Ironman: Martin Hisgen und Wolfgang Rubarth finishen auf Hawaii

Triathleten vom Team Möwathlon erfüllen sich ihren Traum

Eisenmänner: Martin Hisgen (links) und Wolfgang Rubarth vom Team Möwathlon haben sich den Traum vom Ironman auf Hawaii erfüllt. Foto: Team Möwathlon

Mörfelden-Walldorf – Martin Hisgen und Wolfgang Rubarth vom Team Möwathlon haben sich einen Traum erfüllt: Die beiden Triathleten gehören nun zum erlesenen Kreis der Finisher der legendären Ironman-Weltmeisterschaft auf Hawaii. Anfang Oktober erreichte Hisgen das Ziel in 10:41:27 Stunden, sein Teamkollege benötigte für die Langdistanz 15:26:38 Stunden. Für Triathleten bedeutet Hawaii mehr als nur Sonne, Strand und Surfen: Alle Jahre findet dort der Ironman statt – der Olymp für Dreikämpfer zu Wasser, auf dem Fahrrad und zu Fuß und der härteste Wettbewerb dieser Sportart auf der Welt.

 3,8 Kilometer Schwimmen im Pazifik, 180 Kilometer mit dem Rad durch die schwarze Vulkanlandschaft und schließlich 42,2 Kilometer Marathon entlang der Küste Big Islands gilt es zu bewältigen, um sich am Ende Eisenmann nennen zu dürfen. „Man kann sich dem Mythos Ironman auf der Insel überhaupt nicht entziehen. Eigentlich bin ich bei solchen Wettbewerben entspannt, aber das war schon überwältigend“, sagt Wolfgang Rubarth, der erst 2016 zum Triathlon gefunden hat.
Doch bevor dieses Abenteuer überhaupt beginnen konnte, musste ein anderes zuvor bewältigt werden. Denn für den Ironman auf Hawaii muss man sich qualifizieren, schon vorab eine Top-Leistung abrufen. Wolfgang Rubarth ergatterte sich den Startplatz beim Ironman in Portugal mit 12:24 Stunden in der Altersklasse M 65 schon im Oktober 2021. Martin Hisgen gelang dies beim Ironman in Frankfurt, wo er Ende Juni mit 9:57 Stunden eines von sieben Tickets zog. 
Dabei spielte die Finanzierung durchaus auch eine Rolle. Die Ironman-Veranstalter haben das Rennen in diesem Jahr aufgeteilt. Damit gingen diesmal doppelt so viele Teilnehmer, statt in einem Rutsch, an zwei Tagen an den Start. In Zahlen bedeutet das: 5000 statt 2500 Startplätze, bei diesmal 1120 Dollar Startgebühr pro Athlet. Und die Anzahl der Übernachtungsmöglichkeiten auf der Insel ist begrenzt. In etwa müssen Athleten für Flug, Unterkunft und Verpflegung mit rund 10 000 Euro rechnen.
Martin Hisgen war über den ersten Möwathlon mit dem Triathlon in Berührung gekommen, eine Sportart, die den 51-Jährigen seit dieser Zeit nicht mehr losgelassen hat und in der er sich stetig weiterentwickelte – von der kurzen, sukzessive zur olympischen Distanz bis eben hin zum Ironman. „Wobei das für mich damals noch ganz weit weg war. Das schien für mich eine unvorstellbare Leistung“, so der Ausbildungsreferent bei einer Versicherung.
Mit Unterbrechungen steht seit etwa zehn Jahren die Europameisterschaft, der Ironman in Frankfurt, fest in Hisgens Veranstaltungskalender. „Hawaii hingegen war für mich eigentlich nie ein echtes Ziel“, räumt er ein. „Erst, als ich in Frankfurt 2018 in meiner Altersklasse Platz 22 erreichte und einen Qualifizierungsplatz nur um 4,30 Minuten verpasst habe, kam mir der Gedanke, Hawaii in Angriff zu nehmen, konnte mir das aber finanziell nicht vorstellen.“
Nachdem die Qualifizierung 2019 aus gesundheitlichen Gründen schiefging, im darauffolgenden Jahr noch eine Hüftoperation folgte und der Ironman schließlich wegen Corona zweimal abgesagt wurde, erhielt der 51-Jährige dann 2022 wieder die Gelegenheit, sich einen Startplatz zu sichern.
„Im Grunde bin ich direkt vom Operationstisch zurück ins Training gegangen, wobei ich den Sport eigentlich nie unterbrochen hatte.“ Mit dem Unterschied, dass er nun erstmals Unterstützung von der amtierenden Triathlon-Weltmeisterin in ihrer Altersklasse, Nicole Best aus Groß-Gerau, erhielt, und von ihr Trainingspläne auf den Leib geschrieben bekam. „Ich wollte alles daran setzen, die Qualifikation diesmal zu schaffen.“
Best ist übrigens ebenfalls Mitglied im Team Möwathlon und kümmert sich dort um das Lauftraining. Auch Wolfgang Rubarth wurde von Best mit eigenen Trainingsplänen ausgestattet. Seit Anfang des Jahres investierte Hisgen trotz seines Jobs etwa 17 Stunden pro Woche in sein Training. 
Am Ende sprang in Frankfurt Platz 9 in der Altersklasse M 50 bei 301 Teilnehmern heraus. Außerdem wurde Martin Hisgen von einer guten Freundin überrascht, die für seine Teilnahme auf Big Island eine Spendenaktion ins Leben rief und rund 3500 Euro sammelte. „Das hat extrem geholfen.“
Ein ähnliches Trainingspensum absolvierte Vereinskollege Wolfgang Rubarth mit zwischen 12 und 20 Stunden pro Woche. Wobei beiden Athleten die extreme Sommerhitze als Vorbereitung für Hawaii zugutekam. Dennoch hatten die Mörfelden-Walldorfer jeder für sich beim Rennen auf Big Island mit Schwierigkeiten zu kämpfen. 
„Schon beim Schwimmen ging es nur einfach geradeaus. Das hat gefühlt ewig gedauert. Als ich den Wendepunkt erreichte und mich auf dem Rückweg machte, wurde ich permanent so sehr durch die aufgehende Sonne geblendet, dass ich sogar etwas die Orientierung verlor“, erinnert sich Hisgen.
Auf dem Rad dann musste er mit Kopfschmerzen kämpfen – wahrscheinlich wegen der Hitze. „Dazu eine wellige, kilometerlange Strecke mit nur einer einzigen Kurve, und das ist dann wieder der Wendepunkt – das war schon die größte Abwechslung. Natürlich zieht sich dann auch der Rückweg ewig lang. Da fragt man sich schon mal, wann das Zwischenziel endlich kommt und man auf die Laufstrecke wechseln darf“, so Hisgen. 
Zum Glück verschwanden die Kopfschmerzen im Laufe des Rennes wieder. „Allerdings habe ich dadurch bewusst auf die Bremse getreten.“ Letztlich war das gedrosselte, aber konstante Tempo das Geheimnis seines Erfolges. Trotz aller Fokussierung entfährt Hisgen zwischenzeitlich auf dem Rad sogar mal ein Lächeln und ein Gefühl jenseits der Qual, vielmehr der Freude: „Dann wird einem der Moment, in dem man sich befindet, auf einmal bewusst. Man ist hier an einem geschichtsträchtigen Ort, an dem der Triathlon seinen Ursprung fand, und darf ein Teil davon sein. Da kann einem schon mal eine Träne in den Augen stehen“, sagt der 51-Jährige.
Für Wolfgang Rubarth begann das Rennen im Grunde nach Maß. Doch nach etwa 140 Kilometern machten sich die extremen Bedingungen vor Ort bei dem 66-Jährigen bemerkbar: „Ich habe massiv geschwitzt, viel Salz verloren, was ich mit meiner Ernährung leider nicht in den Griff bekommen habe“. Die Folge: „Ich bekam Krämpfe, wie ich sie noch nie hatte.“
Ein paar Salztabletten zeigten zumindest kurzfristig Wirkung, dennoch war ab diesem Zeitpunkt der Wurm drin. Rubarth: „Hätte ich die mentale Stärke, den Willen nicht gehabt, wäre das gerade bei diesen ewig lang gezogenen Strecken ein Grund gewesen, das Rennen zu beenden.“ Trotz der Widrigkeiten kamen beide Athleten verletzungsfrei ins Ziel, wo sie mit den Worten „You are an Ironman“ empfangen wurden.
Kann man so einen Wettbewerb, so ein Rennen überhaupt noch toppen? Schon beim Beobachten der Profis am Fahrbahnrand spielte Hisgen wieder mit dem Gedanken, sich der Herausforderung auf Big Island ein zweites Mal zu stellen. Aber nicht 2023, dem Projekt will er sich in zwei oder drei Jahren noch einmal widmen. „Ich mache den Sport nicht wegen der Titel, sondern weil ich ihn liebe, und finde es faszinierend, herauszufinden, wie sich der Körper den Belastungen anpasst. Man glaubt kaum, was der Körper imstande ist, zu leisten.“ 
Auch für Wolfgang Rubarth soll Hawaii kein einmaliges Abenteuer gewesen sein: „Ich habe da noch eine Rechnung offen, denn so ganz zufrieden bin ich mit meiner Zeit nicht, das kann ich besser.“ Allerdings dann erst 2026 in einer neuen Altersklasse. VON DIRK BEUTEL

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