Gesangsverein Sängerlust Walldorf ist Geschichte

Auflösung des Männerchors ist besiegelt / Rückblick auf eine Chor

Jubilare vor zwei Jahrzehnten: Bei seiner 125-Jahr-Feier im Jahr 2002 hatte der Männerchor Sängerlust einen seiner vielen großen Auftritte. (Repro: Koch)

Mörfelden-Walldorf (ako). Auch Vereine mit großer Geschichte und Tradition haben keine Ewigkeitsgarantie. Das zeigt sich gerade beim Männergesangverein „Sängerlust“ Walldorf 1877, dem bislang ältesten Walldorfer Verein. Dieser hatte vor einem Jahr nach einer stolzen Geschichte von fast anderthalb Jahrhunderten seine Auflösung beschlossen (wir haben berichtet). Das verbliebene Vereinsvermögen geht nun an das Deutsche Rote Kreuz Walldorf über.

Nach deutschem Vereinsrecht wird eine Vereinsauflösung erst ein Jahr nach dem Beschluss wirksam. Hintergrund hierfür ist, dass theoretisch noch Rechtsansprüche geltend gemacht werden können. Das mit Ablauf dieser Frist nun auch juristisch vollzogene Ende des Vereins nimmt der letzte stellvertretende Vorsitzende Wilhelm Jourdan nun zum Anlass, noch einmal auf die stolze Geschichte des Männerchors zurückzublicken.
„Was bleibt, ist die Erinnerung an eine schöne Zeit“, sagt Jourdan. Die Zusammenarbeit im Vorstand, insbesondere mit dem langjährigen Vorsitzenden, Helmut Mauer, sei immer gut gewesen. Besondere Freude habe natürlich das Singen im Chor bereitet. Jourdan, der die letzten 15 Jahre im Männerchor gesungen hat, kann sich an viele schöne Erlebnisse und Auftritte mit seinen Gesangskollegen und dem langjährigen Chorleiter Friederich Haller erinnern. „2019 beim Bürgerfest hatten wir gemeinsam mit dem Chor der SKV Mörfelden unseren letzten großen Auftritt“, blickt Jourdan zurück. Auch die Gemeinschaftskonzerte auf dem Kirchplatz und vor dem Museum in Walldorf sind ihm in ausgesprochen guter Erinnerung. Der Zuspruch des Publikums sei stets groß gewesen.

Durchschnittsalter kontinuierlich gestiegen, der Nachwuchs ist ausgeblieben

Doch bei aller Leidenschaft sei die Vereinsauflösung in der Sache richtig. „Es war eine Entscheidung der Vernunft“, so Jourdan. Die Anzahl der Sänger sei immer weiter zurückgegangen, das Durchschnittsalter kontinuierlich gestiegen, der Nachwuchs ausgeblieben – eine langfristige Entwicklung über Jahrzehnte, mit steigender Tendenz. 1977, bei seiner 100-Jahr-Feier, hatte der Verein noch 110 Sänger aufbieten können – das lag nur knapp unter dem Vereinsrekord von 1927 (120 Sänger). „1977 kamen 75 Vereine zum großen Gratulationskonzert nach Walldorf.“ Das 100-jährige Bestehen des Vereins war auch mit einer besonderen Auszeichnung verbunden: Mit großem Stolz nahmen die Verantwortlichen die vom Bundespräsidenten verliehene „Zelter-Plakette“ in Empfang.
Im Verlauf seiner langen Geschichte hat der Männerchor auch bei zahlreichen Gesangswettbewerben große Erfolge erzielt. Anfang dieses Jahrhunderts schließlich fand die letzte große Jubiläumsfeier des Vereins statt: Vor 350 Gästen wurde 2002 der 125. Geburtstag des Chors in der SKG-Halle gefeiert. Das Publikum erfreute sich an den musikalischen Beiträgen der vielen geladenen Gastchöre – und natürlich der Gastgeber. 
Als er vor 15 Jahren mit dem Singen im Männerchor angefangen habe, erzählt Jourdan, da gab es immerhin noch 25 Sänger, die alle Gesangsstimmlagen abdeckten. Zuletzt waren es nur noch 16, und es konnten nicht mehr alle Gesangsstimmlagen besetzt werden. Auch im Hinblick auf das hohe Durchschnittsalter sei es vernünftig gewesen, eine geregelte Vereinsauflösung zu vollziehen. Diese sei sicherlich auch durch die Corona-Pandemie noch beschleunigt worden. Doch freut sich Jourdan darüber, dass alle Sänger und Chorleiter und der Verein insgesamt eine tolle Zeit hatten und auf eine stolze Geschichte mit vielen Höhepunkten zurückblicken können. 

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