Neue Leiterin für den SPV Mörfelden-Walldorf

Saskia Akbari steht dem Sozialpsychiatrischen Verein vor

Die Speise- und die Kleiderkammer sind spezielle Angebote des Sozialpsychiatrischen Vereins im Zentrum Mörfelden-Walldorf. Dessen neue Bereichsleiterin ist seit Sommer Saskia Akbari. (Foto: Schüler)

Mörfelden-Walldorf (nl). Prävention, darum geht es dem Sozialpsychiatrischen Verein Kreis Groß-Gerau (SPV) in erster Linie. Auch die pädagogischen Mitarbeiter um die neue Bereichsleiterin für Mörfelden-Walldorf, Saskia Akbari, versuchen vorrangig, zu verhindern, dass aus anfänglichen psychischen Belastungsstörungen ihrer Klienten psychische Erkrankungen werden.

54 Menschen betreuen Akbari und ihre acht pädagogischen Mitarbeiter in Mörfelden-Walldorf aktuell im ambulant betreuten Wohnen. „Und wir haben stetig weitere Anfragen“, sagt die Bereichsleiterin, die ihr neues Amt bereits im Juli angetreten hatte – im nun schon zweiten Sommer unter dem Einfluss der Pandemie. „Corona ist natürlich ein großes Thema“, sagt sie denn auch. „Da ist sehr viel mit Angst verbunden.“ Wenn für Menschen, die ohnehin schon psychisch belastet sind, auch noch gewohnte Strukturen und Kontakte wegbrechen, wenn sich Ängste oder Depressionen verstärken, „dann wird es mitunter sehr schwer“.

Offene, kostenlose Beratungsstelle für Menschen in Lebenskrisen

Ganz zu Beginn der Pandemie, als noch ihre Vorgängerin, Anke Creachcadec, in Mörfelden-Walldorf aktiv war – diese wechselte 2021 ins SPV-Zentrum Rüsselsheim –, habe man zunächst vieles telefonisch abzufangen versucht, sagt Akbari. Später dann konnte auch wieder der persönliche Kontakt aufgenommen werden – unter den jeweils geltenden Hygienebestimmungen und mit vergleichsweise geringer Teilnehmerzahl. Denn neben der ambulanten Betreuung im betreuten Wohnen bietet der SPV an der Langgasse in Mörfelden auch eine offene, kostenlose Beratungsstelle für psychisch Kranke, beziehungsweise Menschen in Lebenskrisen und deren Angehörige an, samt angeschlossenem, offenem und unverbindlichen Kontakt- und Freizeitangebot.
Diese zweimal pro Woche stattfindenden Club-Treffen sind ein bewusst niedrigschwelliges Angebot in geschütztem Rahmen, bei dem immer auch eine pädagogische Fachkraft zugegen ist, wie Akbari erläutert. Im Sommer wurde da beispielsweise immer gerne mal gegrillt oder mit dem Bus zum Minigolfspielen gefahren – „das ging nun wegen Corona nicht mehr alles so“, sagt Akbari. Sie hofft aber, dass der Verein, sobald es die Witterung zulässt, auch wieder mehr draußen anbieten kann. Spezielle Angebote des SPV in der Doppelstadt sind darüber hinaus die Kleider- und die Speisekammer mit jeweils einem festen Termin pro Woche – für die der SPV aktuell dringend weitere Ehrenamtliche sucht, die montags oder dienstags vormittags mithelfen können –, sowie die Familienpaten. Letztere sind Ehrenamtler, die in der Regel einmal die Woche für zwei bis vier Stunden Familien in angespannten, schwierigen Situationen unterstützen, und sich da beispielsweise um die Kinder kümmern, sie mal mit ins Freie nehmen zu einem Spaziergang oder ähnliches.

 „Vieles ist da ja auch schamhaft besetzt“

Das Familienpatenprojekt ist eine Kooperation zwischen SPV, Kreis Groß-Gerau und dem Diakonischen Werk; wer sich als Pate engagieren möchte, wird vorher entsprechend geschult. „Der Bedarf ist enorm groß“, sagt Akbari. Und das liege nicht nur an Corona, meint sie: „Die Anforderungen, die die Gesellschaft heutzutage an Eltern stellt, werden immer höher. Dem sehen sich viele nicht mehr gewachsen.“ Durch die frühe und niedrigschwellige Unterstützung verfolge man das Ziel, die Notwendigkeit eines professionellen Hilfebedarfs zu verhindern. „Sollte dieser dennoch nötig sein oder werden, so kann der Kontakt zu dem Projekt den Zugang zu weiterführenden Hilfen schaffen, beziehungsweise die Bereitschaft der Familien erhöhen, diese anzunehmen“, sagt Akbari.
14 Jahre lang hatte die gebürtige Groß-Gerauerin bei der Caritas in Frankfurt gearbeitet, bevor sie im Sommer ihre neue Stelle als SPV-Bereichsleiterin in der Doppelstadt antrat. Auch bei ihrem früheren Arbeitgeber schon engagierte sie sich in einem Wohnverbund, beim ambulant betreuten Wohnen, allerdings mit etwas anderer Klientel, nämlich Menschen mit geistiger Behinderung beziehungsweise kognitiven Einschränkungen. Teamkoordinatorin war sie dort, später hatte sie die stellvertretende Leitung in diesem Bereich inne. „Da gab es aber auch viele Klienten mit Doppeldiagnose, insofern war mir das neue Aufgabenfeld hier nicht völlig fremd“, sagt die 45-jährige Pädagogin.
Nicht nur den Menschen im betreuten Wohnen, sondern auch all jenen, die sich an die Beratungsstelle wenden, Teilhabe an der Gesellschaft zu ermöglichen, darum geht es hier wie da. Am Anfang steht der Beziehungsaufbau. „Da muss man sehr, sehr feinfühlig, empathisch vorgehen“, sagt Akbari. „Vieles ist da ja auch schamhaft besetzt.“

Tagesstruktur als Weg zur psychischen Stabilisierung

In die Beratung kann jeder kommen, die Hemmschwelle wird bewusst möglichst niedrig gehalten. „Dann gucken wir zunächst einmal, was genau das Problem ist – kann jemand seine Miete nicht mehr zahlen, beispielsweise, ist er arbeitslos geworden oder ähnliches? – und wohin der Weg gehen könnte.“ Natürlich ist der SPV auch in ein großes Netzwerk eingebunden und kann gegebenenfalls an entsprechende Stellen weitervermitteln.
Für viele der ambulant vom SPV betreuten Klienten ist es auf dem Weg zur psychischen Stabilisierung zunächst wichtig, eine Tagesstruktur zu erstellen. Dann erarbeiten die Pädagogen gemeinsam mit ihnen einen Zielplan, wie Akbari erläutert. Dabei haben die Vorstellungen der Klienten oberste Priorität. Von besonderen Erfolgen in der Betreuung zu sprechen, „würde wahrscheinlich jeder anders sehen, je nach Standpunkt“, sagt die SPZ-Bereichsleiterin. „Familie und Umfeld haben oft andere Vorstellungen davon, wie man leben sollte. Wenn wir Menschen nicht mehr betreuen, kann dies aufgrund veränderter Lebensumstände sein, oder weil sie die Betreuung nicht mehr benötigen oder nicht mehr annehmen. Stabilisierung, und dass der Klient mit unserer Hilfe seine Angelegenheiten geregelt bekommt, seine Termine, Gesundheit und vielleicht auch Teilhabe in der Gesellschaft erreicht, auch, dass er überhaupt Hilfe annimmt: Das bedeutet für mich Erfolg in der Betreuung.“

Kontakt
SPV-Zentrum Mörfelden, Langgasse 44, z 06105 92 22 20 0; Fax 06105 92 22 20 1; E-Mail: zentrum.moerfelden[at]spv-gg[dot]de

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