„Es gibt keine Mokepoms“

Theatergruppe Pibs setzt die Bremer Stadtmusikanten in Szene

DISKUSSION BEIM BIERCHEN: Die Stadtmusikanten (von links) Alexander Daus, Olympia Kaiser, Jonas Rossmann und Anne Martin. (Foto: Friedrich)

Mörfelden-Walldorf. Die Geschichte kennt fast jedes Kind. Und trotz ihres Alters sind die Bremer Stadtmusikanten heute mindestens ebenso populär wie anno 1819, als die Brüder Grimm ihr Volksmärchen publizierten.  Doch so wie am Wochenende hat die vier tierischen Helden kaum einer erlebt. Im evangelischen Gemeindezentrum in Walldorf veranstalteten Esel, Hund, Katze und Hahn ein solches Theater, dass sie einer ganzen Räuberbande das Fürchten lehrten.

Das Ensemble „Pibs“ setzte den bekannten Märchenstoff mit Virtuosität, Raffinesse, pfiffigen Kostümen und charmanten Darstellern als Musical in Szene. Fünf Mal in drei Tagen wurde die Geschichte der vier tierischen Helden vor begeistertem Publikum gezeigt – in einer überarbeiteten, modernisierten Version, die Spaß für die Familie und mehrere Schulklassen garantierte.
Premiere hatte das Märchenmusical frei nach Grimm bereits im vergangenen Sommer anlässlich der Mörfelder Kulturtage. Doch weil neben Christine Kirchner und Beate Kuschmierz alle Darsteller an Drehbuch und Regie mitwirken, hat sich das Stück seither weiterentwickelt. 
„Vieles entsteht während der Proben“, erzählte Räuberbraut Christine Kirchner. Wichtig: Beim Ensemble Pibs stehen Kinder und Erwachsene auf der Bühne. So mancher Knirps wurde im evangelischen Kindergarten in Walldorf gecastet, den Kirchner mit ebensolcher Leidenschaft leitet, wie sie Theater spielt. Auch diesmal waren zwei Kita-Zwerge dabei, und sechs „Ehemalige“ glänzten in weiteren kleineren Rollen. 
„Unser Hahn (Jonas Rossmann) hat schon mit vier Jahren Theater gespielt“, so die Regisseurin – dem Jungtalent wurde die Rolle des exzentrischen Gockels auf den Leib geschneidert. Das Drehbuch stammt aus der Pfote, Pardon Feder, von Katzendarstellerin Olympia Kaiser. Der abgeklärte Esel (Alexander Daus) und der gemütliche Hund (Anne Martin) machten das tierische Quartett perfekt, das, dem ursprünglichen Märchenstoff Tribut zollend, zu guter Letzt die Räuberbude eroberte, um sich hier aufs Altenteil zu setzen.
Wer die lokale Theaterszene liebt, freute sich über ein Wiedersehen mit bekannten Stars hiesiger Laienspielensembles. Räuberhauptmann Robert Garcia Nagel war diesmal als fluchender, grollender, furzender Räuberhauptmann zu erleben, bei dem auch das Publikum nicht ungeschoren davonkam: „Was’n des hier für ’ne Bagage?“. 
David Mathes als „Prinz Charming“ stahl lieber Frauenherzen als Schmuck und Bares, und die drei Räuberbräute Nina Mathes, Kirchner und Kuschmierz sorgten mit ganz undamenhaftem Charme für jede Menge Lacher. Keine Frage, mit den Stadtmusikanten war der Talentschmiede Pibs wieder etwas kreativ-heiteres entschlüpft, das Oma und Opa ebenso wie der Enkel auf dem Schoß genossen.
Pibs hauchte dem klassischen Märchen „Die Bremer Stadtmusikanten“ der Brüder Grimm neues Leben ein und arbeitete sogar eine kleine Kritik am Zeitgeist ein. Das Anprangern der kompromisslosen „Handygeneration“ des 21. Jahrhunderts wurde als Running-Gag ins Stück eingebaut. Nach dem Beutezug der Räuberbande wurde ein geraubtes Smartphone als unnütz beiseite gelegt. Und als via Smartphone die virtuelle Pokémon-Suche ins Spiel kam, gab der überforderte Hauptmann die Parole aus: „Es gibt keine Mokepoms!“ (ula)

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