Nach der Hochzeit geht es für Michael und Kuntinun Müller zur Corona-Impfung

Im Hochzeitsdress zur „Honeymoon-Kabine“

Zweifaches Ja-Wort: Statt ihren Impftermin zu verschieben, haben sich Kuntinun und Michael Müller nur wenige Stunden nach ihrer Hochzeit gegen Corona impfen lassen. Foto: Melchior

Mörfelden-Walldorf/Groß-Gerau – „Die Zufälle waren zu groß, das mussten wir einfach machen“, sagt Michael Müller. Nicht nur, dass der 28-Jährige und seine Frau Kuntinun am selben Tag ihre Corona-Impfungen erhalten. Richtig kurios wird es, als das Paar feststellt, dass es am Tag der zweiten Impfung auch noch den Bund fürs Leben schließen wird. 

„Das war unschlagbar, zumal wir uns an unterschiedlichen Tagen registriert hatten“, berichtet die 25-jährige Braut, die seit vier Jahren mit ihrem Mann in Mörfelden-Walldorf lebt. „Es war für uns schon von vornherein klar, dass wir an unserem Hochzeitstag nicht groß feiern“, sagt Kuntinun Müller, „also können wir dann auch unseren Impftermin wahrnehmen.“
Doch der Reihe nach: Kennengelernt haben sich der angehende Vermessungsassessor im Hessischen Landesamt für Geoinformation und Bodenmanagement und die Mediengestalterin vor sieben Jahren dank ihrer gemeinsamen Leidenschaft – dem Aikido. Michael Müller, seit rund 20 Jahren bei der SKV Mörfelden aktiv und als Jugendwart tätig, lernte seine große Liebe, die zu dem Zeitpunkt noch in Raunheim lebte, während eines Vereinslehrgangs kennen.
Verlobt hat sich das junge Paar im Februar vergangenen Jahres. Gerade zu dieser Zeit, als die Corona-Pandemie Anlauf nahm für den ersten Lockdown in Deutschland. Dennoch blieb das Paar optimistisch, plante seine Hochzeit für 10. Juli 2021 in der Kurfürstlichen Burg in Eltville. Ernsthafte Sorgen, ob ihre Hochzeit dann in irgendeiner Weise gefährdet sein könnte, kamen den beiden da noch nicht.
Als aber die Hochzeitspläne vor etwa einem halben Jahr auf die Zielgerade gehen sollten, wuchs die Skepsis. „Standesamtlich hatten wir mit etwa 20 Gästen geplant. Aber es gab von Woche zu Woche neue Beschränkungen“, sagt Michael Müller. Zwischenzeitlich wurde die Zahl der Gäste auf zehn Angehörige begrenzt, phasenweise wären sogar einzig das Hochzeitspaar und der Standesbeamte erlaubt gewesen. Im Laufe des Infektionsgeschehens merkte das Paar zunehmend, dass sich die Situation länger hinziehen werde, selbst über den Frühling hinaus. „An diese Entwicklung haben wir unsere Pläne geknüpft. Es wäre so weit gegangen, dass wir unseren Hochzeitstermin verschoben hätten. Uns war es das Wichtigste, dass wir mit unseren Familien zusammen sein können. Wir hätten nicht auf dem 10. Juli beharrt“, so Michael Müller. Und seine Frau ergänzt: „Wir wollten kein Risiko eingehen. Die Hochzeit zu verschieben, wäre für uns kein Problem gewesen, das kann man nachholen.“ Doch soweit kam es erst gar nicht. Am Ende fand der große Tag am 10. Juli mit etwa 30 Gästen statt. Einige Aikido-Freunde der SKV Mörfelden ließen es sich nicht nehmen, das Hochzeitspaar zu überraschen und in traditioneller Trainingskleidung Spalier zu stehen. Kurze Zeit später stand das frisch vermählte Ehepaar, natürlich weiterhin in Hochzeitsgarderobe, vor dem Eingang des Impfzentrums in Groß-Gerau, wo sie dessen stellvertretender Leiter, Jochen Melchior, in Empfang nahm. „Da das Paar im Vorfeld darum gebeten hatte, auch zur selben Zeit geimpft werden zu dürfen, haben wir davon erfahren und wollten ihm einen schönen Impftermin bereiten“, sagt er. Dazu gehörte es, dass die Müllers in derselben Kabine geimpft wurden. „In unserer Honeymoon-Suite sozusagen“, wie Jochen Melchior scherzhaft hinzufügt. Die Mitarbeiter überreichten ein kleines Geschenk in Form eines Herzens mit zwei Impfspritzen als Erinnerung an diesen besonderen Tag. Damit nicht genug, wurde das Brautpaar nach Ablauf der 15-minütigen Wartezeit nach der Impfung draußen mit einer Konfettikanone in eine glückliche und sorgenfreie Zukunft verabschiedet. „Mit der Impfung ist ja sozusagen der erste Schritt dazu gemacht“, sagt Melchior, bei dem zahlreiche Briefe und E-Mails landen, mit der Bitte, den jeweiligen Impftermin aus diversen Gründen verschieben zu dürfen. „Dieses Paar hätte allen Grund gehabt – und hat es trotz allem durchgezogen. Das ist ein Statement“, findet er.
„Es war uns grundsätzlich wichtig, geimpft zu werden –auch an unserem wichtigsten Tag, als Zeichen des Respekts vor der Arbeit, die die Mitarbeiter dort leisten“, sagt Michael Müller. Er und seine Frau möchten nun Ende August, Anfang September in die Flitterwochen starten. „Ursprünglich war Thailand angedacht, aber Deutschland hat ja als Urlaubsland auch viel zu bieten.“ VON DIRK BEUTEL

 

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