Für beide Seiten besonders

Seit zwölf Jahren Austausch zwischen der Bertha und Liaocheng

DAS GEHT AUCH OHNE SPRACHE: Die chinesischen Austauschschüler nahmen an einem gemeinsamen Kunstprojekt teil. Mit verlängerten Stiften wurden im Unterricht Portraits gezeichnet. (Foto: Schwappacher)

Mörfelden-Walldorf (seb). In China sind die Dimensionen mitunter deutlich größer als in Deutschland. 

Ist die Bertha-von-Suttner-Schule mit knapp 2000 Kindern und Jugendlichen eine der größten Bildungsreinrichtungen in der Umgebung, so hat die chinesische Partnerschule in Liaocheng etwa zehnmal so viele Schüler. Mittlerweile läuft das Austauschprogramm im zwölften Jahr und aktuell war eine Gruppe mit Jugendlichen zu Gast in Mörfelden-Walldorf. Auch abseits der Schülerzahlen zeigten sich dabei Unterschiede.
„Dort sind 60 bis 80 Schüler in einer Klasse“, berichtete Schulleiterin Ute Zeller, der Unterricht laufe bis in die Abendstunden. Zusätzlich müssten noch Hausaufgaben erledigt werden, weshalb es durchaus vorkomme, dass Schüler bis 23 Uhr am Schreibtisch säßen. Kämen Austauschschüler von einer Chinareise zurück nach Mörfelden-Walldorf, blickten sie daher ganz anders auf den deutschen Schulalltag, erzählte Zeller.
Während in China Inhalte und Fachwissen eine größere Rolle spielten, schaue man an der Bertha-von-Suttner-Schule viel stärker auf die individuelle Entwicklung, ergänzte der stellvertretende Schulleiter Hui Yu. Auch deshalb sei der Austausch so wichtig und lehrreich, da man viel Neues erfahre und mitnehmen können. 
Wer sich für den Austausch entscheidet, muss kein Chinesisch sprechen, ergänzte Oliver Rinkenbach. Der Lehrer koordiniert den Kontakt mit der Partnerschule und sieht den Schwerpunkt im interkulturellen Bereich. „Wir möchten die Schüler neugierig auf China machen“. 
Die Verständigung laufe ausschließlich auf Englisch. Neben dem Aufenthalt im sechs Millionen Einwohner zählenden Liaocheng gehörten zuletzt mehrtägige Besuche in Peking und Shanghai zum Programm. Die nächste Reise ist für Frühjahr 2019 geplant.
Für die mitfahrenden Schüler ist es oftmals der erste intensive Kontakt mit der chinesischen Kultur, berichtete Sinologin und Lehrerin Julia Berindei. Denn wer sich in der Oberstufe für den Orientierungskurs anmelde oder eine der freiwilligen AGs besuche, wisse oftmals kaum etwas über das Land. 
Viele seien fasziniert von den Schriftzeichen und dem Essen mit Stäbchen, hätten darüber hinaus aber kein genaues Bild von China. Gerade das Unbekannte reize aber viele Jugendlichen und sorge dafür, dass sie sich näher mit der Kultur und dem Leben in China beschäftigen möchten, fuhr Berindei fort. Denn auch wenn die Bertha-von-Suttner-Schule sehr bunt ist und in den Klassen Kinder und Jugendliche mit Wurzeln in vielen Ländern sitzen, ist China doch noch immer etwas Besonderes. 
Umgekehrt gilt dies wohl auch. So wusste Oliver Rinkenbach zu berichten, wie die Austauschschüler aus Mörfelden-Walldorf in Liaocheng fast wie Popstars empfangen wurden. Hunderte Schüler hätten sie belagert und wollten Fotos mit ihnen machen. Denn Gäste aus Deutschland sind an ihrer Schule etwas außergewöhnliches, so der Koordinator. 
Die Schulpartnerschaft sei daher eine gute Gelegenheit, sich kennenzulernen, Vorurteile abzubauen und die Völkerverständigung voranzubringen, betonte Ute Zeller. 

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