Waschmaschine funktioniert noch

Neue Sonderausstellung „Alles ist aus Holz“ im Heimatmuseum eröffnet

GUTES STÜCK: Walter Bracht demonstrierte den Besuchern der Ausstellungseröffnung eine der ersten elektrischen Waschmaschinen. (Foto: Sonnabend)

Mörfelden-Walldorf. Hobel, Sägen und Feilen liegen in einem Regal des Heimatmuseums Walldorf. Staunend betrachten die Besucher die unterschiedlichen Holzbearbeitungsgeräte, dazwischen auch ein Leimtöpfchen mit Pinsel vom alten Schreinermeister Karl Wilker.
Museumsleiterin Cornelia Rühlig, die gemeinsam mit Courtney Depue von der Arbeitsgemeinschaft Walldorfer Geschichte (AWG) die neue Sonderausstellung „Alles ist aus Holz“ zusammengestellt hat, freute sich über das Interesse. Sie führte die Besucher bei der Eröffnung durch das Untergeschoss des Heimatmuseums, in dem die Ausstellungsstücke sorgsam arrangiert wurden.

„Alles ist aus Holz“ sei natürlich übertrieben, sagte die Museumsleiterin, aber Holz habe bis ins 20. Jahrhundert das Leben der Bevölkerung geprägt. Mit Holz wurde geheizt, die Fachwerkhäuser wurden damit gebaut, ebenso die Erntewagen, Schubkarren und Leiterwagen. Die meisten Arbeitsgeräte im Haushalt wie auch die Inneneinrichtungen der Häuser wurden aus Holz angefertigt, und zuletzt auch der Sarg.
Die Attraktion der Schau ist sicherlich eine Waschmaschine aus dem Jahr 1925, die sogar noch funktioniert, wie Walter Bracht eindrucksvoll demonstrierte. Der Behälter erinnerte noch an die hölzernen Bottiche, in denen zuvor jahrhundertelang die Wäsche per Hand gewaschen worden war. Die ersten industriell gefertigten Waschmaschinen konnten das Wasser jedoch noch nicht erhitzen, es musste per Hand eingefüllt werden.
„Die ist ja leise“, wunderte sich eine Frau, als sich das elektrisch betriebene hölzerne Drehkreuz der Maschine in Gang setzte. Revolutionär sei diese Waschmaschine damals gewesen, erklärte Walter Bracht. Strom gab es in den Haushalten der Doppelstadt erst nach dem Ersten Weltkrieg ab 1919/20.
„Da werden Kindheitserinnerungen geweckt“, sagte eine Besucherin beim Blick in einen alten hölzernen Werkzeugschrank aus den 40er Jahren, den sich ein Walldorfer Handwerker baute, um seine Arbeitsgeräte übersichtlich aufzubewahren. „Das schönste an der Schreinerei war der Geruch“, erinnerte sich eine andere Dame.
Cornelia Rühlig wies auch auf einen alten Werkstattbesen aus der Schreinerei Wilker hin. Der Stil sei aus Fichte gefertigt, die man zur damaligen Zeit auch für Bohnenstangen verwendet habe, berichtete Karl Heinz Sopp, der Arbeitsgeräte aus den Schreinereien Wilker sowie Pons und Schmitt zur Verfügung gestellt hat. Typisch für die damaligen Besenstile aus Fichte sei die konische Form. Die heutigen Besenstile würden gedrechselt, so Sopp.
Mit viel Liebe zum Detail wurde die Ausstellung von Christina Röll gestaltet. Auf Hinweistafeln finden sich Texte zur Erläuterung. Fotos aus der damaligen Zeit, meist in schwarzweiß, gewähren einen Einblick in den Alltag.
Die Ausstellung begann vor einigen Monaten zunächst als „Projektchen“, bei dem die zahlreichen Arbeitsgeräte und Produkte der Walldorfer Holzhandwerker im Untergeschoss des Museum durchstöbert wurden, sagte Rühlig. Es wurde zwar immer arbeitsintensiver, doch die Geschichte des Holzhandwerks, die dabei zum Vorschein kam, machte die Arbeit umso interessanter, so die Museumsleiterin begeistert.
Ein wunderbarer Berater sei Ernst Schulmeyer gewesen, der sich viel Zeit genommen habe und als Fachmann (Wagner, Drechsler, Schreiner, Karosseriebauer) geduldig unzählige Details auch an praktischen Beispielen erklärte, betonte Rühlig. Es habe sehr viel Spaß gemacht und sie habe dabei viel gelernt, sagte Christina Röll, die sich von dem Projekt ebenso begeistert wie Cornelia Rühlig zeigte. „Wouner-Ernst“ Schulmeyer war auch bei der Eröffnung anwesend, gab bereitwillig Auskünfte und brachte die Besucher mit lustigen Anekdoten zum Lachen.
Um Möbel zu kaufen, gehe man heute meist zu einem der großen Möbelhäuser. Früher ließ man sich die Stücke vom Schreiner anfertigen, der sein Holz im Wald kaufte, wenn die frisch gefällten Baumstämme im Winter zur Versteigerung angeboten wurden. In den 30er Jahren gab es in Walldorf sechs Schreinereien, die nicht nur Möbel sondern auch Fenster und Türen anfertigten. Später wurden in den Schreinereien nicht nur selbstgefertigte Möbel, sondern auch fertiges Mobiliar auswärtiger Möbelfabriken verkauft.
Inzwischen kann sich kaum noch jemand leisten, Vollholzmöbel individuell anfertigen zu lassen. Dadurch schwinde leider auch das Bewusstsein und das Wissen um das Schreinerhandwerk, bedauerte Rühlig. Daher lohnt es sich, die Ausstellung, die dauerhaft im Walldorfer Museum in der Langstraße während der Öffnungszeiten sonntags und donnerstags von 15 bis 18 Uhr zu sehen ist, zu besuchen. (ine)

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