Ein Salzkorn im Schwimmbecken

Spurenstoffe im Grundwasser als unbedenklich eingestuft – Zwei Messungen pro Jahr

ÜBER DEN HUNDSGRABEN – auch Wurzel- oder Geräthsbach genannt – gelangt mit Spurenstoffen belastetes Wasser aus der Langener Kläranlage in die Brunnen der Stadtwerke. (Foto: Schwappacher)

Mörfelden-Walldorf. Im Grundwasser von Mörfelden-Walldorf sind kleinste Mengen verschiedener Spurenstoffe entdeckt worden. Die sind winzig, bewegen sich im Nanobereich und sind erst seit kurzer Zeit überhaupt nachweisbar.

Am stärksten betroffen ist der Walldorfer Brunnen D, östlich des Wohngebiets An den Eichen. Bei den Belastungen handelt es sich unter anderem um Rückstände von Medikamenten und Pflanzenschutzmitteln. 
Die Dosierung sei allerdings so niedrig, als würde man ein Salzkorn in einem großen Schwimmbecken auflösen, erklärte Heiko Gerdes. Der Geschäftsführer des Unternehmens BGS Umweltplanung führte im Auftrag der Stadt eine Wasseruntersuchung durch und stellte die Ergebnisse im Planungs-, Bau- und Umweltausschuss vor.
Weder Grenz- noch Orientierungswerte des Umweltbundesamtes würden überschritten, betonte der Experte. Anhand von Bodenproben und Strömungsberechnungen für das Grundwasser sei man zu dem Ergebnis gekommen, dass die Spurenstoffe durch die Langener Kläranlage ins Wasser gelangten. Dort werde das gereinigte Wasser in den Hundsgraben eingeleitet, der dann durch Mörfelden-Walldorf fließt. 
Wie Bürgermeister Heinz-Peter Becker erklärte, lasse man das Wasser seit Jahrzehnten regelmäßig kontrollieren, aber erst jetzt ließen sich die Stoffe messen. In Langen sei man sich des Problems bewusst und diskutiere den Bau einer vierten Reinigungsstufe, die solche kleinen Rückstände herausfiltert. Bis diese Anlage in Betrieb gehen könnte, dauere es wohl einige Jahre, so Becker. 
Aber selbst wenn sofort keine Spurenstoffe mehr in das Trinkwasser gelangten, blieben die Messwerte wohl acht bis neun Jahre auf dem aktuellen Niveau, sagte Gerdes. „Hektik kennt das Grundwasser nicht.“ 
Als eine Möglichkeit habe man geprüft, was passiere, wenn man den am stärksten betroffenen Brunnen abschalte. In diesem Fall erhöhe sich die Konzentration eines benachbarten Brunnens, aber nur auf die Hälfte der derzeitigen Werte. Eine kostspielige Option, die wohl eine Investition von 100 000 Euro erfordere, sei der Einbau von Aktivkohlefiltern im Brunnen. 
Da die Belastungen unbedenklich seien, sprach sich der Bürgermeister gegen spezielle Filter aus. Stattdessen möchte er die Fördermengen der Brunnen anpassen und so die Konzentration senken.
Wie der stellvertretende Betriebsleiter der Stadtwerke, Robert Heislitz, erklärte, sei der Vorgang in Langen nichts Ungewöhnliches und von der Genehmigung abgedeckt. Auch in Mörfelden-Walldorf leite die Kläranlage Wasser mit Spurenstoffen ab. Eine vierte Reinigungsstufe gibt es hier ebenfalls nicht. 
Allerdings habe Mörfelden-Walldorf den Vorteil, dass keine Kommune direkt von der Ableitung des Kläranlagenwassers betroffen sei. Für die nächste Zeit kündigte Heislitz zwei Kontrollmessungen pro Jahr an. Sollte es keine Auffälligkeiten geben, reiche es aus, einmal im Jahr die Werte zu überprüfen. Zusätzlich beschäftigen sich die Stadtwerke weiter mit dem Thema, unter anderem in einer Arbeitsgruppe, bestehend aus Kollegen aus Langen sowie Vertretern der Aufsichtsbehörden.
Mit einem Antrag wollten die Grünen dennoch erreichen, dass der Magistrat mehr Druck ausübt, um unverzüglich Maßnahmen an der Kläranlage in Langen zu erwirken. Unterstützung gab es dafür lediglich von der DKP/Linke Liste. Während sich die CDU enthielt, stimmte die Koalition aus SPD, Freien Wählern und FDP gegen den Antrag. (seb)

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