Als Waldensertum sichtbar wurde

Freudenfeuer auf dem Kirchplatz erinnert an die Erlangung der Religionsfreiheit

MIT EINEM FREUDENFEUER erinnerte die Walldorfer Gemeinde an die Erteilung der bürgerlichen Rechte und Privilegien für die Waldenser am 17. Februar 1848. (Foto: Schwappacher)

Mörfelden-Walldorf. Auf der ganzen Welt erinnern Waldensergemeinden in diesen Tagen an den 17. Februar 1848. An diesem Datum erhielten die Gläubigen in den Tälern des Piemont die bürgerlichen Rechte und Privilegien zugesprochen. Auch die Walldorfer Gemeinde rief das wichtige Ereignis mit einem Freudenfeuer in Erinnerung. 

Am Sonntagabend hatte man dafür auf den Kirchplatz eingeladen, wo Dieter Tron eine Feuerstelle vorbereitete. Funken flogen, es knisterte und knackte. Die lodernden Flammen sorgten gleich für eine besondere Atmosphäre und stimmten auf die Andacht ein.
Grüße aus der italienischen Partnerstadt Torre Pellice überbrachte Marion Meffert-Kreß, Vorsitzende des Ausschusses Waldensertum in der evangelischen Kirchengemeinde. Die Gemeinde südwestlich von Turin gilt als der Hauptort der Waldenserbewegung, weshalb der 17. Februar hier besonders groß gefeiert wird, berichtete Meffert-Kreß. Die Freudenfeuer seien in den Tälern weithin sichtbar. Aber auch an vielen anderen Orten werde an die Erteilung bürgerlicher Rechte erinnert, weshalb dieses Datum Waldenser weltweit verbinde.
Die Emanzipation der Glaubensgemeinschaft sei damals längst keine Selbstverständlichkeit gewesen, betonte Pfarrer Jochen Mühl. Über 700 Jahre seien die Waldenser verfolgt und unterdrückt worden, durften ihren Glauben nicht öffentlich leben. „Erst dann sind sie aus dem Verborgenen gekommen.“ 
Dies hatte zur Folge, dass nun Kirchen, Fakultäten, Kinder- und Seniorenheime gebaut wurden, so Mühl weiter. Das Waldensertum war damit plötzlich sichtbar, auch wenn es mit der religiösen Gleichstellung noch dauern sollte. Die heutigen Freudenfeuer symbolisierten den Schritt aus dem Verbogenen, zum offenen Glaubensbekenntnis, sagte der Pfarrer zum Schluss der Andacht. Gemeinsam ging es dann in die Kirche, wo das historische Ereignis von 1848 mit einer Predigt und dem Abendmahl nach waldensischer Tradition begangen wurde. 
Den Gottesdienst begann Mühl mit Gedanken zur aktuellen Winterolympiade, für die sich der Pfarrer nicht recht begeistern kann. Die Großveranstaltung habe einen zu kommerziellen Charakter, und das Doping im Profisport verderbe einem den Spaß. 
Dennoch zeigte sich Mühl beeindruckt von der großen Disziplin und Willensstärke der Athleten, für die er Entsprechungen im Glauben suchte. Dabei führte er die Barben an. Von der Bevölkerung ernährt und unterstützt, habe die waldensischen Wanderprediger eine große Opferbereitschaft und Zielstrebigkeit ausgezeichnet. Als Botschafter des Glaubens seien sie Laien gewesen, gleichzeitig aber auch religiös gebildete Profis. 
Weiter schilderte der Pfarrer die Auswirkungen der Verfolgungsgeschichte für die Waldenser. Noch heute wirke das damals Erlittene nach, weshalb ihr Einsatz für Gerechtigkeit sowie das soziale Engagement die Glaubensgemeinschaft auszeichneten. „Die Waldenser haben nicht vergessen, dass sie selbst einmal verfolgte Flüchtlinge waren“, sagte Mühl. 
Angesichts von Kriegen, Terrorismus und Unterdrückung dürfe man heute nicht die Menschen vergessen, die aufgrund ihres Glaubens verfolgt und bedroht werden, betonte der Pfarrer. (seb)

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