Golf, Mercedes oder Beckenbauer?

Aufwandsentschädigung für Seinsche löst heiße Debatte im Stadtparlament aus

Mörfelden-Walldorf. Wie hoch darf eine Entschädigung für ehrenamtliche Arbeit ausfallen? Darüber stritt das Stadtparlament am Beispiel des Dezernenten Steffen Seinsche.

Der FDP-Stadtrat übernahm im Sommer die Leitung des Bürger- und Ordnungsamts und bekommt dafür monatlich pauschal 750 Euro. Einen entsprechenden Beschluss fasste das Parlament mit den Stimmen der Koalition aus SPD, Freien Wählern und FDP. Gegen die Änderung der Entschädigungssatzung votierten CDU, DKP/Linke Liste und Grüne. 
„Ehrenamt ist Ehrenamt“, meinte Jan Körner. Für den CDU-Faktionsvorsitzenden war klar, dass man die Amtsleitung auch mit ehrenamtlicher Arbeit in den Vereinen vergleichen könne. Die 750 Euro seien daher zu hoch gegriffen, zumal durch Sitzungsgelder daraus schnell 1000 Euro pro Monat würden. 
„Die Koalition bestellt den Mercedes“, meinte Körner weiter. Angesichts von Gebührenerhöhungen und Kürzungen der Vereinszuschüsse in jüngster Vergangenheit stünde es der Stadt aber gut an, nicht ganz so dick aufzutragen. „300 bis 400 Euro hätten es auch getan“, befand der Fraktionschef der Union. 
Bei der Summe habe man sich an vergleichbaren Kommunen orientiert, erwiderte Bürgermeister Heinz-Peter Becker (SPD). Die 750 Euro seien außerdem ein Bruttobetrag, der zu versteuern ist. „Es ist eher ein Golf statt eines Mercedes.“ Und der sei durchaus angemessen, betonte das Stadtoberhaupt.
Es gehe nicht um eine Neiddebatte, sagte Gerd Schulmeyer. Der Fraktionsvorsitzende von DKP/LL verstand den Pauschalbetrag als politischen Preis, der für die neue Koalition zu zahlen sei. Sein Fraktionskollege Dietmar Treber warf der Stadt vor, Geld auszugeben, das sie gar nicht habe. Das sei ein Schlag ins Gesicht der Vereine. Steffen Seinsche werde durch den Parlamentsbeschluss zum „Beckenbauer im Kleinen“. Erst vor Kurzem wurde bekannt, dass Franz Beckenbauer 2006, nicht wie ursprünglich behauptet, ehrenamtlich als Präsident des WM-Organisationskomitees arbeitet, sondern 5,5 Millionen Euro erhielt. 
Mit solchen Argumenten fördere man die Politikverdrossenheit noch, betonte Hans Joachim Vorndran (SPD). Die Ausführungen von Dietmar Treber würden der Sache schlicht nicht gerecht. „Hier wird kein Frühstücksdirektor bestellt, sondern ein Dezernent.“ Die Qualifikation von Steffen Seinsche werde dabei von allen anerkannt, und die Entschädigung sei vertretbar wie angemessen. 
„Es geht nur um Ideologien und gekränkte Eitelkeiten“, meinte Frederic Krahn von den Freien Wählern gegen Ende der Debatte. Eine ehrenamtliche Amtsleitung könne nicht mit Vereinsarbeit verglichen werden. Denn als Dezernent habe Steffen Seinsche Verantwortung und Einfluss auf alle Bürger der Stadt. Außerdem helfe Seinsche noch den Haushalt zu entlasten. Dank dessen Ausbildung als Volljurist müsse nicht mehr jedes Gutachten bei anderen Juristen anfordert werden. Abschließend stellte Krahn eine Rechnung an. Umgelegt auf alle Bürger, koste die neue Amtsleitung zwei Cent pro Einwohner. „Und Sie machen hier ein riesen Fass auf.“ (seb)

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