIE IN EINER GROSSKÜCHE, nur deutlich entspannter: Im Kulturbahnhof wurden gemeinsam afghanische Spezialitäten zubereitet und probiert. Die Anleitung übernahm eine Gruppe Flüchtlinge. (Foto: Schwappacher)

Mörfelden-Walldorf. Im Kulturbahnhof duftete es nach frischen Kräutern und Lammfleisch. In entspannter Atmosphäre wurde an langen Tischen Gemüse klein geschnitten, Teig ausgerollt und Soßen abgeschmeckt. Angesichts der leckeren Zutaten bekam man unweigerlich Appetit auf die sechs afghanischen Gerichte. Zubereitet und serviert wurden sie bei einem gemeinschaftlichen Kochabend.

Gelegenheit zum Kennenlernen der traditionellen Rezepte boten Integrationsbüro und Kulturbahnhof, die zur Auftaktveranstaltung ihrer neuen Reihe „Essen geht immer“ eingeladen hatten. Nach und nach sollen Gerichte aus Ländern zubereitet werden, aus denen Menschen in Mörfelden-Walldorf ein Zuhause gefunden haben. „Wir haben hier 128 Nationalitäten und können also noch sehr lange kochen“, meinte Integrationsbeauftragte Anette Keim schmunzelnd. Bei der Premiere hatten Flüchtlinge die Rezepte mitgebracht, grundsätzlich ist die Reihe aber breiter angedacht. Auch Bürger etwa mit polnischem, spanischem oder einem italienischen Hintergrund sind willkommen, ihre Lieblingsgerichte vorzustellen. Hauptsache man kommt zusammen, tauscht sich aus und geht auf kulinarische Entdeckungstour.
Zum Auftakt bot es sich an, ein Land mit A zu wählen, und so suchte Anette Keim Menschen aus Afghanistan, die bereit waren, ehrenamtlich einen Kochabend anzuleiten. „Wir wollen aber nicht alphabetisch weitermachen“, erklärte Dirk Achenbach vom Kulturbahnhof. Als man sich zusammensetzte und eine Idee für eine Gemeinschaftsveranstaltung suchte, meinte er, irgendetwas mit Essen funktioniert immer. Und so stand das Konzept, das bei der Premiere voll aufging.
„Es ist toll, dass so eine Möglichkeit geboten wird, um in Kontakt zu kommen“, meinte Teilnehmer Bernd Russow ganz angetan. Während man mitkoche, entstehe automatisch ein ungezwungener Austausch.
 Dabei war Russow nicht nur neugierig auf andere Menschen, ihn interessierten auch die traditionellen afghanischen Gerichte. Denn seit 25 Jahren besucht der leidenschaftliche Hobbykoch Kurse rund ums Essen. „Das ist dann natürlich eine Gelegenheit, die man nicht auslässt“, sagte Bernd Russow.
Zwar halfen die Teilnehmer des ausverkauften Kochabends bei der Zubereitung der vier Hauptspeisen und zwei Nachtische, wenn es aber wirklich darauf ankam, waren die afghanischen Flüchtlinge gefragt, rollten Teigtaschen, mischten die richtigen Zutaten zusammen und schmeckten alles ab.
 Ein Kochbuch oder einen Zettel mit Rezepten suchte man vergeblich. Es waren alles Familienrezepte die man natürlich im Kopf habe, erklärte Banin Kazimi. „Deutsches Essen ist gut“, sagte die junge Frau weiter, und kam auf leckeren Kartoffelsalat zu sprechen. „Jedes Land hat seine eigenen Spezialitäten.“ Das Essen aus ihrer Heimat schmeckt Banin Kazimi aber doch am besten.
„Es ist toll, dass es gleich so gut läuft“, freute sich Anette Keim, als sie kurz das emsige Treiben an den Kochplatten beobachtete. Im Hintergrund lief Musik aus Afghanistan, und rings um die Tische standen kleine Gruppen, die sich unterhielten. Als alles fertig war, konnte endlich probiert werden. In Zukunft soll es pro Jahr drei bis vier solcher Termine geben. Noch steht aber kein Datum für eine Fortsetzung fest.
 Wer selbst einmal in einer größeren Runde Rezepte vorstellen möchte, kann sich unter der Nummer 06105-938773 beim Integrationsbüro melden. (seb)

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