Er hat die Stadt nachhaltig geprägt

An Peter Klingler erinnert nun auch eine Gedenktafel an der Schweitzer-Schule

EINE GEDENKTAFEL für den Lehrer und Bürgermeister Peter Klingler enthüllten am Dienstag Hans-Jürgen Vorndran, Bürgermeister Heinz-Peter Becker, der Sohn des Geehrten, Herbert Klingler, und Landrat Thomas Will (von links) an der Albert-Schweitzer-Schule. (Foto: Schwappacher)

Mörfelden-Walldorf. Eine Straße wurde nach ihm benannt, als Bürgermeister stieß er den Bau der Steinwegschule an, die heute seinen Namen trägt, und seit Dienstag erinnerte auch eine Gedenktafel an der Albert-Schweitzer-Schule an den Lehrer, Nazi-Gegner und Bürgermeister Peter Klingler. Zusammen mit dem Initiator der Gedenktafel, Hans-Jürgen Vorndran, enthüllten der Sohn des Geehrten, Herbert Klingler, Bürgermeister Heinz-Peter Becker und Landrat Thomas Will die Tafel.

Das bewegte Leben des im September 1889 geborenen Peter Klingler ließ Vorndran am Dienstag Revue passieren und lobte den Sozialdemokraten als einen Menschen, der die Stadt als versierter Kommunalpolitiker nachhaltig prägte. Ein herausragender Baumeister des demokratischen Nachkriegsdeutschland sei Klingler gewesen, sagte Landrat Will, und attestierte ihm eine tief verwurzelte soziale Gesinnung. In zwei schwierigen Phasen habe sich Klingler als Stadtoberhaupt bewiesen und unter extremen Bedingungen den Wiederaufbau nach 1945 vorangetrieben, erklärte Bürgermeister Becker.
Peter Klingler war aber auch ein Mensch, der mit seiner Meinung nicht hinter den Berg hielt und keine Angst vor Konflikten hatte. Schon als so genannter „Schulaspirant“ fiel er wegen politischer Äußerungen auf. 1914 strafversetzte man ihn daher, wie Vorndran ausführte. Es sollte nicht das letzte Mal sein, dass Klingler mit der Obrigkeit aneinandergeriet.
Nur vier Jahre später, Klingler war in Mörfelden in der Feldschule angekommen und unterrichtete dort, wo nun eine Gedenktafel an sein Leben und Wirken erinnert, gab es Ärger mit dem Ortspfarrer Becker. Klingler unternahm auf freiwilliger Basis mit seinen Schülern einen Sonntagsausflug in ein Darmstädter Museum, was dem Pfarrer gar nicht passte.
Als Folge eines jahrelangen Streits an der Feldschule mit Rektor Spieß versetzte ihn das hessische Landesamt für Bildungswesen 1924 in den einstweiligen Ruhestand. Klingler fand zwar schnell eine neue Stelle als Lehrer, wurde aber ebenso schnell wieder in den Ruhestand geschickt, woraufhin sich einige Kollegen mit einem Schulstreik solidarisch zeigten.
„Die Mörfelder Volksschule war in der Weimarer Republik stark in Weltanschauungskämpfe involviert, wobei das politische und gesellschaftliche Leben vor allem von KPD und SPD bestimmt wurden“, erklärte Vorndran. Klingler war nicht nur überzeugter Sozialdemokrat, sondern auch einer der führenden Köpfe der Freidenkergemeinde.
Im Jahr 1919 wurde er außerdem Beigeordneter und damit Vertreter des Bürgermeisters. Bei der Wahl sechs Jahre später setzte er sich mit 55 Prozent gegen den Kandidaten aus dem bürgerlichen Lager durch und wurde, auch dank Stimmen der KPD-Anhänger, erstmals Bürgermeister von Mörfelden.
„Trotz der Wirtschaftskrise sind die kommunalpolitischen Erfolge Klinglers beachtlich“, berichtete Vorndran. Wasserleitungen wurden verlegt, Wasserwerk und Wasserturm gebaut, Waldfriedhof sowie Waldschwimmbad entstanden, und auch in der Verwaltung sorgte Klingler für Verbesserungen, sagte Vorndran.
Nach der Kommunalwahl 1929 sei es aber deutlich schwieriger für Klingler geworden, da im Gemeinderat keine stabile Mehrheit mehr herrschte. Bald darauf hätten sich die Auseinandersetzungen zwischen SPD und KPD verschärft. Bei der Bürgermeisterwahl 1931 schaffte es Klingler nicht, sich im ersten Wahlgang gegen den KPD-Kandidaten Georg Zwilling durchzusetzen, woraufhin er nicht erneut antrat und es vorzog, als Lehrer zu arbeiten. Zwilling wurde derweil zum ersten kommunistischen Bürgermeister Hessens gewählt.
 Im März 1933 wehte dann die Hakenkreuzfahne über dem Rathaus, und der Nazi-Terror begann. Peter Klingler wurde erst beurlaubt und kurz darauf entlassen. Bis 1945 war er ohne Arbeit, bevor ihn amerikanische Offiziere nach Kriegsende kommissarisch als Bürgermeister einsetzten. Ein Jahr darauf wählten ihn die Mörfelder erneut ins Amt.
Die 1500 Kriegsflüchtlinge mit Wohnungen zu versorgen sei eine „gewaltige Integrationsleistung gewesen“, wie es Vorndran ausdrückte, und auch die Infrastruktur musste an die wachsende Bevölkerungszahl angepasst werden. „Wobei der letzte größere Bau in der Ära Klingler dem früheren Pädagogen ein Herzensanliegen war“. Er ließ die Steinwegschule bauen, die nach Bürgermeister Klinglers plötzlichem Tod 1956 seinen Namen erhielt.
Etwa ein Jahr vor seinem Tod war seinem Antrag auf Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts stattgegeben worden. Seine Entschädigung betrug 840 Mark. (seb)

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