Vordergründig ohne jede Aussage

Konstruktivismus prägt die neue Ausstellung in der Kommunalen Galerie

FORMEN UND FARBEN: Die Werke von 15 Künstlern sind seit Samstag in der Kommunalen Galerie in der Stadthalle zu sehen. (Foto: Schwappacher)
Mörfelden-Walldorf. Durch Zufall entstandene Gemälde, monochrome Werke und Objekte, die vom Lichteinfall leben: Linde Hollinger zeigt seit Samstag konstruktivistische Arbeiten von fünfzehn Künstlern ihrer Galerie. Die von geometrischen Formen und gleichmäßigen Farbflächen geprägte Ausstellung ist noch bis zum 20. April in der Kommunalen Galerie in Walldorf zu sehen.
„Mit vier Jahren habe ich mir gedacht, dass ich Künstlerin werde“, berichtete Hollinger bei der Vernissage im Gespräch mit Bürgermeister Heinz-Peter Becker. Schon früh habe es sie begeistert, durch Malerei und Farbgebung etwas auszusagen. Wenn die Kunst nicht zu ihrer Profession geworden wäre, hätte sie es wohl in der Politik versucht, erklärte die Galeristin lachend. Schließlich gehe es auch dort darum, Position zu beziehen. 
Aus der Ochsentour durch Parteigremien wurde nichts. Hollinger entschied sich für ein Studium an der Stuttgarter Akademie für bildende Künste. Ihre in der Kunstszene gesammelten Kontakte nutzt sie seit 1990 als Galeristin. Aktuell vertritt sie rund 60 Künstler, von denen viele internationales Renommee genießen. 
„Der Konstruktivismus ist ganz für den geistigen Gebrauch geschaffen“, sagte Hollinger. Auch wenn abstrakte und gegenstandslose Momente klar dominierten, vermittelten die Werke etwas Sinnliches. „Es soll vordergründig nichts ausgesagt werden. Jeder kann darin sehen, was er möchte“, umriss Hollinger die Gemeinsamkeiten der gezeigten Werke, die durch verschiedenste Techniken entstanden.
Gleich beim Betreten der Galerie fällt das Werk von Nicholas Bodde ins Auge. Ein großes kreisrundes Gemälde ist von bunten, kräftigen Linien durchzogen. Erst wenn man ganz nah herantritt, zeigen sich unterschiedliche Strukturen, die durch Klebe- und Tupftechniken sowie das Aufspritzen der Farben entstanden.
Einen anderen Ansatz verfolgt Vera Molnar, die als Pionierin der digitalen Kunst gilt und schon seit den späten 60er Jahren mit Computern arbeitet. Bei ihrer Bilderserie gab sie nur einzelne Punkte vor, die ein Computer später mit schwarzen Verbindungslinien verknüpfte. Auf diese Weise entstehe etwas wirklich Zufälliges, das nicht durch Denkmuster beeinflusst sei, führte Hollinger aus. 
Um Licht und Reflexionen geht es bei dem Objekt von Werner Bauer. „Man muss sich um sein Werk herum bewegen“, forderte Hollinger bei ihrer kleinen Führung auf. Durch die Anordnung des transparenten Plastiks ist von allen Seiten ein anderer Lichteinfall zu beobachten. 
Gleich neben Bauers Objekt hängen lange Leinwände, die Axel Malik mit einer Art Hieroglyphen beschrieb, in denen jeder Betrachter etwas anderes zu erkennen meint. „Es sind Fingerabdrücke, die Malik in einem hohen Tempo zeichnet“, so Hollinger.
Unter dem Begriff „Broken Stuff“ sind alle Werke von Reiner Seliger zusammengefasst. In der Kommunalen Galerie sind Glasröhren zu sehen, die Seliger mit zerstoßener Kreide füllte. Jede Röhre ist in einer kräftigen Farbe gehalten. In welcher Kombination man die Arbeiten aufhänge, spiele dabei keine Rolle, erklärte Hollinger. Auch hier tue der Zufall seinen Dienst.
Bei einer geplanten Exkursion in Hollingers Galerie in Ladenburg sollen weitere Eindrücke gesammelten werden. Ein Termin steht noch nicht fest, Anmeldungen nimmt die Kommunale Galerie aber bereits entgegen. Die Ausstellung in Walldorf endet am 20. April um 18.30 Uhr mit einem Blues- und Jazzkonzert von Yannik Schiffner und seiner Band. Die gut besuchte Vernissage wurde musikalisch von Anke Schimpf am Saxophon begleitet. (seb)
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