Viele Anwohner sind genervt

Tizianplatz ist ein Treffpunkt für Trinker – mit entsprechenden Begleiterscheinungen

DIE HÄSSLICHE SEITE des Tizianplatzes: Alkoholkonsum und seine Folgen gehören zum alltäglichen Bild. (gk)

Mörfelden-Walldorf. Eine handgreifliche Auseinandersetzung am Tizianplatz ließ die Polizei mit mehreren Einsatzkräften anrücken. Was am Freitagvormittag als Streit zwischen zahlreichen Beteiligten gemeldet wurde, entpuppte sich schließlich als Rangelei um ein paar Bierdosen. Die Szene zeigt aber gut, mit welchen Problemen Stadtverwaltung und Polizei am Tizianplatz zu kämpfen haben.

Nahezu täglich treffen sich hier kleine Gruppen und leeren gemeinsam so manche Bierdose und Schnapsflache. Müll wird achtlos liegen gelassen, die Notdurft in Büschen oder in Gebäudenischen verrichtet, und mitunter läuft lautstarke Musik. Wer hier unterwegs ist, kann sich von den teils stark Alkoholisierten schnell eingeschüchtert und bedroht fühlen. 
Die Polizei zeige daher auch täglich Präsenz, berichtet der Leiter der Polizeistation, Achim Romig. Bisher gebe es aber keine Meldungen, dass Passanten angegangen wurden. Wenn es zu Streit und Auseinandersetzungen komme, dann innerhalb der Gruppen. Aber auch das halte sich in Grenzen, so Romig im Gespräch mit dem Freitags-Anzeiger.
Der Erste Polizeihauptkommissar macht weiter deutlich, dass die Beamten letztlich wenig ausrichten können, denn Trinken in der Öffentlichkeit sei nicht verboten. Und wenn es wie bisher kleinere Streitigkeiten gebe, erteile man einen temporären Platzverweis. Viel mehr ließe sich nicht machen.
Anders sähe es aus, wenn ein Alkoholverbot am Tizianplatz gelten würde, sagt Romig. Dieses müsse dann mit verstärkten Einsätzen durchgesetzt werden, führe aber wohl nicht zu einer wirklichen Lösung. Denn durch ein solches Verbot verdränge man die Trinker nur an andere Orte. 
Die Szenerie am Tizianplatz ist nicht neu, viele Anwohner sind davon genervt, zumal besonders in der wärmeren Jahreszeit oft bis spät in die Nacht hinein getrunken und gelärmt wird. Auch ist zu hören, dass sich Kinder und Jugendliche nicht mehr an Betrunkenen vorbei zu ihren Arztterminen trauten. Bei schlechtem Wetter ist zudem mindestens ein Wartehäuschen an der Bushaltestelle für Fahrgäste nicht nutzbar, weil sich diese Klientel dort breit macht.
Ein Geschäftsinhaber beschwert sich in einem offenen Brief über den täglichen Krach und Dreck und verweist darauf, dass der Tizianplatz einer der wichtigen öffentlichen Plätz in der Stadt ist, nahe am Bahnhof gelegen, mit Arztpraxen, Volkshochschule, einer Apotheke, Geschäften und der Post als Anliegern. Ein solcher Platz sollte entsprechend gepflegt sein, findet er.
Bei der Stadt hat man bereits reagiert, berichtet der Leiter des Sozialamts, Heimo Boschert. Nachdem der Streetworker und mehrere städtische Mitarbeiter vor Ort das Gespräch gesucht hatten, ist die Sitzbank am Eingang zur Unterführung versetzt worden. Hier traf sich zuletzt regelmäßig eine Gruppe, die laut Boschert auch einsichtig war. „Sie haben verstanden, dass die Situation anderen Menschen Angst machen kann.“ Gemeinsam entschied man, die Bank hinter der Buswendeschleife aufzustellen. „Das ist natürlich keine Lösung für das gesamte Problem“, räumt Boschert ein. 
Wie der Polizeichef sieht aber auch der Sozialamtsleiter keinen einfachen Weg, um die Situation schnell und grundlegend zu verändern. Daher wolle man weiter das Gespräch suchen.
Demnächst soll es einen weiteren Ortstermin mit Polizei und Stadt geben, kündigt Achim Romig an. Grundsätzlich seien die betreffenden Personen nicht aggressiv oder feindselig eingestellt, so der Leiter der Polizeistation weiter. Aber es sei klar, dass der Tizianplatz kein gutes Bild abgebe und sich Passanten eingeschüchtert fühlen könnten. Von einem Kriminalitätsschwerpunkt rund um den Bahnhof spricht Romig aber nicht. (seb)

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