Night of Light: Leuchtender Protest am Wasserturm

Veranstaltungsbranche weist auf prekäre Lage hin

Alarmstufe Rot für einen ganzen Wirtschaftszweig: Bei der bundesweiten Aktion „Night of Light“ erstrahlten im ganzen Land Gebäude in rotem Licht, um auf die finanzielle Notlage der Veranstaltungsbranche durch die Corona-Krise hinzuweisen. Auch die Doppelstadt beteiligte sich am Montag und tauchte den Wasserturm in rotes Licht. Foto: Postl

Mörfelden-Walldorf (msh) – Eine Selbstverständlichkeit war es für das Sport- und Kulturamt der Stadt Mörfelden-Walldorf sich an der bundesweiten Aktion „Night of Light“ zu beteiligen. So war der Wasserturm am Montagabend nach Einbruch der Dunkelheit komplett in Rot getaucht.

Ziel der Aktion war es, auf die durch die Corona-Pandemie stark beeinträchtige Veranstaltungsbranche hinzuweisen, in der viele Solo-Selbstständige und Freiberufler um ihre Existenz bangen.
Man werde die kommenden 100 Tage nicht überstehen, so die Einschätzung der Organisatoren der „Night of Light“. Durchaus realistisch, denn dem kompletten Wirtschaftszweig fehlt faktisch seit Mitte März die Arbeitsgrundlage aufgrund zahlreicher abgesagter Veranstaltungen, Messen, Kongresse, Theateraufführung oder Konzerte. Eine massive Insolvenzwelle erwarten die Organisatoren in den kommenden Monaten, sollten einige der Beschränkungen nicht gelockert oder die Regelungen für die Soforthilfen modifiziert werden. So haben ebenfalls am Montag in Frankfurt vor der Jahrhunderthalle diverse Showgrößen wie Mario Barth, Bülent Ceylan, Faisal Kawusi, aber auch das Magierduo Ehrlich Brothers, Badesalz, und Mundstuhl auf einer Kundgebung auf die prekäre Lage hingewiesen.
Bundesweit leiden vor allem Künstler darunter, keine Gagen oder Honorare aufgrund der abgesagten Auftritte zu erhalten, gleichzeitig aber kaum nennenswerte Soforthilfen zu erhalten, sofern sie diese überhaupt bekommen. Denn die Soforthilfen sollen vor allem die laufenden Fixkosten des Betriebs decken, Ausgaben wie Altersvorsorge, Krankenversicherung und Lebenshaltung lassen diese aber unberücksichtigt. Zudem war diese Hilfe auf drei Monate ausgelegt, jedoch ist dieser Zeitraum bereits überschritten, nennenswerte Lockerung aber noch nicht zu erwarten.
„Veranstaltungen dürfen derzeit nur unter umfangreichen, behördlichen Auflagen durchgeführt werden. Selbst Messen und kleine Events, die momentan wieder erlaubt sind, unterliegen zurzeit notwendigen und strengen Hygiene-Vorschriften. Dies führt dazu, dass Veranstaltungen insgesamt zurzeit nicht mehr wirtschaftlich durchführbar sind“, so die Organisatoren der „Night of Light“ in einer Pressemitteilung.
Dass Mörfelden-Walldorf an dieser bundesweiten Aktion teilnimmt, war keine Frage, immerhin hat die Doppelstadt mit Ralf Baitinger einen Leiter des Sport- und Kulturamts, der die Veranstaltungsbranche, sowie die Situation vieler Künstler aus eigener Musiker-Erfahrung kennt und das Mörfelder Bürgerhaus als überregional bekannten Veranstaltungsort etabliert hat. „Wir sehen die Kultur als systemrelevant an. Daher wollen wir uns mit der Teilnahme an dieser Veranstaltung mit den in der Veranstaltungsbrache tätigen Menschen, von denen auch einige in der Doppelstadt wohnen, solidarisch zeigen“, erklärte Baitinger.
Zusammen mit ihm war der Mörfelder Unternehmer Rene Papp daran beteiligt den Wasserturm in rotes Licht zu tauchen. Er ist selbstständig in der Veranstaltungsbrache und weit über die Grenzen der Doppelstadt hinaus als Techniker bei zahlreichen Veranstaltungen gefragt. Zusammen mit Baitinger veranstaltet er die Live-Stream-Reihe „Live aus dem Wohnzimmer“ (siehe auch Seite 8) seit Beginn der Corona-Beschränkungen, die das Ergebnis eines Gesprächs über die abgesagten Veranstaltungen beider Beteiligter war.
„Live aus dem Wohnzimmer mache ich, weil es meine Leidenschaft ist und es mir Spaß macht. Aber das Engagement ist ehrenamtlich, als Unternehmer hatte ich durch Corona zu 98 Prozent Stillstand“, erklärte Papp. Er war zur Einführung der Beschränkungen gerade auf einer deutschlandweiten Bank-Tour mit 18 Stationen, die in Folge der Pandemie unterbrochen und abgesagt wurde. „Da hatten wir gerade neun Stationen hinter uns. Aber auch weitere Engagements wurden ersatzlos gestrichen. Ich war beispielsweise von einem Stuttgarter Automobilhersteller für eine Auto-Show in den USA gebucht“, berichtet Papp. „Die Initiative ‚Night of Light’ beschreibt unsere Situation recht gut, darüber hinaus gibt es noch eine emotionale Komponente, denn in unserer Branche kennen wir uns oft untereinander und freuen uns, wenn wir uns sehen. Auch diese Treffen und Kontakte fehlen mir.“

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