„Ich weiß, wo ich herkomme“

Großer Andrang beim Empfang für den Silbermedaillengewinner Niklas Süle

GROSSER BAHNHOF für den Silbermedaillengewinner: Fußballer Niklas Süle wurde von seinem Heimatverein Rot-Weiß Walldorf ein toller Empfang bereitet, bei dem sich die Fans dicht an dicht drängten. Vorsitzender Manfred Knacker (rechts) befragte den 21-Jährigen nach seinen Eindrücken von der Olympiade und erzählte von dessen Anfängen bei Rot-Weiß. (Foto: Friedrich)

Mörfelden-Walldorf. Im goldenen Buch der Stadt haben sich unter anderem Karl Kardinal Lehmann und der Schriftsteller Peter Härtling eingetragen. Er sei also „in guter Gesellschaft“, sagte Bürgermeister Heinz-Peter Becker zu dem jungen Mann, der seit Donnerstag vergangener Woche in diesem Ehrenbuch steht: Niklas Süle, Silbermedaillengewinner bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro.

 Bundesligist TSG Hoffenheim, bei dem der heute 21 Jahre Fußballprofi seit der C-Jugend spielt, hatte ihm freigegeben, und so konnte „unser Olympiaheld“ (Becker) zum Empfang bei seinem Heimatverein SV Rot-Weiß Walldorf kommen. Hier wurde Süle bis 2006 fußballerisch ausgebildet, ehe er über die Stationen Eintracht Frankfurt und SV Darmstadt 98 bei der TSG ankam. 
Dicht an dicht drängten sich gut 150 Besucher im Saal des Rot-Weiß-Vereinsheims. Darunter seine erste Trainerin bei den Bambini, Waltraud Fouss. Nach dem Empfang gab Süle geduldig Autogramme, posierte für Selfies und zeigte auch seine Olympia-Medaille. Unterbrechen ließ er sich dabei nur von Landrat Thomas Will (SPD), der jetzt auch zum Gratulieren gekommen war und ihn mit einem Trikot des Kreises Groß-Gerau überraschte. 
Eingestimmt mit an die Wand projizierten Bildern aus Süles Karriere, vom Nachwuchskicker bei Rot-Weiß bis zum Nationalspieler, erfuhren die Gäste von Manfred Knacker noch mehr. Der Rot-Weiß-Vorsitzende erzählte vom Versuch des damaligen Trainers der Rot-Weiß-Förderschule, dem schmunzelnd zuhörenden Klaus Wagner, seinen Schülern Balljonglieren über Kopf, Brust, Oberschenkel und Fuß beizubringen. 
Niklas Süle, noch zu jung für dieses Sondertraining, habe sich die verzweifelten Versuche der Gruppe angeschaut: „Dann irgendwann legte er seine ständigen Begleiter – einen Fußball und eine Batman-Figur – zur Seite, trat neben Wagner, nahm sich das Leder, begann zu jonglieren und fragte: „Meinst Du das so, Klaus?“ Noch bevor Niklas eingeschult worden sei, habe er dank der Anleitung seines Vaters Georg den dreifachen Übersteiger gekonnt. 
Angesichts von so viel Talent war also absehbar, dass er es weit bringen konnte: Knacker erinnerte daran, dass Süle im Alter von erst 17 Jahren sein Bundesliga-Debüt gab. Und das nicht etwa als Auswechselspieler, sondern gleich in der Startelf. Er durchlief alle Nationalteams von der U16 bis zur U21.
 Im Olympia-Turnier stand der gebürtige Frankfurter „von Beginn an bis zum Elfmeterkrimi im Finale gegen Brasilien tadellos seinen Mann“, so Knacker: „Er versäumte keine Spielminute und verwandelte selbst einen Elfmeter souverän.“ Dieses Finale vor 75 000 Zuschauern im legendären Maracana-Stadion sieht Niklas Süle als, wie er sagte, „mit mein größtes Erlebnis.“
Aber die Ereignisse überschlugen sich. Nur ein paar Tage später berief ihn Bundestrainer Joachim Löw in den Kader der A-Nationalmannschaft, bei deren Testspiel gegen Finnland – dem Abschiedsspiel von Bastian Schweinsteiger – er sogleich debütierte. „Ich bin jetzt ziemlich kaputt“, sagte der Silbermedaillengewinner, „aber ich habe all die tollen Erlebnisse natürlich auch genossen“.
Längst haben sich internationale Spitzenvereine um den jungen Walldorfer bemüht, zuletzt – nach den Olympischen Spielen – der FC Chelsea. Aber zusammen mit seinem Berater, dem ehemaligen Nationalspieler Karlheinz Förster, und seinem Vater hatte er sich schon im August 2015 für einen Verbleib in Hoffenheim entschieden, um sich in seinem gewohnten Umfeld weiter entwickeln zu können. 
Knacker beschreibt den Einundzwanzigjährigen als „bodenständigen, geradlinigen, heimatverbundenen Menschen“. Einer, der den Arbeitskollegen seines Onkels Stefan Leskovic am Arbeitsplatz überrascht habe. Der, wenn es sein eng getakteter Terminkalender zulasse, als prominenter Gasttrainer zur Rot-Weiß-Fußballschule kommt. Was er aus tiefer Zuneigung und Dankbarkeit tue. „Ich weiß, wo ich herkomme“, sagte Niklas Süle dazu. Er komme immer wieder gerne zum SV Rot-Weiß. 
Vielleicht ja irgendwann wieder als Spieler? Die Klubverantwortlichen legten ihm einen nicht ganz ernst gemeinten Vorvertrag für die Saison 2032/33 vor. Ab 20 Einsätzen bekäme der dann 37 Jahre alte Süle eine Einsatzprämie von sagenhaften 25 Euro garantiert. Die Unterschrift steht noch aus... (dwi)

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