Mörfelden-Walldorf: Ehepaar Treber/Frühwacht-Treber nimmt Abschied von der Hüttenkirche

„Wir bewahren das alles in unseren Herzen“

Ein Ginkgo zum Neuanfang: Wilma Frühwacht Treber und Dirk Treber werden zwar künftig 800 Kilometer weit weg auf Usedom wohnen, die Erinnerungen an Mörfelden-Walldorfer Zeiten aber nehmen sie mit. Foto: Erlenbac

Mörfelden-Walldorf – Dirk Treber und Wilma Frühwacht-Treber sind so etwas wie die Gesichter des Widerstands gegen den Flughafenausbau. Mitte vergangener Woche nun wurden beide während einer kleinen Andacht in der Hüttenkirche verabschiedet. Denn das engagierte Ehepaar zieht um auf die Insel Usedom, wo es sich ein Haus zugelegt hat.

Wilma Frühwacht-Treber war Mitbegründerin des Fördervereins Hüttenkirche und hat gemeinsam mit einigen anderen dort immer wieder Gottesdienste organisiert. Beim Widerstand gegen die Startbahn-West standen Wilma Frühwacht-Treber und ihr Mann immer in der ersten Reihe.
Zur Verabschiedung waren nicht nur Anne Moses vom Förderkreis, sondern auch Kristin Flach-Köhler vom Evangelischen Zentrum für Interkulturelle Bildung und der Umweltbeauftragte der evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Hubert Meisinger, gekommen. Meisinger ist in diesem Amt der Nach-Nachfolger des früheren Umweltpfarrers Kurt Oeser, auf dessen Initiative hin damals die Hüttenkirche mitten im Wald auf dem heutigen Gelände der Startbahn-West als Symbol des Widerstandes der Bevölkerung gegen dieses Großprojekt gebaut worden war.
Der aktuelle Gottesdienst nun stand ganz im Zeichen der Vielfalt der Menschen, denn das sei mehr als Multikulti, so Flach-Köhler. Jeder Mensch sei individuell, man müsse sich mit Menschen auseinandersetzen, auch mit sich selbst. Nach dem Gottesdienst sagte Wilma Frühwacht-Treber, der Kampf um die natürlichen Lebensgrundlagen sei damals auch ein starkes Zeichen für die demokratische Entwicklung der Bevölkerung gewesen. „Hier ist einer der Geburtsorte der mündigen Bürger“, so Frühwacht-Treber mit Blick auf die Hüttenkirche.
Christen und Nichtchristen sowie Menschen verschiedener Religionen hätten sich damals zusammengetan und dieses Zeichen des Widerstands aufgebaut. Sie habe nie gedacht, dass die Kirche auch 40 Jahre nach dem Kampf gegen die Startbahn West noch immer stehe und mit Leben gefüllt sei. „Hier kann jeder seine Stimme erheben.“ Sie wolle mit ihrem Mann jetzt all das unternehmen, was im bisherigen Leben zu kurz gekommen ist, sagte Frühwacht-Treber zum Abschluss. Sie sei froh, dass die Hüttenkirche weiter von einem Förderkreis betreut werde, und hoffe, dass sich auch junge Menschen angesprochen fühlten, mitzumachen. „Schön, dass weitergeht, was ich angefangen habe.“ Mitglieder des Förderkreises dankten dem Ehepaar für seine Arbeit in den vergangenen Jahrzehnten. Abschließend erinnerte Dirk Treber daran, welchen Druck die Kirchenoberen damals auf die Pfarrer vor Ort ausgeübt hatten, die sich mit der Protestbewegung solidarisierten und sich damit für die Bewahrung der Schöpfung einsetzten: „Damals sollten die Bürger alle Nachteile der Umweltzerstörung einfach hinnehmen, ohne vorher gefragt zu werden“, umschrieb Treber die Situation. Die Hüttenkirche sei daher immer auch ein Symbol für den Kampf um die Zukunft der Umwelt gewesen. „Wir ziehen jetzt zwar 800 Kilometer weit weg, bewahren das alles aber in unseren Herzen“, so Treber.
Die Bande zu ihrer bisherigen Heimat werden Dirk Treber und Wilma Frühwacht-Treber jedenfalls nicht abreißen lassen. Der Gemeindebrief der evangelischen Kirche jedenfalls werde ihnen nachgeschickt, berichtet Dirk Treber. Zudem könne er sich durchaus auch vorstellen, dafür regelmäßig einen Beitrag zu verfassen. Im November wird das Ehepaar die Doppelstadt endgültig verlassen. VON HANS DIETER ERLENBACH

 

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