Trostlosigkeit der Zellen wird betont

Klaus Berndt-Schmitz hat seine Fotos effektvoll auf Glas und Leinwand übertragen

KLAUS BERNDT-SCHMITZ präsentiert im Kulturbahnhof kleinformatige Fotoserien, für die er seine Motive mittels Bügelfolien auf Leinwand und Glas übertrug. Zu sehen sind Aufnahmen aus dem ehemaligen Polizeigewahrsam Klapperfeld und aus der Frankfurter Innenstadt. (Foto: Schwappacher)

Mörfelden-Walldorf. Eigentlich sollte ein ganz anderer Effekt entstehen. Mit Bügelfolie, die man normalerweise für das Bedrucken von Textilien verwendet, trug Klaus Berndt-Schmitz ein Foto auf eine Glasscheibe auf. „Am Ende sollte es aussehen wie Glasmalerei“, erklärte er schmunzelnd. Das tat es aber nicht. Stattdessen wirkte das Bild alt und zerbrechlich.

Im Kulturbahnhof ist seit Sonntag zu sehen, wie Berndt-Schmitz die ungewöhnliche Technik bei 20 Jahre alten Bildern aus der Frankfurter Innenstadt einsetzte und Aufnahmen aus dem ehemaligen Polizeigewahrsam Klapperfeld mit Bügeleisen und Folie bearbeitete. Die Ausstellung ist über die nächsten Monate zu sehen und bietet interessante wie ungewöhnliche Ansichten.
„Die Bilder sind nichts für die Ewigkeit. Sie sind vergänglich, verblassen und lösen sich wieder ab“, sagte der Fotograf während eines Rundgangs. Durch das ungleichmäßige Übertragen der Folie auf Glas oder Leinwand wirken die Motive schon jetzt in die Jahre gekommen. Die Aufnahmen aus der Frankfurter Innenstadt sind auf Glas zu sehen und schlagen kleine Blasen. Für die Klapperfeld-Bilder wählte Berndt-Schmitz Leinwand als Untergrund, worauf sich die Fotografien nicht komplett wiederfinden. Es entstandenen Kratzer, Löcher und Flecken.
Um die Aussage der Motive mit solchen Effekten noch zu unterstreichen, wählte der gebürtige Walldorfer ganz gezielt diese beiden Fotoserien aus. Wirken die langen Gänge des ehemaligen Frankfurter Polizeigewahrsams und die kargen Zellen ohnehin schon trostlos genug, betont die Bearbeitungsmethode diesen Aspekt noch zusätzlich. Die dicken Eisentüren mit Guckloch, beschmiert mit Sprüchen der Insassen, Beton und Edelstahl wirken unheimlich und entrückt. „Mich hat das alles auf eine merkwürdige Art fasziniert“, erklärte der 59-Jährige.
Als er im letzten Jahr mit Kamera und Stativ in dem Gebäude in der Nähe der Konstablerwache unterwegs war, habe er einen Blick über die Schulter geworfen und geschaut, dass niemand die Tür hinter ihm zuschlägt, berichtete der Fotograf weiter. Denn angesichts der kleinen und ungemütlichen Zellen werde einem schon etwas mulmig im Magen.
Das liegt auch an der langen und bewegten Geschichte. Ab 1886 diente es als Polizeigefängnis, später zogen die Nationalsozialisten ein, und die Gestapo brachte ihre Gefangenen in die Klapperfeldstraße. Die Amerikaner wiederum nutzten das Gebäude im Rahmen ihres Entnazifizierungsprogramms. Danach diente es der Frankfurter Polizei erneut als Gewahrsam. Während der Proteste gegen den Bau der Startbahn West saßen hier auch zahlreiche Demonstranten ein, so Berndt-Schmitz.
Über die Geschichte informiert eine Dauerausstellung der Initiative „Faites votre jeu!“, die das Gebäude aktuell als Kulturzentrum nutzt. Ein Besuch dieser Ausstellung war der Auslöser für die zwölfteilige Fotoserie.
Die andere Serie aus der Frankfurter Innenstadt wurde vor rund 20 Jahren aus der Not geboren. Für eine Ausstellung des Fotoclubs Mörfelden-Walldorf waren eigentlich Bilder von der Nordsee vorgesehen. Nach dem Entwickeln war Berndt-Schmitz aber mit den Aufnahmen unzufrieden und fuhr kurz entschlossen nach Frankfurt. Dort lichtete er das Aufstellen des Weihnachtsbaums auf dem Römer, die Zeilgalerie und den Eschenheimer Turm ab. Übertragen auf Glasscheiben wird das Alter der Aufnahmen betont.
„Das Potential der Technik ist noch nicht ausgeschöpft“, sagte Berndt-Schmitz, der schon an der nächsten Fotoserie arbeitet. Was genau er vorhat, wollte er noch nicht verraten. Aber früher oder später wird man seine Arbeiten in einer Ausstellung bewundern können. (seb)

Noch keine Bewertungen vorhanden


X