Lichtverschmutzung: Neuer Teil der Veranstaltungsreihe „Wir und der Flughafen“

Dauerbeleuchtung hat fatale Folgen

Zwei Experten zum Thema Lichtverschmutzung: Sebastian Linzbauer (rechts) und Jan Jacob Hofmann (erste Reihe links) referierten im Rathaus Walldorf. Foto: Koch

Mörfelden-Walldorf –  Der Begriff Lichtverschmutzung bezeichnet im Wesentlichen die Aufhellung des Nachthimmels durch künstliche Lichtquellen. Das Thema ist bislang in der Öffentlichkeit wenig präsent, obwohl es so wichtig ist. Daher hatte die Stadt Mörfelden-Walldorf die Idee, die Lichtverschmutzung im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Wir und der Flughafen“ als Thema aufzugreifen. Diese wird von der Stadt in Kooperation mit der Bürgerinitiative Mörfelden-Walldorf organisiert.

Zum jüngsten Themenabend im Rathaus Walldorf am Dienstag konnten zwei Fachleute gewonnen werden, die aus unterschiedlichen Perspektiven über Lichtverschmutzung referierten, aber sich gegenseitig ergänzten: Jan Jacob Hofmann von der Klimawerkstatt Frankfurt und Sebastian Linzbauer vom Umweltmanagement der Fraport AG. Nach der Begrüßung durch Bürgermeister Thomas Winkler ging Jan Jacob Hofmann ausführlich und grundsätzlich auf das Thema Lichtverschmutzung ein.
Hofmann sagte, das nächtliche Stadt- und Landschaftsbild werde durch künstliche Beleuchtung stark verändert. Der natürliche Wechsel aus Tag und Nacht habe im Verlauf der Evolution zu vielfältigen Anpassungen im Tier- und Pflanzenreich geführt. So gebe es tagaktive, dämmerungsaktive und nachtaktive Tiere. Dauerbeleuchtungen rüttelten diesen Biorhythmus gehörig durcheinander. Hiervon seien Menschen, Tiere und Pflanzen betroffen.
Wie der Mensch, nutzen beispielsweise tagaktive Tiere die Dunkelheit der Nacht, um Ruhe und Regeneration zu finden, was durch künstliches Licht aber massiv beeinträchtigt werde. Für Vögel und Insekten, die UV-Licht sehen können, sei die Situation sogar besonders fatal. „Es gibt keine insektenfreundliche Beleuchtung“, so Hofmann. Die Vielzahl an künstlichen Lichtern seien ein Grund für das Insektensterben. Das treffe dann wiederum Amphibien, Vögel und andere Tierarten hart, die sich von Insekten ernähren. Künstliches Licht beeinträchtige je nach Tierart nicht nur die Nachtruhe, sondern auch die Nahrungs- und Partnersuche. 
Laut Hofmann gibt es viel Potenzial, unnötige Lichtquellen zu reduzieren und diese nachts abzustellen. So hält er beispielsweise Bewegungsmelder statt Dauerlicht für sinnvoll. Zudem sei es wichtig, dass Licht nach unten und nicht in den Nachthimmel leuchtet. Darüber hinaus sollten nur Lampen mit maximal 3000 Kelvin und warmweißer Lichtfarbe eingesetzt werden. Hofmann wies darauf hin, dass LED-Beleuchtung prinzipiell wegen ihrer Energieeffizienz umweltfreundlich und daher zu begrüßen sei. Doch hätten die alten Glühlampen in Bezug auf die Lichtfarbe nur warmweißes Licht gekannt. Die LED-Lampen hätten ein viel größeres Spektrum, welches aber gerade nicht ausgeschöpft werden solle.
Hofmann wünscht sich daher LED-Lampen mit warmweißem Licht. „Wir brauchen besseres Licht und nicht immer mehr Licht.“ Insgesamt sieht Hofmann in der Gesellschaft noch viel zu wenig Problembewusstsein. „Das merkt man vor allem, wenn man nachts durch ein hell erleuchtetes Gewerbegebiet fährt.“ Er beobachte vor allem die Entwicklung in Frankfurt seit vielen Jahren genau. Hier sei erkennbar, dass die Lichtverschmutzung im Allgemeinen zugenommen habe. Eine positive Ausnahme sei der Frankfurter Flughafen. Dieser habe zwar immer noch eine sehr große Dauerbeleuchtung, doch habe der Flughafen immerhin eine Trendumkehr geschafft. 
Anschließend ging Sebastian Linzbauer auf den letztgenannten Aspekt ein. Die Fraport AG habe ein Problembewusstsein für das Thema und versuche seit Jahren, überflüssige Lichtquellen sukzessive zu reduzieren. Zudem werde kontinuierlich auf LED-Lampen und sogenannte intelligente Beleuchtungstechnik umgestellt. Gerade bei der Vorfeldbeleuchtung seien in den letzten Jahren viele Verbesserungen erreicht worden. „Die Lichtemissionen am Flughafen sind rückläufig“, betonte Linzbauer. Er hob hervor, dass dieser langfristige Effekt trotz gestiegenem Flugverkehr gelungen sei. Der Flughafenbetreiber wolle diese Entwicklung fortsetzen.
Allerdings sagte Linzbauer auch, dass die Verkehrssicherungspflicht auch weiter viele Lichtquellen notwendig machen werde. Neben dem Thema Lichtverschmutzung erläuterte Linzbauer auch die Arbeit des Umweltmanagements im Allgemeinen. So wolle die Fraport die Kohlendioxidemissionen in ihrem Konzern bis 2045 auf null senken. Bis 2030 soll bereits eine deutliche Absenkung erfolgen. Der Konzern wolle Kohlendioxidemissionen nicht an anderer Stelle kompensieren, sondern diese tatsächlich reduzieren. Zudem sei in der Öffentlichkeit nur wenig bekannt, dass der Bereich zwischen den Start- und Landebahnen rund 600 Hektar Grünland umfasse. Hier hätten sich viele besondere Tier- und Pflanzenarten angesiedelt, unter anderem die Feldlerche, die inzwischen auf der Roten Liste steht. Diese Tier- und Pflanzenarten seien wiederum ein wichtiger Grund, die Lichtemissionen am Flughafen möglichst noch weiter zu reduzieren. VON ALEXANDER KOCH 

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