SPD, FW und FDP verwerfen Dringlichkeitsantrag von Bürgermeister Thomas Winkler

Koalition tritt bei Sanierung des Waldschwimmbads auf die Bremse

DIE MÖRFELDER FREIZEITEINRICHTUNG ist bei Erholungssuchenden weit über die Grenzen der Doppelstadt beliebt. 3000 Badegäste sind im Waldschwimmbad normal, an Spitzentagen erfrischen sich dort bis zu 6000 Besucher. (Foto: Friedrich)

Mörfelden-Walldorf (ula). Bürgermeister Thomas Winkler hat das Waldschwimmbad zur Chefsache gemacht. Und aufs Gas gedrückt. Denn die 30 Jahre alte Heizungstechnik ist so marode, dass der Kessel ausgetauscht werden muss und weitere technische Modernisierungen in diesem Zug angegangen werden sollen (wir haben berichtet). 

Kostenpunkt: 312 400 Euro, wobei 145 000 Euro Fördermittel vom Land zugesagt wurden und 60 000 Euro aus dem Klimaschutzfonds der Stadt fließen könnten. 107 000 Euro muss die Doppelstadt aus eigener Kraft stemmen, „aus den Mehreinnahmen der Gewerbesteuer“, wie Thomas Winkler vorschlägt, „aktuell sind wir bei rund 20 Millionen Euro“. Dass man zügig starten muss, um den Eröffnungstermin Anfang Mai 2020 für das Waldschwimmbad zu halten, bekräftige auch Bauamtsleiter Roger Manger: „Der Zeitplan ist bereits heute straff und beinhaltet keine Puffer für Verzögerungen.“ Doch trotz des Dringlichkeitsantrags der Verwaltungsspitze ans Stadtparlament ist die Bädersanierung nicht in trockenen Tüchern.
Die Koalition trat im Parlament auf die Bremse. Das Argument: Die prekäre finanzielle Situation der Stadt. Derzeit steht eine massive Grundsteuer B-Anhebung im Raum, um die Ausgaben 2020 zu bewältigen, ansonsten klafft ein Vier-Millionen-Loch im Etat. Mit dem Votum des Dreierbündnisses aus SPD, Freie Wähler (FW) und FDP wurde die Sanierung der Technik im Waldschwimmbad zwar angeschoben, dringlich ist es nun aber nicht mehr.

 „Wir fühlen uns durch die Vorlage des Bürgermeisters unter Druck gesetzt.“

Erst nach der Verabschiedung des Doppelhaushalts 2020/21 steht das Projekt nach Einschätzung der Koalition auf soliden finanziellen Beinen. Im Etatentwurf, den Kämmerer Burkhard Ziegler (FW) am Dienstag vergangener Woche im Parlament einbrachte, ist die Position Waldschwimmbad mit 215 000 Euro eingestellt. CDU, Grüne und DKP/LL lehnten dies ab, „das Zeitfenster ist klein, wenn erst im Dezember abgestimmt wird, kann das Bad kaum öffnen“, so René Rink für die CDU. „Wir tragen die Verantwortung für Finanzierung und Gegenfinanzierung“, hielt Brian Röcken (FDP) dagegen. „Wir fühlen uns durch die Vorlage des Bürgermeisters unter Druck gesetzt.“ Durch den Mehrheitsbeschluss der Koalition rutscht das Schwimmbad nun zeitlich nach hinten.
Dass der Haushalt, der mit einem Spitzenhebesatz bei der Grundsteuer B gedeckt werden soll, im Dezember so verabschiedet wird, ist indes ungewiss. Hier zeichnete sich unter anderem von Grünen und CDU Widerstand ab, in „schwindelerregende“ Sphären vorzudringen, um mit Mehreinnahmen der Grundsteuer B die steigenden Ausgaben zu deckeln. Durch diese Entwicklung im Hinterkopf wurde das Bad zum Zankapfel und das Parlament zum Schauplatz unschöner emotional geführter Debatten.

„Liste des Grauens“ schafft Transparenz, wo gespart werden könnte

In den kommenden Wochen ringt die Kommunalpolitik um einen genehmigungsfähigen Etat. Das Vier-Millionen-Loch könnte, wie vom Magistrat beschlossen, über den tüchtigen Dreh an der Steuerschraube gestopft werden oder durch Einsparungen. Erster Stadtrat Burkhard Ziegler hatte angesichts des schweren finanziellen Fahrwassers der Stadt in der Verwaltung um das Benennen von Einsparpotenzialen gebeten. Die verwaltungsintern getaufte „Liste des Grauens“ schafft Transparenz, wo gespart werden könnte. Betroffen sind die sogenannten „freiwilligen Leistungen“,was den gesamten Aktionsradius des Sport- und Kulturamts in vollem Umfang tangiert. Hier sind auch die Bäderbetriebe angesiedelt, die jährlich ein Defizit von 700 000 Euro verursachen.
Vor allem das Waldschwimmbad, das mit gut 500 000 Euro zu Buche schlägt. „Mir liegen unsere Badeeinrichtungen, die größten Freizeiteinrichtungen in unserer Stadt, sehr am Herzen“, sagte Kulturamtsleiter Ralf Baitinger. „Ich wäre glücklich, wenn das Waldschwimmbad geöffnet würde. Aber die Politik muss sich entscheiden, ob sie sich zwei Badestellen leisten kann.“ Eine Prüfung durch den Betriebsleiter der Bäderbetriebe Renato Ribic habe ergeben, dass die Substanz des Waldschwimmbads auch bei einer zweijährigen Schließung keinen Schaden nehmen würde. Während der grüne Fraktionsvorsitzende Richard Lehner überzeugt ist, dass die Modernisierung des Waldschwimmbads aus Gewerbesteuermehreinnahmen 2019 machbar gewesen wäre, entwarfen die Freien Wähler in der Parlamentsdebatte ein düsteres Szenario. Stephan Middelberg: „Heute Geld zu beantragen, dass den Etat 2020 belastet ist zu gefährlich. Wenn dem Haushalt nämlich nicht zugestimmt wird, können wir uns die Debatte sparen: Dann wird das Waldschwimmbad 2020 gar nicht erst geöffnet.“

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