„Eine enorme Herausforderung“

Stadt will neue Sozialwohnungen schaffen und muss mehr Asylbewerber unterbringen

AUF DEM GELÄNDE des ehemaligen Mörfelder Bauhofs sollen nach dem Willen des Magistrats Sozialwohnungen entstehen. Insgesamt sind im Gärtnerweg 18 Wohnungen geplant. (Foto: Schwappacher)

Mörfelden-Walldorf. Der Wohnungsmarkt ist angespannt, und aufgrund des Fluglärms dürfen in Mörfelden-Walldorf keine neuen Baugebiete mehr ausgewiesen werden. Das macht sich auch bei den Sozialwohnungen bemerkbar, wo die Nachfrage das Angebot bei weitem übersteigt. Die wachsende Zahl der Flüchtlinge macht die Situation nicht einfacher. Der Magistrat hat daher eine umfangreiche Vorlage verabschiedet, die vorsieht, zusätzliche Unterkünfte für knapp 160 Flüchtlinge sowie rund 40 Sozialwohnungen zu schaffen.

Bauprojekte brauchen ihre Zeit, es kommen aber immer neue Flüchtlinge nach Mörfelden-Walldorf. In diesem Jahr wird mit 143 Asylbewerbern gerechnet. Um schnell reagieren zu können, möchte der Magistrat daher Unterkünfte in Systembauweise errichten. Die Vorlage nennt vier Standorte für die Wohncontainer.
Demnach sollen am Mörfelder Bahnhof auf einem unbebauten Areal neben den Parkplätzen Unterkünfte für bis zu 48 Menschen entstehen. Am Hegbach plant die Stadt, 24 Asylbewerber unterzubringen. Auf dem Gelände der Altenwohnanlage in der Heidelberger Straße ist vorgesehen, etwa 40 Flüchtlingen ein vorübergehendes Zuhause zu bieten. Ein weiterer Standort befindet sich auf einem freien Grundstück im Nordring, wo zwischen 24 und 28 Menschen in Wohncontainern leben sollen.
Auf fünf Jahre gerechnet führt eine erste Kalkulation Miet- und Aufbaukosten von 2,27 Millionen Euro für die Container an. Allerdings betonte Bürgermeister Heinz-Peter Becker (SPD), dass es sich bei den Zahlen nur um eine erste Schätzung handelt. Da der Kreis für die Unterbringung aufkommt, soll das Projekt über langfristige Mietverträge kostendeckend abgewickelt werden. Aufgestellt werden sollen die Container nach Bedarf, so Becker weiter. Dies sei kurzfristig und ohne längere Vorbereitungen möglich. Wann es soweit sein wird, hängt vor allem von den Flüchtlingszahlen ab. Becker rechnet derzeit nicht damit, dass in der ersten Jahreshälfte zusätzliche Unterkünfte benötigt werden.
Neben dem Aufstellen der Wohncontainer plant der Magistrat, ein städtisches Haus in der Weserstraße so umzubauen und zu sanieren, dass dort kurzfristig Unterkünfte für bis zu 16 Asylbewerber entstehen und langfristig Sozialwohnungen daraus werden können. Im Haushalt sollen 200 000 Euro für die Arbeiten eingestellt werden. Auch hier ist geplant, dass langfristige Mietverträge mit dem Kreis die städtischen Investitionen auffangen.
Um weitere Unterkünfte für Flüchtlinge einrichten zu können, prüft die Verwaltung außerdem, welche Gewerbeimmobilien leer stehen und umgebaut werden können.
Für den sozialen Wohnungsbau sieht die Magistratsvorlage nach der ersten Kostenschätzung 6,32 Millionen Euro vor. Für diese Summe möchte der Magistrat 39 Wohneinheiten für 170 Menschen realisieren. „Wir stehen vor einer enormen Herausforderung“, stellte Bürgermeister Becker fest.
Das größte Projekt ist auf dem Gelände des ehemaligen Mörfelder Bauhofs im Gärtnerweg vorgesehen. Für bis zu 78 Bewohner sollen hier Sozialwohnungen gebaut werden. Weitere Bauvorhaben sind auf einem Parkplatz in der Soonwaldstraße sowie auf dem bereits genannten Grundstück im Nordring und am Altenwohnheim in der Heidelberger Straße geplant, wenn dort keine Container mehr stehen. Frühestens geht es damit aber erst in zwei Jahren los, erklärte Bürgermeister Becker auf Nachfrage. So lange dauern die Planungen und Vorbereitungen, wenn nichts dazwischen kommt. Mit einem Baubeginn ist demnach nicht vor 2017 zu rechnen.
Mit den Vorhaben reagiert der Magistrat auf die angespannte Situation der letzten Jahre. Zuletzt gingen 300 Anträge auf eine Sozialwohnung bei der Stadt ein, erklärte Bürgermeister Becker. In einem Jahr könnten durchschnittlich aber nur zwischen 40 und 50 Wohnungen neu vergeben werden.
Auf absehbare Zeit wird sich die Situation nicht entspannen, eher im Gegenteil. Wenn Flüchtlinge als Asylbewerber anerkannt sind, haben sie nicht nur einen Anspruch auf Deutschkurse und können sich eine Arbeit suchen, sie haben auch das Recht auf eine Sozialwohnung, führte Becker aus. „Es wird aber niemand bevorzugt, es gilt das normale Verfahren“. Becker möchte die Vergabe möglichst so organisieren, dass modernere und seniorengerechte Wohnungen für ältere Menschen vorgesehen werden.
„Am liebsten würden wir selber bauen“, kam Becker auf die Umsetzung des sozialen Wohnungsbaus zu sprechen. Angesichts des niedrigen Zinsniveaus biete sich dieser Schritt an. Beim Bau durch einen Investor fielen Wohnungen nach 20 Jahren aus dem sozialen Wohnungsbau heraus und würden dann auf dem freien Markt vermietet, erläuterte Becker. Ist die Stadt der Bauherr, hat sie die Mietpreisgestaltung in der Hand.
Wie der soziale Wohnungsbau letztlich aber finanziert werden kann, ist noch offen. In der Vorlage heißt es, die Verwaltung soll Gespräche mit Investoren sowie der Baugenossenschaft Ried führen und mögliche Rahmenbedingungen abklären. Weiter ist die Verwaltung beauftragt, die Gründung einer gemeinnützigen städtischen Wohnungsbaugesellschaft zu prüfen.
Eine detaillierte Finanzplanung für Sozialwohnungen und Flüchtlingsunterkünfte wird dem Stadtparlament nach einer gründlichen Prüfung vorgelegt, ist in der Vorlage zu lesen. Ein Wörtchen mitreden dürften dabei auch die Aufsichtsbehörden. Unter dem Kommunalen Schutzschirm wird sich das Regierungspräsidium gewiss für das Finanzierungsmodell des millionenschweren Projekts interessieren. (seb)

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