Bücherei Mörfelden: Initiative übergibt 908 Unterschriften für Erhalt der Erwachsenenliteratur

Bürgermeister Winkler nimmt die Liste am Montag entgegen / Koalition fordert vom Rathauschef einen Sachstandsbericht und zukunftsfähigen Beschlussvorschlag vorzulegen

Übergeben Bürgermeister Thomas Winkler die Unterschriftenliste für den Erhalt der Erwachsenenliteratur in der Stadtbücherei Mörfelden (von links): Sabine Beimes, Hildegard Koch und Ines Hauf. Foto: Koch

Mörfelden-Walldorf – Wer in den vergangenen zwei Monaten die Stadtbücherei in Mörfelden im Kulturhaus besuchte, dürfte häufiger Hildegard Koch getroffen haben. Die engagierte Frau ist eine kontinuierliche Nutzerin der Bücherei seit deren Eröffnung 1968. „Die Stadtbücherei liegt mir sehr am Herzen“, betont die Mörfelderin. 

 

Unterstützung von Ines Hauf und der Generationenhilfe

Doch die eifrige Leserin war nach eigener Aussage „entsetzt“ und „wütend“ über einen Magistratsbeschluss zur Bücherei, von dem sie im Sommer erfuhr. So soll die Erwachsenenliteratur von Mörfelden nach Walldorf verlegt und mit dem dortigen Angebot zusammengelegt werden. Derzeit wird in beiden Stadtbüchereien Erwachsenenliteratur angeboten, das wäre dann nur noch in Walldorf der Fall.
Koch kämpft entschlossen für den Erhalt der Erwachsenenliteratur in Mörfelden. Vor zwei Monaten initiierte sie eine Unterschriftensammlung, die auf viel Zuspruch stieß. Dabei lernte sie Ines Hauf kennen, die ebenfalls gerne die Stadtbücherei Mörfelden nutzt. „Ich war von ihrem Engagement sehr beeindruckt und wollte sie gerne unterstützen“, sagt Hauf. Sie teilt das Anliegen zu 100 Prozent. „Ich habe schon als Kind gerne die Stadtbücherei besucht.“

Hinzu kommt, dass Koch in ihrer Mobilität eingeschränkt ist und einen Rollator benötigt. Bei allem Engagement und Herzblut für die Stadtbücherei konnte sie dennoch weitere Unterstützung für die Unterschriftensammlung gut gebrauchen, Ines Hauf wurde eine große Stütze. Die Sammlung nahm durch den Verein Generationenhilfe zusätzlich Fahrt auf. „Viele Mitglieder sind über den Magistratsbeschluss entsetzt und haben den Vorstand gebeten, sich im Rahmen seiner Möglichkeiten für den Erhalt der Erwachsenenliteratur in Mörfelden einzusetzen“, sagt Sabine Beimes aus dem Vorstand der Generationenhilfe. Hierzu befragt sagte sie, dass gerade für ältere und gehbehinderte Menschen ein naher Bücherei-Standort wichtig sei. Viele hätten gar nicht die Möglichkeit, nach Walldorf zu fahren oder dies sei für sie sehr beschwerlich, wenn sie nach Büchern stöbern wollten. Zudem sei nicht jeder computeraffin. Durch die Unterstützung der Generationenhilfe wurden noch mehr Menschen erreicht. In 60 Tagen wurden 908 Unterschriften für den Erhalt der Erwachsenenliteratur in Mörfelden gesammelt – für den recht kurzen Zeitraum eine beachtliche Zahl.

Am Montag fand die Unterschriftensammlung schließlich ihren Abschluss. Hildegard Koch, Ines Hauf und Sabine Beimes übergaben im Rathaus Mörfelden die 908 Unterschriften an Bürgermeister Thomas Winkler. Zudem trugen sie dem Rathauschef ihre Argumente vor, wobei sie hierbei auf offene Türen stießen. Thomas Winkler zeigte sich vom Engagement der Damen und der Anzahl der Unterschriften sehr beeindruckt. „Die Bürger sind oft ein Korrektiv für politisch falsche Entscheidungen“, so der Bürgermeister. Als aus seiner Sicht positive Beispiele nannte er Unterschriftensammlungen gegen die Straßenbeiträge oder für den Erhalt von zwei Feuerwehrstandorten. Nach langem Atem hätten die damals beteiligten Bürger ihre Ziele erreicht. Diesbezüglich machte Winkler auch den drei Frauen für ihr Anliegen Mut. Auch inhaltlich stellte sich der Bürgermeister dahinter. „Ich bin dafür, dass das jetzige Büchereiangebot in beiden Stadtteilen erhalten bleibt.“ Die Zusammenlegung der Erwachsenenliteratur in der Stadtbücherei Walldorf werde von der Koalition aus SPD, Freien Wählern und FDP befürwortet, er lehne dies ab: „Ich bin für kurze Wege.“

Stadtbücherei auch Thema in der Stadtverordnetensitzung

Ines Hauf hob bei der Übergabe hervor, dass auch in Walldorf viele Menschen unterschrieben hätten, nicht nur in Mörfelden. Es sei ein stadtteilübergreifendes Thema. „Ein gutes Bildungsangebot ist enorm wichtig. Es müsste eigentlich ausgebaut und nicht reduziert werden.“ Büchereien seien „Tankstellen des Geistes“ und die Stadtbücherei in Mörfelden sei zudem ein Ort des Zusammentreffens und der Kommunikation, der mit seinem bisherigen Angebot erhalten bleiben müsse. Hildegard Koch freut sich über den Zuspruch von Menschen, die nicht selbst von Gehbehinderungen betroffen sind, aber das Anliegen teilen. „Das Kulturhaus in Mörfelden ist gerade erst 2020 barrierefrei geworden.“ Daher wäre es ihrer Meinung nach widersinnig, dort nun das Angebot zu reduzieren.
In der Stadtverordnetensitzung am Mittwoch und Donnerstag steht das Thema Stadtbücherei auf der Tagesordnung. Ein Antrag der Koalition von SPD, FW und FDP fordert die Grünen dazu auf, auf Bürgermeister Winkler einzuwirken und einen aktuellen Sachstandsbericht sowie einen darauf aufbauenden und zielgerichteten Vorschlag zusammenzustellen und zum Beschluss vorzulegen, wie es mit den beiden Bücherei-Standorten weitergeht. Bereits im Sozial-, Kultur-, Integrations- und Vereinsausschusses vergangene Woche warf die Koalition dem Rathauschef vor, er habe im Herbst 2019 „eigenmächtig“ beschlossen, dass zwei frei werdende Stellen bei den Stadtbüchereien nicht mehr wiederbesetzt werden sollen. Winkler bestreitet dies.

Von Alexander Koch

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